Arne Hoffmann - Die Sklavenmädchen von Wiesbaden

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"So, wie die aussieht, wird sie eine Zierde für jeden unserer Puffs sein. Da steht jedem Freier schon beim Anblick der Schwanz. Schade, dass wir hier keine Rotlicht-Schaufenster haben."
"Soll ich sie an unsere Geschäftspartner in Amsterdam ausleihen oder verkaufen?"
"Nein. Noch haben wir sie nicht hundert Pro im Griff. Aber das übliche Programm läuft. Bisschen anfixen, dann ›trocken‹ lassen, ihr einreden, die paar harmlosen Kopfschmerzen würden bald höllisch werden, wenn sie keinen Stoff mehr kriegt, und den kriegt sie nur, wenn sie hübsch brav und willig ist. Bald wird sie unsere hörige, abhängige kleine Nutte sein."
"Und dann ab nach Amsterdam oder Offenbach?"
"Offenbach? Dann schon eher nach Arabien. Ist eh fast dasselbe. Die Scheichs zahlen gut. Aber ich will sie hier demütigen, vor den Augen ihrer Ex-Schulkameraden und so. Wenn die ihr Abi feiern und in unseren Puff latschen, soll sie ihre Muschi hinhalten."
"Krass!"
"Selber schuld. Was mussten sich ihre aufgeblasenen Eltern auch unseren innovativen Geschäftsmodellen entgegenstellen? Nun muss sie den Eltern ihrer Nachbarn auf Wunsch einen blasen – oder sich als faules falsches Schulmädchen den Arsch verstriemen lassen, am besten von einem ihrer Exlehrer. Recht so."
"Du glaubst wohl, du kannst jeden korrumpieren. Auch diesen Literaturfatzke."
"Kann man auch. Gerade den. Mitsamt seinem lächerlichen Marterpfahl Verlag. Die kriegen einfach ein paar willige Mädchen, und schon heben sie uns in den Himmel. Weiß gar nicht, wieso diese Literaturheinis sich einbilden, sie wären was Besseres."
Allerdings. In Wiesbaden ist niemand was Besseres. Wie ein wütender Gott hockt die Stadt zwischen Fluß und Bergen; ein Gott, der seine Menschenopfer als Tribut verlangt. Hier kann niemand seinem Schicksal entgehen.

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Arne Hoffmann

Die Sklavenmädchen von Wiesbaden

Die Sklavenmädchen von Wiesbaden

Ein Heimatroman von

Arne Hoffmann

MARTERPFAHL VERLAG

Impressum der Ebook-Ausgabe:

© 2021 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren

https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch

Marterpfahl_Verlag@gmx.de

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Cover: Rüdiger Happ unter Verwendung desselben Bilds von Reinhard Otto wie bei der Paperback-Ausgabe

E-Book ISBN 978-3-944145-76-1

Impressum der Paperback-Ausgabe:

© 2006 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Postfach 8 / Firstbergstr. 2, 72147 Nehren

www.marterpfahlverlag.com

marterpfahl.verlag@t-online.de

Titelbild: Reinhard Otto, Bielefeld ( www.reinhard-otto.de)

Umschlaggestaltung: Sibil Joho, Zürich ( www.ikarus-design.com)

Druck: PrintCom oHG, Erlangen ( www.print-com.de)

ISBN 3-936708-27-4

Ein Russe kommt in eine Wiesbadener Disco. Er trägt ein T-Shirt, auf dem steht: TÜRKEN HABEN DREI PROBLEME! Ein Türke spricht ihn darauf an, was das denn solle. Da erwidert der Russe: »Seht ihr, das ist euer erstes Problem. Ihr seid viel zu neugierig.«

Der Türke zieht ab, kehrt aber eine halbe Stunde später mit seinem Kumpel zurück und rempelt den Russen an. Der macht den beiden unmissverständlich klar, dass sie das besser bleiben lassen sollten. »Seht ihr«, setzt er noch drauf, »das ist euer zweites Problem. Ihr seid viel zu aggressiv.«

Spät in der Nacht verlässt der Russe die Disco. Vor dem Eingang erwarten ihn fünf oder sechs Türken mit gezogenen Messern und grimmigen Mienen. Der Russe schaut sie kurz an, greift in die Tasche und meint: »Seht ihr, das ist euer drittes Problem. Kommt mit Messern zu einer Schießerei …«

In der Wiesbadener Unterwelt kursierender Türkenwitz

Litha

1

Wiesbaden, das schwarze Herz des Taunus. Ein Ort, wo ein Menschenleben billig war und die Unschuld gratis. Es kauerte zwischen den Taunusbergen und dem Rhein wie ein wütender Gott, der sein regelmäßiges Opfer an Fleisch und Blut verlangte.

Warum hatte er sich nur dazu breitschlagen lassen, ausgerechnet hierher zu kommen!

Frank Silbig stand am Fenster des kleinen Büros und starrte nach draußen. Dort flirrte schon seit einigen Tagen eine Hitze, wie sie für den Hochsommer typisch gewesen wäre. Schon jetzt, am frühen Morgen, war es drückend schwül. Gelegentlich trieb ein bösartiger, trockener Wind den Dreck der Straße durch die Luft, traf ab und an fast wie bewusst gezielt ein menschliches Auge und brachte es zum Weinen. An die vor Schmutz strotzende Wand gegenüber hatte jemand mit riesigen schwarzen Lettern WIR SIND PAPST!gesprüht. Im Zusammenhang mit dieser Stadt wirkte der Satz wie eine gigantische Obszönität. Silbig spürte, wie sich seine Brust zusammenschnürte.

Hinter ihm öffnete sich die Tür. Er wandte sich um und sah Kerk eintreten: einen hochgewachsenen Mann, der ihn vom Aussehen her ein wenig an den Schauspieler Christopher Walken erinnerte. In seinen weniger sympathischen Rollen. Kerk, in einen schwarzgrauen Anzug gekleidet, fletschte die Zähne, was wohl ein Lächeln darstellen sollte, und reichte Silbig die Hand. Sein Griff war wie eine Schraubzwinge, so fest und so kalt.

»Es freut mich sehr, dass Sie doch noch erschienen sind«, sagte Kerk und nahm hinter einem Mahagonischreibtisch Platz. Die Heiserkeit seiner Stimme ließ seine Worte fast zu einem Flüstern werden. Mit einer Handbewegung wies er Silbig einen Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches zu. Sein Zähnefletschen wurde breiter.

Silbig setzte sich. Aus irgendeinem Grund war seine Kehle wie ausgedorrt. Er hatte immer noch ein verdammt schlechtes Gefühl bei dieser ganzen Angelegenheit. Mit kaum merklich zitternden Händen öffnete er seinen schmalen Aktenkoffer und zog eine Mappe heraus. Als er zu sprechen begann, merkte er, wie sehr ihm sein trockener Mund dabei Mühe machte.

»Ich habe natürlich alles gründlich gelesen, was Sie unserer Agentur zugeschickt haben …«

»Das habe ich erwartet«, bemerkte Kerk.

»… und ich muss sagen, ich bin nach wie vor nicht vollkommen überzeugt. Allerdings würde ich gerne mit Herrn Thum selbst darüber sprechen; schließlich handelt es sich doch um sein ganz persönliches Projekt. Oder irre ich mich da?«

Kerk musterte ihn mit ausdruckslosem Blick. »Thum ist durch eine unerwartete Entwicklung ein wenig aufgehalten worden. Sobald er eingetroffen ist, führe ich Sie in sein Büro. Er wird alle Einzelheiten mit Ihnen durchsprechen. Bis dahin ist es meine Aufgabe, erst einmal die Grundsätzlichkeiten zu klären. Darf ich fragen, welche Bedenken Sie noch mit sich herumtragen?«

»N-na ja gut …« Silbig stellte fest, dass er begann zu stottern. Die eisige Ausstrahlung, die von Kerk ausging, machte es ihm nicht gerade leichter, seine innere Anspannung zurückzudrängen. »Also, da ist natürlich immer noch der moralische Aspekt, bei dieser ganzen Angelegenheit … Ich meine, wir geben Ihnen dadurch ja auch ein Podium …« Er verhaspelte sich, beschloss, diese Problematik besser zu überspringen, und blätterte fahrig in seiner Mappe herum. »Und dann gibt es in den Aufzeichnungen, die uns bislang vorliegen, auch einige Passagen, die auf Außenstehende etwas unglaubwürdig wirken könnten …«

Jetzt wurden Kerks Gesichtszüge ein klein wenig süffisant. »Als da wären?«

»Na ja, zum Beispiel … hier: Sadomasochistische Exzesse und Lustsklavinnen als unfreiwillige Sexspielzeuge der Wiesbadener Oberschicht? Ich habe ein wenig Schwierigkeiten, daran zu glauben … so wie das hier geschildert wird …«

Kerk pfiff leise durch die Zähne. Silbig fragte sich, ob dieser Laut einen Ausdruck der Missbilligung darstellen sollte, als sich ein weiteres Mal die Tür öffnete. Ein schlankes, sehr attraktives Mädchen, das um die 19 sein mochte, vielleicht jünger, schob ein Teewägelchen hinein. Die wie ein Model wirkende Blonde trug nichts weiter an ihrem Körper als ein schwarzes Halsband und mit einer silbernen Kette verbundene Armmanschetten aus Leder. Silbig konnte seinen Blick kaum von ihr lösen, als sie ihm und Kerk mit unterwürfig geneigtem Kopf den Tee einschenkte. Dann reichte sie jedem der beiden seine Tasse, verabschiedete sich mit einem Knicks und rollte den Wagen wieder nach draußen.

Kerk hatte seinen Gast während dieser kleinen Prozedur amüsiert beobachtet. Jetzt beugte er sich vor, stützte seine Ellbogen auf den Schreibtisch und legte die Handflächen aneinander. Er starrte Silbig fest in die Augen. »Es existiert«, flüsterte er.

Und wieder blitzten seine Zähne.

2

Ronnys Blicke glitten begehrlich über sie, seit sie am Luisenplatz zugestiegen war. Sie trug Sportschuhe, Jeans und ein rostrotes T-Shirt, unter dem sich die jugendlichen Formen ihres offenkundig sportlichen Körpers deutlich erkennbar abzeichneten. In stolzer Haltung stand sie da, mitten im Bus, mit einer Hand locker an einem Geländer in Hüfthöhe, den Kopf selbstbewusst erhoben, anscheinend eine Tochter besseren Hauses. Dieses Mädchen würde gut in seine Sammlung passen. Ronny spürte, wie sein Blut bei dem Gedanken in Wallung geriet, dieses Selbstbewusstsein zu brechen. Das war derjenige Teil seines Jobs, der ihn jedes Mal am stärksten mit prickelnder Energie erfüllte.

Er sah kurz zu seinem Kumpel Murat hinüber, der ihm gegenüber hockte, und wies dann mit einer kaum merklichen Kopfbewegung auf das Mädchen. Ebenso verhalten nickte Murat und zeigte damit, dass er verstanden hatte.

Ronny schloss die Augen, um durch sein ständiges Anstarren die Kleine nicht unversehens in eine latente Alarmbereitschaft zu versetzen. Je unerwarteter Murat zuschlagen konnte, desto bessere Erfolgschancen würde er haben.

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