Er hatte eine unansehnliche Ansammlung halb verfallener Gebäude vor sich, darunter das Farmhaus der Slages, das an einer Ecke aufgebockt war; der Garten war ein Chaos: Automotoren auf Schlackensteinblöcken, eine Reihe von Eiskisten, die von Zielübungen mit Einschusslöchern übersät waren, ein Zinkzuber mit einer kurbelgetriebenen Wäschemangel mit narbigen gelben Rollen, stapelweise Radkappen, abgefahrene Treckerreifen und mehrere Generationen klappriger Sämaschinen, Eggen, ein Pflug. Hier und da in dem Durcheinander sah er kleine Kuhlen in der Erde, in denen sich wohl der Hahn bei heißem Wetter verkroch.
Gleich neben dem Haus steckten ein paar gefleckte graue Perlhühner hoffnungsvoll die Köpfe durch einen rostigen Gartenzaun, der nach hinten hinaus aus nebeneinander genagelten beschichteten Küchentischplatten bestand. Am Außenabort lehnten, wie Talbot später sah, bündelweise veraltete Flugblätter voller Hassparolen, die mit einer Plane abgedeckt waren.
Links vom Haus, eine Böschung hinab, stand eine Scheune, deren Dachbleche teilweise vom Wind aufgebogen oder gleich ganz fortgeweht waren. An der Tür unter dem Heuschober waren einige rosige, frisch gesalzene Waschbärenfelle zum Trocknen gespannt.
Auf den Teil des Gartens gleich hinter der Scheune hatte Talbot keinen Einblick, aber daran anschließend sah er einen Bach, an dessen gegenüberliegendem Ufer sich ein dichter Wald einige Hundert Meter weit einen steilen Hügel hochzog. Talbot schüttelte mehrmals ganz langsam den Kopf und presste die Zähne so fest aufeinander, dass ihm der Kiefer wehtat. Irgendwas stimmte da nicht. Er hatte eine Festung erwartet, nicht den Hof eines Losers. Die ungepflegten Gebäude mit ihren zerkratzten, von Beutelratten angenagten Türen konnten unmöglich das Zuhause eines Mannes sein, der so viel organisierten Schaden angerichtet hatte. Vielleicht war es nur eine Fassade, nicht das Zuhause von Slage, sondern nur Tarnung, vielleicht befand sich ein Bunker unter all dem vor sich hinfaulenden Kram. Talbot war sich sicher, dass es der richtige Hof war. Auf dem Briefkasten stand »Slage«, und er hatte alles dreifach geprüft.
Das Einzige, was womöglich auf eine Ortsgruppe des Klans hätte hinweisen können, war eine Funkantenne auf dem Dach, mit der Slage, wie Talbot zu Recht vermutete, den Sprechfunk der örtlichen Polizei abhörte. Wie Talbot sah, führte die Zufahrt hinter das Haus, und als er ans andere Ende seines Wagens ging, erspähte er eine neue Garage aus Schlackensteinblöcken mit einem Metalldach, das noch glänzte, weil es noch nicht gestrichen war.
Das Grollen eines kräftigen schwarzen Hundes mit einem zottigen braunen Bart um das Maul lenkte seine Aufmerksamkeit weg von dem Dach. Er sah nach einer Hälfte Dobermann und einer Hälfte Bluthund aus und lief, so weit seine Kette reichen wollte, im Hof hin und her, sodass die vordere Veranda und die Fenster bewacht waren. Sein Auslauf war ausgetreten wie ein Bachbett, und sein Knurren schien dummerweise gegen Talbot gerichtet zu sein. Genau gesagt stemmte er sich in seine Kette, und Talbot erwartete schon, Slage aus dem Haus stürzen zu sehen, um ihn zur Rede zu stellen. Talbot rief sich ins Gedächtnis, wo genau in seinem Ranzen er die Pistole verstaut hatte, nur für den Fall, dass er sich mit Slage im Vorgarten schießen musste.
Talbot hätte sich fast übergeben, als die Tür dann tatsächlich aufging! Ein vielleicht zehnjähriger Junge kam aus dem Haus und ging auf den Briefkasten zu. Er spähte zu Talbot herüber, während er die Post herausnahm. Sein Haar hatte die Farbe von unreifem Mais, und er trug es kurz bis auf zwei Locken, die er rechts und links in die Stirn gekämmt trug. Er war barfuß, und die Jeans waren um die Knie schartig abgeschnitten und ausgefranst. Er nahm die Post und ging zurück zum Haus, vorbei an dem hin- und herlaufenden Hund.
Talbot trottete davon, als wollte er Ersatzteile oder Hilfe holen. Als er außer Sichtweite war, bog er nach links ab und schlug einen Bogen durch den dichten Waldrand hinauf auf den Hügel hinter dem Hof. Von dort aus konnte er alles sehen. Dort, wo er zuvor keinen Einblick gehabt hatte, also zwischen der Rückseite der Scheune und dem Bach, erspähte er einen Schweinekoben und eine kleine Weide für Slages Kühe. Er machte sich eine Skizze davon.
So würde es gehen! Slage fütterte wahrscheinlich jeden Morgen die Schweine und ließ die Kühe hinaus auf die Weide, bevor er zur Arbeit ging. Er musste einfach irgendwo arbeiten — kein Mensch konnte von einem so jämmerlichen Hof existieren.
Auf der Hügelkuppe, auf der er stand, erspähte Talbot eine Scheune, die perfekt für eine Nachtwache war. Slage würde sein Vieh am frühen Morgen füttern kommen. Und damit hätte es sich. Bumm! Blut. Klan-Gedärme aus einem Klan-Bauch.
Nach Einbruch der Dunkelheit kam er zurück aus Birmingham und versteckte seine Umhängetasche, die mit Taschenlampe, Pistole, Dynamit, Draht, Sprengkapseln, Feldflasche, Handschuhen, Proviant und einigen Aufputschpillen vollgepackt war. Er fuhr den Wagen zurück in die Stadt und marschierte dann die acht Meilen bis zu der Scheune.
Während des frühen Morgens stellte er fest, dass der Hund keine große Bedrohung darstellte. Er bellte ständig, und es gab genügend Stinktiere und Beutelratten, um ihn zu verwirren.
Außerdem hatte Talbot seine Waffe, und er war bereit, sich mit dem Mann zu schießen.
Kurz vor Morgengrauen ging das Küchenlicht aus. Slage kam auf die Veranda und rief nach dem Hund. Er löste die Kette und ging mit ihm auf die Scheune zu. Er hatte eine Art Stock bei sich, in dem Talbot ganz richtig eine Büchse vermutete.
Talbot folgte ihm in der Düsterheit mit dem Feldstecher. Slage band den Hund am Aborthäuschen an, griff nach unten, zog etwas Papier unter der Plane hervor und ging dann hinein. Er machte den Hund wieder los, als er aus dem Abort kam, und ging hinunter zur Scheune, wo er aus Talbots Blickfeld verschwand. Fünf Minuten später kam er durch die rückwärtige Tür in den Schweinekoben, diesmal mit einer Schubkarre, in der etwas aufgehäuft war. Die Schweine waren inzwischen aufgewacht und wackelten drängelnd und schiebend auf die Schubkarre zu; noch ehe er die Ladung in den Trog kippen konnte, rüsselten sie quiekend danach. Talbot machte fünf Fahrten mit der Karre.
Er ging wieder zurück zum Haus, kettete den Hund an, dann fuhr er weg.
Talbot setzte alles auf eine Karte und stürzte den Hügel hinab auf die Scheune zu, um sich umzusehen. Vom Haus aus nicht zu sehen, setzte er über den Zaun und schlüpfte durch die Schweinetür, hinter der er zu seinem Erstaunen auf eine tiefe Betongrube von etwa drei Meter Breite stieß, die mit einer Tonne kleinem, noch in Papier gewickeltem Gebäck gefüllt war — Moon Pies, Twinkies, Snow Balls, Jelly Rolls, Napfkuchen mit Schokoguss und Pekantörtchen.
Talbot vermutete, dass Slage sie bei Geschäften und Bäckereien aufkaufte, nachdem das Ablaufdatum überschritten war. Dem Geschmatze und Gegrunze der Schweine nach zu urteilen, schmeckte ihnen das Zeug, und Slage konnte zu Weihnachten mit seinen besonders süßen Schinken prahlen. Die Kühe weideten weit genug weg von der Scheune, sodass sie bei der Explosion wahrscheinlich nichts abbekamen, aber womöglich würden einige der Schweine dran glauben müssen. Er machte sich Gedanken darüber, ob den Schweinen wohl etwas passierte oder den Schwalben, die sich in der Dunkelheit über die rauchenden Trümmer des Schuppens verirrten.
Talbot markierte die Stelle, wo er die Ladung anbringen wollte, dann ging er wieder hinauf in die Scheune und schlief den ganzen Vormittag hindurch und bis in den frühen Nachmittag. Nach Mitternacht dann trug er die in Paraffinpapier gewickelten Dynamitstangen den Hügel hinab, stach ein Loch für die elektrische Sprengkapsel in eine davon, wickelte die Stangen mit Klebeband zusammen und versteckte sie unter dem Riesenhaufen von süßem Gebäck. Er tarnte den isolierten Draht mit Stroh und führte ihn den Hügel hinauf bis zu der Zündmaschine in der Scheune.
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