Depeche Mode probierten auch einige neue Sounds aus, wobei man vorsichtig vom reinen Synthesizerklang abwich. Begeistert sagte Andy Fletcher: „Auf dem neuen Album gibt es viel Percussion, außerdem Schritte und Marschieren und ähnliche Geräusche – aber nichts, was man ein herkömmliches Musikinstrument nennen könnte.“ Und Gahan fügte hinzu: „Es gibt auch ein Saxofon, aber das wird man nicht erkennen. Denn es ist rückwärts aufgenommen und klingt wie ein Elefant.“
Daniel Miller meint: „Über Depeche Mode sind viele Mythen in Umlauf, die aber nicht wirklich wahr sind – etwa, dass sie nur auf ihren beiden letzten Alben Gitarren benutzt hätten. Die erste Gitarre war schon auf A Broken Frame dabei. Sie haben ein Verhältnis zur Musik, bei dem sie sich selbst Grenzen setzen, sogar wenn sie diese dann durchbrechen. Wenn man kein solches Konzept hat, dann wird die Musik sehr angepasst und klingt genauso wie die von allen anderen. Alle unsere Sounds haben wir selbst geschaffen, nie haben wir Samples von anderen Platten genommen.“
Die Kritiken über das Album fielen sehr gemischt aus. Chris Burkham schrieb in Sounds: „Das Hauptproblem von Depeche Mode ist, dass der Synthie-Sound ohne irgendwelche andere Instrumente die Popsongs sehr eingrenzt. Der Grund dafür, dass Yazoo – um einen offenkundigen Vergleich zu ziehen – erfolgreichere Songs auf der Basis eingängigerer Melodien schaffen, liegt wohl daran, dass der harte Synthie-Beat sich mit dem einschmeichelnden Gesangsstil von Alison mischt. David Gahans Stimme passt sich dem Instrument an – kaum sich einmischend, stets sich anpassend, niemals beherrschend –, anstatt gegen den glatten Schimmer des Moog anzugehen.“
Der NME war enthusiastischer: „Erfreulich sind ihre zunehmende Präzision, ihre wachsende künstlerische Qualität. Martin Gores eindrucksvolle Songs schließen sich deutlich an die Folkweisheit und die Folkmetaphysik des verschwundenen Vince Clarke an.“
Im Melody Maker jedoch mokierte sich Steve Sutherland, der ein Fan der ersten Singles und des ersten Albums war, über die Bemühungen von Depeche Mode, sich weiterzuentwickeln: „A Broken Frame klingt wie knabenhafte Begeisterung, mit der Anonymität verdeckt wird. Die Texte sind zwar von staunendem Vergnügen zu empörter Frustration gereift, aber die resignierenden Worte von ‚Leave In Silence‘ sind ebenso wie die glatten Phrasen von ‚Just Can’t Get Enough‘ eben doch nur Worte und nichts als Worte.“
Zwei Jahre nach Veröffentlichung von A Broken Frame hatte Dave Gahan schon genug Abstand von der Platte gewonnen, um sagen zu können: „Ich glaube, wir finden alle im Rückblick, dass dieses Album unsere schwächste Leistung war. Es ist definitiv sehr, sehr uneben und zusammengestoppelt. Und sehr schlecht produziert.“ Mit dem kommerziellen Erfolg von Speak And Spell konnte A Broken Frame nicht gleichziehen, weder in England noch international. „Ich bin überzeugt davon, dass es uns schon deshalb heute nicht mehr gäbe, wenn wir bei einer Major-Plattenfirma gewesen wären“, sagt Gore in Anerkennung von Daniel Millers geduldiger, pfleglicher Fürsorge. „Nach dem Anfangserfolg von Speak And Spell bedeutete A Broken Frame eine sehr stille Phase für uns. Die Platte schadete uns nicht gerade, aber sie bewirkte auch nichts Erstaunliches. Bei einem Major wären wir in das ‚Syndrom des zweiten Albums‘ gefallen – und nach unserem dritten Album gefeuert worden.“
Nichtsdestotrotz kreuzten die unerschütterlichen Fans in voller Stärke bei der Herbsttournee durchs Vereinigte Königreich mit zwanzig Konzerten und zwei zusätzlichen Gigs im Londoner Hammersmith Odeon auf. Die Säle waren knallvoll mit weiblichen Teenagern, die vor Begeisterung durchdrehten, aber Fletch, der auf der Bühne in die Hände klatschte und die Faust in die Luft stieß, merkte an, dass unter den Zuhörern auch viele „Unterklassejungs“ waren. „Die Lümmel akzeptieren uns wie ihresgleichen, wie eine elektronische Version der Angelic Upstarts“, sagte er. „Sie stehen dann vor der Garderobentür und blöken: ‚Oi, Andy!‘ Und dann kann man nur im besten Cockneyakzent antworten: ‚Yer, klasse, weiter so!‘ Und außerdem sind da die kleinen Mädchen, zu denen man richtig lieb sein muss, denn die sind ja genauso wie deine kleine Schwester.“
Kurz vor Weihnachten 1982 gab die Plattenfirma Mute eine Pressemitteilung heraus, in der sie bekannt gab, dass Alan Wilder nun Vollmitglied von Depeche Mode sei. „Daniel rief mich an“, grinst Wilder. „Ich glaube, die Band tat sich ebenso schwer darin, Überbringer von guten wie von schlechten Nachrichten zu sein.“
Schnelle Autos, Drogen, Frauengeschichten: Sänger Dave Gahan kriegte erst spät die Kurve von der Selbstzerstörung hin zur Selbstfindung
Mal in Strapsen und schwarzem Rock, mal in Lederkluft: Songwriter Martin L. Gore liebt extravagante Outfits
Leidenschaftlicher Hobbyfilmer mit Hang zu warmen Kunstlederjacken: Alan Wilder sprang 1982 ein – und 1995 wieder ab

Stets verbindlich und höflich, immer freundlich und diplomatisch: Andrew „Fletch“ Fletcher wirkt als Koordinator des Unternehmens
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