Die wichtigste und entscheidendste Beobachtung, welche über die Natur des Cometenlichtes gemacht worden, verdanken wir Arago’s Polarisations-Versuchen. Sein Polariscop belehrt uns über die physische Constitution der Sonne, wie über die der Cometen; das Instrument deutet an, ob ein Lichtstrahl, der aus einer Entfernung von vielen Millionen Meilen zu uns gelangt, directes oder reflectirtes Licht ist, ob im ersten Falle die Lichtquelle ein fester und tropfbar-flüssiger oder ein gasförmiger Körper ist. Es wurden auf der Pariser Sternwarte in demselben Apparat das Licht der Capella und das Licht des großen Cometen von 1819 untersucht. Das letztere zeigte polarisirtes, also zurückgeworfenes Licht: während der Fixstern sich, wie zu vermuthen stand, als eine selbstleuchtende Sonne Die ersten Versuche Arago’s , die Polarisation auf den Cometen anzuwenden, geschahen am 3 Julius 1819, am Abend der plötzlichen Erscheinung des großen Cometen. Ich war auf der Sternwarte zugegen, und habe mich, wie Mathieu und der jetzt verstorbene Astronom Bouvard, von der Ungleichartigkeit der Lichtstärke im Polariscop, wenn dasselbe Cometenlicht empfing, überzeugt. Bei der Capella, welche dem Cometen nahe und in gleicher Höhe stand, waren die Bilder von gleicher Intensität. Als der Halley’sche Comet erschien, im Jahr 1835, wurde der Apparat so abgeändert, daß er nach der von Arago entdeckten chromatischen Polarisation zwei Bilder von ComplementärFarben (grün und roth) gab. Annales de Chimie T. XIII. p. 108, Annuaire pour 1832 p. 216. »On doit conclure«, sagt Arago, »de l’ensemble de ces observations que la lumière de la comète n’était pas en totalité composée de rayons doués des propriétés de la lumière directe, propre ou assimilée: il s’y trouvait de la lumière réfléchie spéculairement ou polarisée, c’est à-dire venant du soleil. On ne peut assurer d’une manière absolue que les comètes brillent seulement d’un éclat d’emprunt. En effet, en devenant lumineux par eux-mêmes, les corps ne perdent pas pour cela la faculté de réfléchir des lumières étrangères.« erwies. Das Dasein des polarisirten Cometenlichtes verkündigte sich aber nicht bloß durch Ungleichheit der Bilder: es wurde bei der Wieder-Erscheinung des Halley’schen Cometen im Jahr 1835 noch sicherer durch den auffallenderen Contrast der Complementar-Farben, nach der von Arago im Jahr 1811 entdeckten chromatischen Polarisation, begründet. Ob außer diesem reflectirten Sonnenlichte die Cometen nicht auch eigenes Licht haben, bleibt durch jene schönen Versuche noch unentschieden. Auch in eigentlichen Planeten, der Venus z. B., ist eine selbstständige Lichtentwicklung sehr wahrscheinlich.
Die veränderliche Lichtstärke der Cometen ist nicht immer aus der Stellung in ihrer Bahn und aus ihrer Entfernung von der Sonne zu erklären. Sie deutet gewiß bei einzelnen Individuen auf innere Processe der Verdichtung und erhöhten oder geminderten Reflexionsfähigkeit des erborgten Lichtes. Bei dem Cometen von 1618, wie bei dem von dreijährigem Umlauf haben Hevelius und, nach langer Nichtbeachtung des merkwürdigen Phänomens, der talentvolle Astronom Valz in Nismes den Kern in der Sonnennähe verkleinert, in der Sonnenferne vergrößert gefunden. Die Regelmäßigkeit der Veränderung des Volums nach Maaßgabe des Abstandes von der Sonne ist überaus auffallend. Die physische Erklärung der Erscheinung darf wohl nicht in den bei größerer Sonnennähe condensirteren Schichten des Welt-Aethers gesucht werden, da es schwierig ist sich die Dunsthülle des Cometenkerns blasenartig, dem Welt-Aether undurchdringlich vorzustellen Arago im Ann. pour 1832 p. 217–220; Sir John Herschel , Astron. § 488..
Die so verschiedenartige Excentricität der elliptischen Cometenbahnen hat in neueren Zeiten (1819) zu einer glänzenden Bereicherung unserer Kenntniß des Sonnensystems geleitet. Encke hat die Existenz eines Cometen von so kurzer Umlaufszeit entdeckt, daß er ganz innerhalb unserer Planetenbahnen bleibt, ja seine größte Sonnenferne schon zwischen der Bahn der kleinen Planeten und der Jupitersbahn erreicht. Seine Excentricität ist demnach 0,845, wenn die der Juno (die größte Excentricität unter allen Planetenbahnen) 0,255 ist. Encke’s Comet ist mehrmals, wenn gleich schwierig, (in Europa 1819, in Neu-Holland nach Rümker 1822) dem bloßen Auge sichtbar geworden. Seine Umlaufszeit ist ungefähr von 3⅓ Jahren; aber aus der sorgfältigen Vergleichung der Wiederkehr zum Perihel hat sich die merkwürdige Thatsache ergeben, daß die Umläufe von 1786 bis 1838 sich auf die regelmäßigste Weise von Umlauf zu Umlauf verkürzt haben: nämlich in einem Zeitraum von 52 Jahren um 1 8/ 10Tage. Eine so merkwürdige Erscheinung hat, um nach der sorgfältigsten Beachtung aller planetarischen Störungen Beobachtung und Rechnung in Einklang zu bringen, zu der sehr wahrscheinlichen Annahme einer in den Welträumen verbreiteten, Widerstand leistenden, dunstförmigen Materie geleitet. Die Tangentialkraft wird vermindert, und mit ihr die große Axe der Cometenbahn. Der Werth der Constante des Widerstandes scheint dazu etwas verschieden vor und nach dem Durchgang durch das Perihel: was vielleicht der in der Sonnennähe veränderten Form des kleinen Nebelsternes und der Einwirkung der ungleich dichten Schichten des Welt-Aethers zuzuschreiben ist Encke in den astr. Nachr. 1843 No. 489 S. 130–132.. Diese Thatsachen und ihre Ergründung gehören zu den interessantesten Ergebnissen der neueren Sternkunde. Wenn außerdem der Comet von Encke früher den Anstoß gegeben hat die, für alle Störungsrechnungen so wichtige Masse Jupiters einer schärferen Prüfung zu unterwerfen, so hat uns auch sein Lauf später die erste, wiewohl nur genäherte, Bestimmung einer verminderten Merkursmasse verschafft.
Zu dem ersten Cometen von kurzer Umlaufszeit , Encke’s Cometen von 3⅓ Jahren, hat sich bald, 1826, ein zweiter, ebenfalls planetarischer, gesellt, dessen Sonnenferne jenseits Jupiters, doch weit diesseits der Saturnbahn liegt. Biela’s Comet hat eine Umlaufszeit von 6¾ Jahren. Er ist noch lichtschwächer als der von Encke, und rechtläufig in seiner Bewegung, wie dieser: während der Halley’sche Comet der Richtung aller eigentlichen Planeten entgegen kreist. Er hat das erste sichere Beispiel eines unsere Erdbahn schneidenden Cometen dargeboten. Die Bahn des Biela’schen Cometen ist daher eine Bahn, die Gefahr bringen kann, wenn man jedes außerordentliche, in historischen Zeiten noch nicht erlebte und in seinen Folgen nicht mit Gewißheit zu bestimmende Naturphänomen gefahrbringend nennen soll. Kleine Massen, mit ungeheurer Geschwindigkeit begabt, können allerdings eine beträchtliche Kraft ausüben; aber wenn Laplace erweist, daß dem Cometen von 1770 eine Masse zuzuschreiben ist, die 1/ 5000der Masse der Erde noch nicht erreicht, so setzt er sogar im allgemeinen die mittlere Masse der Cometen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit tief unter 7/ 100000der Erdmasse (ungefähr 1/ 1200der Mondmasse) herab Laplace , Expos. du Syst. du Monde p. 216 und 237.. Man muß den Durchgang von Biela’s Cometen durch unsere Erdbahn nicht mit einem Zusammentreffen mit der Erde oder seiner Nähe zu derselben verwechseln. Als am 29 October 1832 der Durchgang erfolgte, brauchte die Erde noch einen vollen Monat, um an den Durchschnittspunkt beider Bahnen zu gelangen. Die zwei Cometen von kurzer Umlaufszeit schneiden sich auch unter einander in ihren Bahnen; und man hat mit Recht bemerkt Littrow, beschreibende Astr. 1835 S. 274. Ueber den neuerlichst von Herrn Faye auf der Pariser Sternwarte entdeckten inneren Cometen, dessen Excentricität 0,551, perihelische Distanz 1,690 und aphelische Distanz 5,832 sind, s. Schum. astron. Nachr. 1844 No. 495. (Ueber die vermuthete Identität des Cometen von 1766 mit dem dritten Cometen von 1819 s. astr. Nachr. 1833 No. 239; über die Identität des Cometen von 1743 und des vierten Cometen von 1819 s. ebendas. No. 237.), daß bei den vielen Störungen, welche so kleine Weltkörper von den Planeten erleiden, sie möglicherweise , wenn die Begegnung sich um die Mitte des Octobers ereignen sollte, dem Erdbewohner das wunderbare kosmische Schauspiel des Kampfes: d. h. einer wechselseitigen Durchdringung, oder einer Agglutination, oder einer Zerstörung durch erschöpfende Ausströmung, gewähren könnten . Solche Ereignisse, Folgen der Ablenkung durch störende Massen oder sich primitiv kreuzender Bahnen, mag es seit Millionen von Jahren in der Unermeßlichkeit ätherischer Räume viele gegeben haben: – isolirte Begebenheiten, so wenig allgemein wirkend oder weltumgestaltend, als es in den engen irdischen Kreisen der Ausbruch oder Einsturz eines Vulkanes sind.
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