BOTE AUS ROM
Der bösen Zeitung Gift macht krank den Boten.
ANTONIUS
Wenn er sie Narren und Feigen meldet: weiter!
Mir ist Geschehnes abgetan. Vernimm,
Wer mir die Wahrheit sagt und spräch’ er Tod,
Ich hört’ ihn an, als schmeichelt’ er. […]
Sprich dreist, verfeinre nicht des Volkes Zunge
[…]. Nur Unkraut tragen wir,
Wenn uns kein Wind durchschüttelt; und uns schelten,
Heißt nur rein jäten.
(I, 2)
Als Antonius schließlich erfährt, dass seine Ehefrau Fulvia tot ist und dass sie in seinem Namen Krieg geführt hat, entscheidet er sich, Kleopatra schweren Herzens zu verlassen – wenn auch nur vorübergehend. Sobald er von Fulvias Tod erfährt, stellt Antonius fest, dass ihre Abwesenheit sie wieder attraktiv macht.
ANTONIUS
Was wir verachtend oft hinweggeschleudert,
Das wünschen wir zurück: erfüllte Freude
Durch Zeitumschwung ermattet, wandelt sich
Ins eig’ne Gegenteil: gut ist sie nun, weil tot;
Nun reicht’ ich gern die Hand, die ihr gedroht.
Fliehn muß ich diese Zauberkönigin:
Zehntausend Wehn, und schlimmre, als ich weiß,
Brütet mein Müßiggang.
(I, 2)
Kleopatra macht Antonius den Abschied so schwer wie möglich.
KLEOPATRA
Sieh wo er ist, wer mit ihm, was er tut,
(Ich schickte dich nicht ab:) Findst du ihn traurig,
Sag ihm, ich tanze: ist er munter, meld ihm,
Ich wurde plötzlich krank. Schnell bring mir Antwort.
CHARMION
Fürstin, mir scheint, wenn ihr ihn wirklich liebt,
Ihr wählt die rechte Art nicht, ihn zur Liebe
Zu zwingen.
KLEOPATRA
Und was sollt’ ich tun und lass’ es?
CHARMION
Gebt immer nach, laßt euch von ihm nur führen.
KLEOPATRA
Törichter Rat! Der Weg ihn zu verlieren!
CHARMION
Versuch ihn nicht zu sehr: ich bitt’, erwägt,
Wir hassen bald, was oft uns Furcht erregt.
(I, 3)
KLEOPATRA
Nein, such nur keine Färbung deiner Flucht.
Geh, sag Lebwohl: als du zu bleiben flehtest,
Da galt’s zu sprechen: damals nichts von Gehn!
In unserm Mund und Blick war Ewigkeit,
Wonn’ auf den Brau’n, kein Tropfen Blut so arm,
Der Göttern nicht entquoll: und so ist’s noch,
Oder der größte Feldherr du der Welt,
Wurdest zum größten Lügner. […]
Wenn mich das Alter auch nicht schützt vor Torheit,
Doch wohl von Kinderei. […] Nicht Fulvias Tod beweinen,
Zeigt mir, wie leicht du einst erträgst den meinen. […]
O bitte, wende dich und wein um sie,
Dann sag mir Lebewohl, und sprich: die Tränen
Sind für Ägypten: spiel einmal als Meister
Ein Stück Verstellung, Lieber, das mißscheine
Als echte Ehre! […]
Höflicher Herr, ein Wort:
Wir beide müssen scheiden, doch das ist’s nicht,
Wir beide liebten einst, doch das ist’s auch nicht,
Das wißt ihr wohl – was war’s doch, das ich meinte?
O mein Gedächtnis ist ein rechter Antonius,
Und ich bin ganz vergessen!
ANTONIUS
Wär’ nicht Torheit
Die Dien’rin deines Throns, so hielt ich dich
Für Torheit selbst.
KLEOPATRA
O schwere Müh’ des Lebens,
Dem Herzen nahe solche Torheit tragen,
Wie diese ich! Doch, teurer Freund, vergib mir,
Denn Tod bringt mir mein Treiben, wenn es dir
Nicht gut ins Auge fällt. Dich ruft die Ehre,
Hör’ denn auf meinen eitlen Wahnsinn nicht!
Und alle Götter mit dir! […]
ANTONIUS
Es flieht zugleich und weilet unsre Trennung:
Denn du, hier thronend, gehst doch fort mit mir,
Und ich, fortschiffend, bleibe doch mit dir.
(I, 3)
Wo, denkst du, ist er jetzt?
In Antonius’ Abwesenheit malt Kleopatra sich aus, was er wohl gerade tut, und fragt sich, ob Antonius auch an sie denkt:
KLEOPATRA
O liebe Charmion,
Wo, denkst du, ist er jetzt? Sag, steht er? Sitzt er?
Wie, geht er wohl? Sitzt er auf seinem Pferd?
O glücklich Pferd, Antonius’ Last zu tragen!
Sei stolz, mein Pferd! Weißt du wohl, wen du trägst?
Den halben Atlas dieser Erde, Schild
Und Schutz der Welt! Jetzt spricht er, oder murmelt:
Wo weilst du, meine Schlang’ am alten Nil?
Denn also nennt er mich. Jetzt weid’ ich mich
Am allzusüßen Gift! Gedenke mein,
Ob auch von Phöbus Liebesstichen braun,
Und durch die Zeit gerunzelt! Als du hier
Ans Ufer tratst, breitstirn’ger Cäsar, war ich
Wert eines Königs: Held Pompejus stand
Und ließ sein Aug’ auf meinen Brauen wurzeln,
Da warf sein Blick den Anker ein, er starb
Im Anschau’n seines Lebens. […]
Bemerk’ ihn, Charmion, welch ein Mann! O merk ihn!
Er war nicht ernst, denn die wollt’ er beglänzen,
Die von ihm lernen sehn; er war nicht munter:
Dies schien zu sagen, sein Erinnern weile,
Mit seiner Lust hier: sondern zwischen beiden.
O himmlische Vermischung! Ernst und munter,
Das äußerste von beiden steht dir so,
Wie keinem Manne sonst.
(I, 5)
Als Kleopatra von einem Boten erfährt, dass Antonius Octavia geheiratet hat, die Schwester von Octavius Cäsar, ist sie zunächst sehr aufgebracht, tröstet sich aber schnell damit, dass Octavia bestimmt nicht in der Lage ist, Antonius lange zu halten. Derselben Meinung sind auch die Gefolgsleute von Antonius und Octavius. Sie sind überzeugt, dass Antonius’ Sehnsucht nach Kleopatra ihn nach Ägypten zurücktreibt, und dass dann wiederum Octavia unter Antonius’ Abwesenheit so sehr leidet, dass ihr Bruder wütend auf Antonius werden wird.
MENAS
Ich denke, in dieser Angelegenheit tat die Politik mehr für die Heirat, als die Liebe der Vermählten.
ENOBARBUS
Das denk ich auch. Aber ihr sollt sehen, das Band, das ihre Freundschaft zu verknüpfen scheint, erwürgt ihre Verbrüderung. Octavia ist von kaltem, stillen Temperament.
MENAS
Wer wünschte sein Weib nicht so?
ENOBARBUS
Der nicht, der selbst nicht so ist: und das ist Mark Anton. Sein ägyptisches Mahl wird ihn zurückziehen: dann werden Octavias Seufzer Cäsars Feuer anfachen, und wie ich vorhin sagte: was die Befestigung ihres Bundes scheint, wird die unmittelbare Veranlassung ihrer Entzweiung werden. Antonius wird seine Liebe zeigen, wo sie ist; hier hat er nur seinen Vorteil geheiratet.
(II, 6)
Als es schließlich zum Krieg zwischen Antonius und Kleopatra auf der einen und Octavius Cäsar auf der anderen Seite kommt, besteht Kleopatra darauf, mit ihrem Geliebten zusammen ins Feld zu ziehen. Antonius’ Liebe macht ihn fatalerweise taub für den Rat seiner Krieger: Sie empfehlen ihm, Kleopatra nicht an der Schlacht teilhaben zu lassen und auch nicht ihretwegen eine Schlacht auf dem Meer einem Kampf an Land vorzuziehen.
KLEOPATRA
Du widersprachst, daß ich zum Kriege folgte,
Und sagst, es zieme nicht.
ENOBARBUS
Nun ziemt es denn?
KLEOPATRA
Warum, rechtfert’ge dich, warum nicht zög ich
Mit ihm ins Feld?
ENOBARBUS, beiseite
Ei nun, ich könnt’ erwidern,
Wenn wir mit Stut’ und Hengst dem Feind begegnen,
Sei’s um den Hengst geschehn, die Stute trüge
Den Reiter und sein Roß.
KLEOPATRA
Was sagst du da?
ENOBARBUS
Euer Beisein muß durchaus Anton verwirren,
Und ihm an Herz und Hirn und Zeit entwenden,
Was dann höchst unentbehrlich. Zeiht man doch
Ihn schon des Leichtsinns, und erzählt in Rom,
Photinus, der Eunuch, und eure Weiber
Regierten diesen Krieg.
KLEOPATRA
Fluch Rom! Verdorren
Die Zungen dieser Lästrer! Unser ist
Der Krieg, und als der Vorstand meines Reichs
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