So waren es die Giganten Nikolaus Harnoncourt, Jean-Pierre Ponnelle, James Levine, Leonard Bernstein und Wolfgang Sawallisch, die in meinen Anfangsjahren gleichsam das Fundament meiner späteren Entwicklung legten. Sie zeigten mir, was möglich sein kann, wenn man hart arbeitet. Die unterschiedliche Art, in der sie die Sprache Musik hörten und dachten, hat mich ohne Zweifel umfassend und bis heute als Künstler geprägt. Es klingt so fürchterlich idealistisch, aber sie lehrten mich, dass die Musik dein Lebenselixier sein muss und dass es am Ende immer um die Magie der Erfahrung geht. Um sonst nichts.
Mit Nikolaus Harnoncourt, 1986
© Privatarchiv Thomas Hampson
Aber die zweite Hälfte der 1980er-Jahre markierte nicht nur beruflich, sondern auch persönlich einen Wendepunkt in meinem Leben. Ich hatte ja schon recht früh, mit gerade einmal 20 Jahren, meine erste Frau Lisa geheiratet. Fünf Jahre später ist unsere Tochter Meghan zur Welt gekommen. Aber irgendwie hatten wir uns in Europa auseinandergelebt. Und Lisa kehrte schließlich mit Meghan wieder in die USA zurück. Es war eine schwierige Zeit. Trennungen sind niemals einfach, und der Gedanke, dass meine Tochter auf einem anderen Kontinent leben würde, brach mir fast das Herz.
Allerdings lernte ich in dieser Zeit jenen Menschen kennen, ohne den mein Leben seit vielen Jahren für mich undenkbar wäre: meine jetzige Frau, Andrea Herberstein. Sie war damals die Leiterin der Styriarte, eines alljährlich im Sommer stattfindenden Festivals für klassische und Alte Musik in Graz und der Steiermark, und hatte mich auf Wunsch von Nikolaus Harnoncourt engagiert.
Mit Andrea, 2001
© Privatarchiv Thomas Hampson:
Er hatte darauf bestanden, dass ich bei einer szenischen Aufführung von Purcells Dido und Aeneas dabei sein sollte. Ich glaube, Andrea war zu Beginn weniger begeistert von der Idee, denn ich hatte einen vollen Terminkalender und ständig Schwierigkeiten mit den Probeterminen. Und dann kam ich wegen einer Flugverschiebung auch noch zu spät zur ersten Probe. Es herrschte also eine ziemlich angespannte Atmosphäre, als der junge Hampson endlich eintraf. Regisseur Nikolaus Lehnhoff war schon kurz davor abzureisen und die neue Festivalleiterin Andrea Herberstein kurz davor, die Nerven wegzuwerfen. Heute können wir darüber lachen, aber damals war das wirklich unangenehm. Ich bin dann wieder nach Zürich zurück, hatte dort meine Vorstellung, und anschließend bin ich erneut zur Probe nach Österreich geflogen und dachte mir: Ich muss irgendetwas Nettes tun, am besten lade ich Andrea Herberstein zum Mittagessen ein. Sie war nicht richtig glücklich bei der Vorstellung, mit mir essen zu gehen, sagte aber zu. Was ein harmloses Treffen werden sollte, endete nach einigen Stunden in einer Diskussion über den Sinn des Lebens und der gegenseitigen Offenbarung, dass wir beide in unseren jeweiligen Ehen unglücklich waren.
Bei den Aufnahmen von Il barbiere di Siviglia in Florenz, 1992
© EMI Classics
Seit Ende der 1980er-Jahre leben Andrea und ich in einer festen Lebensgemeinschaft. Wir fanden in Wien ein Haus, in das wir zusammen mit ihren drei Kindern aus erster Ehe – Catherine, Maximilian und Felicitas – zogen. Meghan kam sogar im Sommer 1988 zu meinem Salzburg-Debüt. Sie ist damals mit ihren sieben Jahren ganz allein von Seattle nach Frankfurt geflogen. Ich habe sie dort abgeholt, und sie verbrachte einen Monat mit uns. So haben wir das später ganz oft gemacht. Andreas älteste Tochter war knapp elf, als ich in die Familie kam, und wenn man Kinder durch ihre Pubertät begleitet, dann werden sie schon allein dadurch die eigenen. Wir haben also zusammen vier Kinder, Andrea und ich. Auch wenn wir nur selten alle gemeinsam an einem Ort waren und die »Kinder« heute natürlich längst ihre eigenen Partner, zwei- oder vierbeinigen Kinder und erfolgreichen Karrieren haben, stehen wir uns innerhalb der Familie sehr nahe. Meine Kinder sind zweifelsohne meine besten Freunde und gemeinsam mit meiner Frau letzten Endes das Segel meines Lebensbootes geblieben. Die Energie dieser Familie, die ich schon in den frühen Jahren entdecken konnte, ist damals wie heute der wichtigste Orientierungspunkt in meinem Leben.
Aber nun wollen wir wieder zum Beruflichen zurückkehren …
Familienfoto mit Max, Andrea, Meghan, Felicitas und Catherine, New York, 2009
© Dario Acosta
Mit Lenny, 2006
© Johannes Ifkovits
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