Steve Malins
Depeche Mode
Die Biografie
Aus dem Englischen von Ralph Brunkow,
Uschi Seifart und Kirsten Borchardt
www.hannibal-verlag.de
Impressum
Titel der englischen Originalausgabe: „Depeche Mode – Black Celebration“
© 1999, 2006, 2013 by Steve Malins
Erstausgabe 1999 erschienen bei André Deutsch Limited, London
© 2013 der aktualisierten Neuauflage: Koch International GmbH/Hannibal, A-6604 Höfen
www.hannibal-verlag.de
Lektorat: Hollow Skai
Buchdesign und Produktion: bw works
E-Book: Thomas Auer, www.buchsatz.com
Coverfoto: © Joaquin Palting/Corbis Outline
Coverfoto Rückseite: © Alastair Indge/Photoshot/Getty Images
Schwarz/Weiß-Fotos: © Thomas Zeidler, KeystoneVienna
ISBN 978-3-85445-430-4
Auch als Hardcover erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-429-8
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne eine schriftliche Genehmigung nicht verwendet oder reproduziert werden. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Der Autor
Steve Malins, Jahrgang 1965, schreibt als Journalist für die Magazine Q, Vox und Time Out sowie für die Sunday Times.
Außer über Depeche Mode hat er Bücher über Gary Numan (1997), Duran Duran (2005), Radiohead (1997) und Paul Weller (1997) geschrieben.
Er produzierte drei Alben für Gary Numan: Random (1997), Exposure (2002) und Hybrid (2003); außerdem arbeitete er mit Künstlern wie John Foxx, The Sparks, Siouxsie Sioux, The Magnetic Fields und The Future Sound of London.
Steve Malins ist verheiratet und lebt in London.
Für Zak Malins
Inhalt
Vorwort
1: People Are People
1961–1980
2: Dreaming Of Me
1981
3: Leave In Silence
1982
4: The Landscape Is Changing
1983
5: You’ve Got Your Leather Boots On
1984
Bildstrecke 1
6: Dressed In Black Again
1985–1986
7: See The Stars, They’re Shining Bright
1987–1989
8: World Violation
1989–1990
9: Lead Me Through Babylon
1991–1993
10: More Than A Party
1993–1994
Bildstrecke 2
11: This Twisted, Tortured Mess
1994–1997
12: I Find Myself
1997–1999
13: Dream On
1999–2000
14: Suffer Well
2002–2006
15: Comeback
2006–2013
Diskografie
Bibliografie
Danksagung
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Vorwort
„Irgendwie korrumpieren wir heimlich die Welt“, kicherte Martin Gore, Songwriter von Depeche Mode, kurz nach Erscheinen ihrer Single „Stripped“ 1986. Schmunzelnd fügte er hinzu: „Wenn man sich als Popband bezeichnet, kann man sich eine Menge mehr erlauben.“
Depeche Mode begannen ihre Karriere ganz ohne Frage als „Popband“. Als Daniel Miller, der Gründer von Mute Records, sie 1980 zum ersten Mal sah, war er vor allem deshalb so beeindruckt, weil sie noch „Kids“ waren, „und Kids machten damals keine elektronische Musik. Das war eher ein Ding für Kunststudenten, aber von dieser Ästhetik hatten Depeche Mode nichts. Sie machten Popmusik auf Synthesizern. Und das funktionierte ganz hervorragend.“
Für den damaligen Hauptsongwriter der Band, Vince Clark (bürgerlich Vince Martin), war es eine Möglichkeit, seine Träume zu verwirklichen, nachdem er sich in einigen perspektivlosen Jobs versucht hatte, „unter anderem ein halbes Jahr lang als Regalauffüller in einem Sainsbury’s-Supermarkt und als Arbeiter in einer Joghurtfabrik“. Der Glam-Rock-Fan Martin Gore und sein Freund Andy Fletcher waren damals noch nicht ganz überzeugt und trauten sich nicht, ihre Jobs in einer Bank beziehungsweise einer Versicherung aufzugeben. Die drei Jungs aus Basildon waren ruhig und introvertiert und hatten Freunde, die aus ähnlichem Holz geschnitzt waren. Gore erzählte später, dass ihn seine Freundin Anne sogar als „pervers“ bezeichnete, wenn im Fernsehen eine nackte Frau gezeigt wurde und er dann hinsah. Auch Clarke und Fletcher hatten eine eher biedere Vergangenheit: Von ihrem elften bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr hatten sie als wiedergeborene Christen versucht, in Cafés andere Leute zu bekehren. Das vierte Mitglied von Depeche Mode, Dave Gahan, war jedoch ganz anders, ein eher extrovertierter Typ, der ständig unter Spannung zu stehen schien. Er war wegen Vandalismus und Autodiebstahls schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, litt unter Stimmungsschwankungen und war oft aus Liebeskummer deprimiert. Kürzlich erklärte er der britischen Zeitschrift Q: „Das Mädchen, in das ich als Jugendlicher total verliebt war, ging schließlich mit meinem besten Freund Mark ins Bett. Es war bei einer Party, bei der ich auch anwesend war: Irgendwann war meine Freundin verschwunden. Alle starrten mich an. Sie wussten es alle. Ich riss die Schlafzimmertür auf und sah Marks weißen Arsch, der auf und nieder wippte. Das war meine erste richtige Konfrontation mit der Realität. Da stand für mich fest, ich bin nicht gut genug, ein Gefühl, mit dem ich mich seitdem herumschlage.“
Ende 1979 war er allerdings mit seiner Freundin Jo verlobt und hatte seinen wilden Zeiten abgeschworen. Und auch 1981 deutete nichts darauf hin, dass er wortbrüchig werden sollte: Depeche Mode waren zu jener Zeit so weit vom Rock ’n’ Roll entfernt, wie man nur sein konnte. Sie spielten Synthesizer, sahen noch wie Kinder aus und hatten auch mit dem glamourösen, dekadenten Erscheinungsbild von Bands wie Duran Duran nichts gemein. Zu ihrem ersten Auftritt bei Top of the Pops fuhren Depeche Mode tatsächlich mit dem Zug und schleppten ihre Synthesizer über die Bahnsteige. Andy Fletcher bekam angeblich stehende Ovationen, als er am nächsten Tag zur Arbeit kam.
Sieben Jahre später sah es jedoch ganz anders aus: Vince Clark war längst ausgestiegen und von Alan Wilder ersetzt worden, der entscheidenden Anteil daran hatte, dass sich die Band immer weiter von ihren fröhlichen Electro-Disco-Wurzeln entfernte. 1988 war sie ein kulturelles Großereignis, das in der Rose Bowl in Pasadena vor siebzigtausend Fans spielte und dort vom legendären Regisseur D. A. Pennebaker gefilmt wurde, der Depeche Mode in erster Linie als kommerzielles Unternehmen zu betrachten schien: „Sie hatten keine einzige originelle Idee“, bemerkte er, „aber sie hatten entdeckt, wie man mit einem Cassettenrekorder auf der Bühne richtig viel Geld machen kann.“ Damals bewegten sich Depeche Mode an der Schnittstelle zwischen Electro und Rock, und der Funke zu ihrem Publikum sprang mit den atmosphärischen Hymnen über, die von Schuld, Sünde, Reue und der dunklen Seite von Beziehungen handelten.
Die Band selbst verlor jedoch den Boden unter den Füßen, als 1990 das extrem erfolgreiche Album Violator erschien, das sich sieben Millionen Mal verkaufte: Prompt setzten Ruhm und Rock ’n’ Roll einen selbstzerstörerischen Prozess in Gang. Man mochte kaum glauben, dass es sich hier um dieselben Jungs aus Basildon handelte, als Andy Fletcher einen Nervenzusammenbruch erlitt, Gore aufgrund exzessiven Alkoholkonsums Krämpfe bekam und Gahan sich beinahe zur Parodie eines Rockstarjunkies entwickelte, der fest entschlossen schien, sich selbst zugrunde zu richten. Er lebte in Los Angeles in einer Wohnung mit geschwärzten Fenstern, die er den „Purpurpalast“ nannte, weil dort so viele Leute beinahe an Überdosen gestorben waren: „Nach einem Erdbeben regnete es rein, deshalb standen überall riesige Tonnen rum. Alle waren so fertig, dass sich niemand drum kümmerte. Es war eklig. Ich habe mir selbst über die Jahre unglaublich viel Schmerz zugefügt. Ich habe mir ein sogenanntes Guiche-Piercing machen lassen, das in der Hautfalte zwischen Arschloch und Hodensack sitzt. Man kniet da auf einem Behandlungstisch, mit dem Arsch in der Luft, Schwanz und Eier hängen runter, eine völlig würdelose Situation. Mir hat eine Frau das Piercing gemacht, die übers ganze Gesicht tätowiert war. Ich wäre vor Schmerz fast umgekippt.“
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