Leonardo Boff
Tugenden für eine bessere Welt
Leonardo Boff
Tugenden für eine bessere Welt
Aus dem Portugiesischen übersetzt von Bruno Kern
Butzon & Bercker
Publik-Forum Edition
Originalausgabe:
Leonardo Boff
Virtudes para um mundo possível
Vol. I: Hospitalidade: Direitos e deveres de todos
Vol. II: Convivência, Respeito e Tolerância
Vol. III: Comer e Beber Juntos e Viver em Paz
Petrópolis 2006
© Leonardo Boff
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ISBN 978-3-7666-1285-4
E-BOOK ISBN 978-3-7666-4107-6
EPUB ISBN 978-3-7666-4108-3
© 2009 Butzon & Bercker GmbH, 47623 Kevelaer, Deutschland, www.bube.de
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In Gemeinschaft mit Publik-Forum Verlagsgesellschaft mbH, Oberusel
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Umschlaggestaltung: Christoph Kemkes, Geldern
Umschlagfoto: © Doug Olson – Fotolia.com
Satz: Schröder Media GbR, Dernbach
Einleitung
ERSTER TEIL GASTFREUNDSCHAFT: RECHT UND PFLICHT ALLER
I. Die planetarische Phase der Erde und der Menschheit
1. Der Blick zurück: das Paradigma des Feindes und der Konfrontation
2. Der Blick nach vorn: das Paradigma des Gastes und des Bundes
3. Der leidenschaftliche Ruf der Propheten und Visionäre
II. Die Rückkehr aus der großen Zerstreuung
1. Ein Stern stirbt, und die Erde entsteht
2. Bruchstücke vereinigen und trennen sich
3. Das schönste Kind: das Leben
4. Die Trockenheit: Geburtsstätte des Menschen
5. Die Zerstreuung der Menschen und die Entstehung der Zivilisationen
6. Die Rückkehr aus dem Exil: die Globalisierung
III. Der Mythos der Gastfreundschaft
IV. Auslegung des Mythos von der Gastfreundschaft
1. Ursprüngliche Erfahrungen und Mythos
2. Menschliche Existenz und Mythos
3. Gastfreundschaft, Zusammenleben, Tischgemeinschaft und Mythos
4. Die Dimensionen der Gastfreundschaft
V. Die Gastfreundschaft in den modernen Gesellschaften
1. Unbedingte und bedingte Gastfreundschaft
2. Grenzen der Nationalstaaten – Grenzen der Gastfreundschaft?
VI. Der Mangel an Gastfreundschaft in der Geschichte
1. Die vielen Anderen
2. Die Vernichtung der kulturell Anderen
3. Die neuen Anderen
VII. Die Befreiung des Anderen: Grundlage für die Gastfreundschaft
1. Die zentrale Stellung des Anderen in der jüdisch-christlichen Tradition
2. Die Menschenrechte und die Kultur des Friedens
3. Die uneingeschränkte Demokratie als Integration des Anderen
VIII. Die Gastfreundschaft im Kontext der Globalisierung
1. Grundhaltungen und Verhaltensweisen im Sinne der Gastfreundschaft
2. Politik möglicher Formen von Gastfreundschaft
Zusammenfassung
ZWEITER TEIL ZUSAMMENLEBEN, RESPEKT UND TOLERANZ
Einleitung
I. Das Zusammenleben
1. Geburtshelfer eines Volkes
2. Wie lebt man mit den Anderen zusammen, die völlig anders sind?
3. Was ist das Zusammenleben?
4. Zusammenleben: psychosoziale und kosmische Dimension
II. Der Respekt
1. Ein Gleichnis für den unbedingten Respekt
2. Was ist der Respekt?
3. Eine Ethik des Respekts allem Sein gegenüber
III. Die Toleranz
1. Ein Gleichnis zum Thema Toleranz
2. Chaos und Kosmos, Unordnung und Ordnung vermengen sich
3. Was ist die Toleranz?
4. Toleranz angesichts von Fundamentalismus und Terrorismus?
5. Toleranz und interreligiöser Dialog
Zusammenfassung
DRITTER TEIL GEMEINSAM ESSEN UND TRINKEN UND IN FRIEDEN LEBEN
Einleitung
I. Zusammen essen und trinken: die Tischgemeinschaft
1. Erzählungen rund um die Tischgemeinschaft
2. Tischgemeinschaft: Beginn der Menschwerdung
3. Der Hunger als ethisches und politisches Problem
4. Das Geschäft mit dem Hunger: Nahrungsmittel als Ware
5. Ökologische Landwirtschaft als möglicher Ausweg
6. Gentechnik: Markt, Ethik und Weltanschauung
7. Wasser: lebensnotwendig oder Wirtschaftsgut?
8. Die Voraussetzungen für die Tischgemeinschaft
9. Solidarisch und verantwortungsvoll konsumieren
10. Die letzte Wirklichkeit: Tischgemeinschaft Jesu und im Reich Gottes
II. Kultur des Friedens in einer Welt im Konflikt
1. Einstein und Freud: Ist es möglich, die Aggression einzudämmen?
2. Zeichen für eine friedliebende Menschheit
3. Hindernisse auf dem Weg zum Frieden und ihre Überwindung
4. Ein verantwortlicher Realismus
5. Der unmögliche Friede
6. Ein Friede, der möglich ist
7. Der Friede Gottes
Schluss: Die Seligpreisungen der Tugenden
Anmerkungen
Literatur
Welche Tugenden sind unbedingt erforderlich, wenn wir gewährleisten wollen, dass die Globalisierung ein menschliches Antlitz bekommt?
Wir gehen von der Voraussetzung aus, dass wir uns in einer Situation der Krise, nicht aber der Tragödie befinden. Krise bedeutet immer Läuterung, und sie setzt konstruktive Energien frei. Krise heißt Übergang und Überschreitung. Wir vollziehen gerade den Übergang von einer Geschichtsauffassung, die mit Nationalstaaten, sozialen Klassen und einzelnen Persönlichkeiten verbunden ist, hin zu einer Geschichte der planetarischen Gemeinschaft der Gattung Mensch. Um diesen Übergang angemessen zu verstehen, müssen wir ihn in die Evolutionsgeschichte, die Entstehungsgeschichte des Lebens, des Menschen und des Planeten (Biogenese, Anthropogenese, Planetogenese) einordnen.
Jeder Übergang birgt Risiken, aber ebenso Chancen in sich. Es gibt die echte Chance, dass – als eine verheißungsvolle Zukunft für alle – eine erdumspannende menschliche Gesellschaft entsteht, die in ihrem Wesen eins ist, aber eine Vielfalt von Ausdrucksformen kennt. Es gibt aber auch das Risiko, dass jedes Volk nur für sich selbst lebt und sich in sich selbst abkapselt und dabei aus dem Auge verliert, dass wir alle eine einzige große Familie bilden – die Menschheitsfamilie innerhalb der Familie des Lebens, der wir – als ein Glied einer Kette – angehören. Die Gefahr ist noch nicht gebannt, dass die bereits existierenden Massenvernichtungswaffen der Biosphäre schweren Schaden zufügen können und das Projekt einer planetarischen Menschheit scheitern lassen.
Abgesehen von den Risiken und Chancen hat jeder Übergang zwei Seiten: Kontinuität und Erneuerung. Er setzt etwas fort, was von früher herstammt, und darin ist er mit der Tradition verbunden, mit all ihren Werten und Unwerten, die sie in sich trägt. Doch der Übergang bedeutet auch einen Bruch mit der Tradition und einen Neubeginn. Kontinuität und Erneuerung sind immer zugleich vorhanden, und das macht die Dramatik der Überganssituation aus. Was wird letztlich überwiegen: die Kontinuität oder die Erneuerung? Wenn die Kontinuität die Oberhand gewinnt, dann verschärft sich die Krise und es entstehen zerstörerische Kräfte. Wenn sich dagegen die Erneuerung durchsetzt, dann entsteht Hoffnung und es erschließt sich ein neuer Weg.
Konkret gesprochen: Wir befinden uns schon inmitten einer neuen Situation, der planetarischen Phase. Es kommt nun darauf an, ihr Beständigkeit zu verleihen, damit sie die Vergangenheit hinter sich lassen kann und tatsächlich das Neue ins Werk setzt, den Sprung nach vorne und nach oben vollzieht und damit den Prozess unumkehrbar macht.
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