In dieser Woche im Jahr 1952 …
… zog der Send wieder zurück.
Warum heißt Münsters größtes Volksfest eigentlich nicht »Kirmes« wie anderswo, sondern Send? Send kommt von Synode und schon im Mittelalter fand anlässlich der zweimal im Jahr stattfindenden Kirchenversammlung auch ein Markt statt. Die Synode tagte im Dom, der Markt breitete sich auf dem Domplatz aus. So ging das hunderte von Jahren. Doch 1855 ging Klerus und Anwohnern der Lärm von Buden, Schaustellern und Karussells auf die Nerven. Der Send wurde aufgeteilt:
Die Viehhändler zogen vors Schloss, der Rest der Volksbelustigung vor die Aegidiikaserne (heute Aegidiimarkt).
1916, mitten im I. Weltkrieg, wurden beide Märkte wieder zu einem Großevent zusammengelegt und außerdem ein zusätzlicher Sommersend eingeführt. Die Veranstaltung auf dem damaligen Hindenburgplatz etablierte sich schnell als Lokalfolklore mit überregionaler Anziehungskraft. Doch mit Ausbruch des II. Weltkriegs war erstmal Schluss mit lustig.
Zwei Jahre nach Kriegsende wollten die Münsteraner ihre Sendtradition gerne wieder aufnehmen, konnten aber wegen des Mangels an allem nur eine im wahren Wortsinn »abgespeckte« Version improvisieren.
Als Ort wurde der Servatiiplatz gewählt, weil der schon weitgehend von Trümmern geräumt war. Für die nächsten vier Jahre zog der Send nun wieder auf den Domplatz.
Der Hindenburgplatz wurde noch als Halde für Bombentrümmer verwendet. Seit dem Frühjahrssend 1952 findet der Send wieder auf dem heutigen Schloßplatz statt – falls ihn keine Architekten wieder zum Umziehen zwingen.
Der Blick auf den Send bleibt erhalten, solange Architekten mit Triebstau ferngehalten werden können.
In dieser Woche im Jahr 2008 …
… ließ Paul seine Petra sitzen.
Im Mai 2006 tauchte erstmals ein schwarzer Schwan auf dem Aasee auf. Unter den weißen Schwänen suchte sich der Neue gleich den größten Kerl als Kumpel aus: Das Schwanen-Tretboot des Bootsverleihs. Die imposante Größe machte offenbar wett, dass der Kamerad irgendwie ein bisschen steif wirkte.
Nachdem sich herausstellte, dass der schwarze Schwan eine Schwänin war, die dem Tretboot heiß verliebt überall hin nachpaddelte, war die emotionale Unterhaltungs-Story perfekt.
Weil der Schwan zunächst für ein Männchen gehalten und »Schwarzer Peter« genannt worden war, taufte man das Tier nun kurzerhand in Petra um.
Alle Welt liebte die unglückliche Liebesgeschichte. Fernsehteams aus den USA und Japan berichteten vom Münsteraner Aasee, der WDR produzierte gleich eine Doku und vom Umzug des Paares in das Winterquartier im Zoo berichteten zwei Dutzend internationale Sender und Zeitungen. Es erschienen Romane, Kinderbücher, CDs und unzählige Merchandising-Artikel. Die UWG stellte den Ratsantrag, einen schwarzen Schwan in Münsters Wappen aufzunehmen!
Dann nahm die Geschichte eine unerwartete Wendung: Petra ließ doch noch einen echten Schwan ran, der von der Presse Paul getauft wurde. Doch Paul ließ Petra bald sitzen, die sich kurz erneut mit dem Tretboot tröstete und dann auf Nimmerwiedersehen verschwand.
Eine deutschlandweite Fahndung blieb trote einer Welle von Hinweisen ergebnislos.
Endlich gelöst: Das wahre und gruselige Ende der schwarzen Schwänin Petra …
In dieser Woche im Jahr 1920 …
… schloss die Uni wegen Bürgerkriegs.
Nach der Niederlage des Ersten Weltkrieges witterten Agitatoren die Chance zur kommunistischen Revolution. Die sozialdemokratische Ebert-Regierung handelte schnell und setzte »Freikorps« aus demobilisierten Frontsoldaten dagegen ein.
In Münster wurde die »Akademische Volkswehr« aufgestellt. Die Studenten waren erst kurz zuvor aus dem Schützengraben heimgekehrt. Ihr erster Einsatz war ein Abwehrring um Münster, um rote Brigaden aus dem Ruhrgebiet von der Stadt abzuschneiden.
Drei Monate später: Nach dem rechtsradikalen Kapp-Putsch in Berlin werden Münsters Studenten erneut einberufen und als »Akademische Wehr Münster« bewaffnet. Die Universität wird komplett geschlossen.
Die studentische Truppe untersteht einem Professor, der Reservemajor ist. Das erste Gefecht findet bei Selm statt, wo sich rote Arbeiter in der Kolonie der Zeche Hermann II verschanzt haben. Bei den Kämpfen kommt ein Münsteraner Student um. Nach Erstürmung der Zeche und Besetzung des Ortes Waltrop, marschieren die Akademiker nach Castrop-Rauxel, wo sie Hausdurchsuchungen vornehmen.
Die Ruhrgebietsbevölkerung empfängt die Studi-Truppen voller Hass. Nach vier Wochen kleinerer Schießereien und Verhaftungen wird das Regiment von Dortmund aus nach Münster zurücktransportiert und aufgelöst.
Münsters kommandierender Generalmajor dankte den Studis, dass sie »trotz aller persönlichen Bedenken ausgehalten haben«.
Bürgerkrieg statt Bildungsstreik: Münsters Studis mit Stahlhelm. Der Prof. marschiert voran …
In dieser Woche ab dem Jahr 1853 …
… fanden Hinrichtungen in Münster nicht mehr öffentlich statt.
Der erste Vollzug der Todesstrafe, der nicht mehr im öffentlichen Raum zum Grusel und Gaudium der Münsteraner geschah, fand am 2. April 1853 statt. Dazu hatte man sich nach dem Neubau des Landgerichtsgefängnisses und des »Zuchthauses« an der Gartenstraße entschlossen, weil der Auflauf, den eine öffentliche Enthauptung jedesmal verursachte, als nicht mehr zeitgemäß galt.
Der erste Delinquent war der Kötter Anton Heuermann aus Lüdinghausen, der wegen Totschlags an seinen Eltern verurteilt war. Sein Gnadengesuch wurde abgelehnt. Das standardisierte Antwortschreiben sagt, »der Gerechtigkeit soll freier Lauf gelassen werden«. Als Richtstätte wählte man einen Innenhof hinter dem Hauptgebäude. Die »Hinrichtung mit dem Beile« war auf sieben Uhr morgens angesetzt.
Um vier Uhr früh empfing der Delinquent in der Kapelle seine letzte Kommunion (Ein Bericht vermerkt, dass die beiden mit Gewehren bewaffneten Wachmänner vor Mitleid weinten!).
Dann bimmelte das »Armesünderglöckchen« – das Signal. Der Scharfrichter kam erst zum Hinrichtungstermin von auswärts angereist. Er trug Frack, Zylinder und weiße Handschuhe.
Das Schafott hatten seine Henkersknechte schon am Vorabend aufgebaut. War alles vorbei, läutete abermals ein Kapellenglöckchen. Kopf und Körper des Hingerichteten wurden in einen Sarg gelegt, der sogleich zum Anstaltsfriedhof an der Gartenstraße (gegenüber der Einmündung Kolpingstraße) gefahren wurde.
Die letzte Hinrichtung fand Mitte der 1930er Jahre statt. 1949 wurde die Todesstrafe in Westdeutschland abgeschafft.
Schockwerbung vor hundert Jahren. Heute wird nur noch beim Fußball geköpft.
In dieser Woche im Jahr 1950 …
… wurde Zimmermanns Villa verpachtet.
Kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts kaufte der erfolgreiche Unternehmer Zimmermann vom Baron von Druffel ein großes Grundstück mit der Flurbezeichnung Uppenberg, um sich dort eine herrschaftliche Villa zu bauen.
Zimmermann hatte die Münsteraner Zigarettenmarke »Dreizehnlinden« gegründet. Der Tabak dafür wurde in Altenroxel angebaut.
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