Werner Richter / Manfred Engshuber
Alexander von Humboldts Messtechnik
Instrumente – Methoden – Ergebnisse
Alexander von Humboldts
Messtechnik
Instrumente
Methoden
Ergebnisse
Prof. Dr.-Ing. habil. Werner Richter
Prof. Dr.-Ing. Manfred Engshuber
epubli
Copyright: © 2014 Werner Richter
Herstellung und Verlag: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-9056-1
Humboldts wissenschaftliche Leistungen
waren in erster Linie die Leistungen
eines Entdeckers mit dem Messinstrument.
Peter Honigmann
Bildleiste auf der Vorderseite unten: Gravur auf dem Sextant von Jesse Ramsden, den Alexander von Humboldt auf seinen Reisen in Amerika und Asien benutzt hat. Dieser Sextant wird in Straßburg aufbewahrt(Ville de Strasbourg, Conservation des Musées, Château de Rohan). Die Inschrift lautet:
Al. v. Humboldt, Amer. u. Sib. 1799-1804 und 1829.
(Quelle: bearbeitetes Detail einer Abbildung aus [3, S. 194])
Vorwort
1. Einführung
1.1. Wissenschaft und Technik um 1800
1.2. Instrumente und Methoden
1.3. Maßsysteme
2. Zeitmessungen
3. Temperaturmessungen
4. Ortsbestimmungen und Navigation
4.1 Problemkreis
4.2. Trigonometrische Ortsbestimmung
4.3. Barometrische Höhenmessung
4.4. Navigation
5. Messungen von elektrischen und magnetischen Größen
5.1 Elektrizität
5.2 Magnetismus
6. Analytische Untersuchungen
6.1. Problemkreis
6.2. Eudiometrie
6.3. Bestimmung der Luftgüte mit dem Volta’schen Eudiometer
6.4. Kohlenstoffdioxidgehalt der Luft
6.5. Luftfeuchte und Regen
6.6. Transparenz der Luft und Himmelsbläue
6.7. Gewässer-Untersuchungen im Tal von Mexiko
Schrifttum
Namensregister
Sachwortregister
Anhang: Bilder und Tabellen
Die Autoren
Fachgespräche mit Kollegen der Ingenieurwissenschaften und der Technikgeschichte über das Werk des großen Naturforschers Alexander von Humboldt führten bald auf die Frage, ob und in welchem Umfang Humboldts Forschungen auch Wechselwirkungen mit der materiellen Produktion im Verlauf der Industriellen Revolution ausgelöst haben könnten. Weitgehende Übereinstimmung herrschte darüber, dass Humboldts Hauptanliegen einer Erforschung der Natur in ihrem Gesamtzusammenhang galt. Seine Beziehungen zur Technik waren jedoch vorwiegend die eines Nutzers. Neue Techniken und Technologien zu entwickeln stand nicht im Fokus seiner Interessen, wohl aber gab er an Instrumentenbauer seiner Zeit Ratschläge zur Verbesserung ihrer Instrumente. Deren Entwicklungsstand war seinerseits abhängig von den bis dahin gesammelten naturwissenschaftlichen Kenntnissen und Erkenntnissen und unterlag ebenso den jeweils aktuellen Hypothesen noch unbekannter Zusammenhänge. Das kommt besonders in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck: Gerade dieser Zeitraum ist – neben den gesellschaftlichen Umwälzungen – geprägt von großen Fortschritten in allen Zweigen der Naturwissenschaften, im ingenieurwissenschaftlichen wie im fertigungstechnischen Bereich.
Damit ist auch das Umfeld vorgegeben und es sind die seinerzeitigen Grenzen umrissen, innerhalb derer Humboldt und seine Zeitgenossen ihre höchst arbeitsintensiven, risikoreichen und durch aufwändige Messungen gestützten Erkundungen und Beschreibungen ausführen und interpretieren konnten.
Bei unseren Recherchen in Richtung eines Einwirkens von Alexander von Humboldt auf den technischen Fortschritt und vielleicht auf noch hypothetische Zusammenhänge mit anderen Disziplinen fiel auf, dass bei den Schilderungen des Gebrauchs der verwendeten Instrumente und bei der Angabe von gewonnen Messdaten zwar oft die Termini „sehr genau“ oder „besser als“ auftauchen. Konkretere Aussagen im Sinne einer heute selbstverständlichen Angabe von relativen Unsicherheiten sind selten und dann oft nur verbaler Art. Interessant wäre sicher auch die mathematische Aufarbeitung der von Humboldt aufgezeichneten und oft erst später ausgewerteten Messdaten. Diese stehen ihrerseits oft in engem Zusammenhang mit den astronomischen und geografischen Berechnungen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Darauf einzugehen würde unseren Wirkungskreis überschreiten.
Wir beschränken uns deshalb vorwiegend auf Aussagen über die von Humboldt auf seinen Reisen benutzten Instrumente und Methoden zur Erfassung der vielen Orts- und Klimadaten und deren messtechnischen Eigenschaften. Gerätebeschreibungen in früheren Publikationen (incl. der in den Humboldt’schen Aufzeichnungen) sollen dabei weder kopiert noch variiert werden, sondern es wird eine Abschätzung der Gütemerkmale aus heutiger ingenieurwissenschaftlicher Sicht versucht. Im Vordergrund stehen dabei die von Humboldt genutzten Methoden und Techniken, mit denen er gesicherte Messergebnisse erreichen wollte und auch erzielte, diese kritisch bewertete und mit anderen Angaben verglich.
Eine solche Betrachtung erfordert allerdings auch Rückgriffe auf den in den 17./18./19. Jahrhunderten existierenden Kenntnisstand in den Naturwissenschaften, deren Teildisziplinen und über die verfügbare Technik. Dabei notwendig erscheinende Reflexionen auf manche Unsicherheiten und Fehldeutungen von Gelehrten der damaligen Zeit sind vielleicht sogar geeignet, die Bewertung der Gesamtleistung Humboldts um einige Nuancen zu erweitern – wohlgemerkt aus unserer ingenieurtechnisch geprägter Sicht, und ohne Bezüge auf die vielen botanischen, zoologischen, ethnographischen oder soziologischen Aspekte in seinen Arbeiten.
Für Natur- und Technikwissenschaftler wird manche Rückschau vielfach Bekanntes wiederholen. Wir wollen damit aber auch Lesern anderer Disziplinen das schon damals breite Wissensspektrum erläutern, mit dem sich Humboldt befassen musste, um seine großen Vorhaben in Angriff nehmen und ausführen zu können.
Ergiebige Quellen für unsere Betrachtungen waren – neben der Fülle an Literatur von und über Alexander von Humboldt – speziell seine Reisetagebücher, die Frau Dr. Margot Faak systematisch erschlossen hat [1], sowie zwei neuere Bücher von F. Brandt [2] und M. Schöppner [5]. Für diese für uns äußerst wertvollen Vorarbeiten gebührt den Autoren und Herausgebern unser herzlicher Dank.
Ebenso danken wir ausdrücklich Herrn Dr. Ingo Schwarz von der Alexander-von-Humboldt-Forschungsstelle der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Berlin, und Frau Univ.-Prof. (i.R.) Dr. Dr. Dagmar Hülsenberg, Ilmenau für die fördernde Begleitung, ohne die eine solche von uns beabsichtigte Arbeit nicht zu bewältigen gewesen wäre. Gleichermaßen danken wir Herrn Prof. Dr. Andreas Hebestreit, Leipzig, Frau Dr. Anke Richter, Rossendorf und Herrn Freiherr Georg von Humboldt, Bammenthal für wertvolle helfende Hinweise.
Döbeln und Ilmenau, im März 2014
Werner Richter, Manfred Engshuber
1. Einführung
1.1. Wissenschaft und Technik um 1800
Der Zeitraum ab Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis weit in das neunzehnte Jahrhundert hinein war geprägt von Veränderungen in der Gesellschaft, deren Abfolge und Wirkungsbreite im wahren Wortsinne nachhaltig gewesen ist. Solche Veränderungen werden berechtigt als Revolutionen bezeichnet, seien es die Französische Revolution, die bürgerlichen Revolutionen in anderen Ländern oder die Industrielle Revolution. Derart große gesellschaftliche Umwälzungen blieben verständlicherweise nicht ohne Auswirkungen auf Wissenschaft und Technik. So befand sich die Produktion materieller Güter ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ebenfalls in einer revolutionären Umbruchphase. Der Übergang von der überwiegend manuellen Fertigung in Manufakturen, die in Handarbeit Luxus- und Konsumgüter (Gobelins, Porzellan, Glaswaren, Nähnadeln, Lederwaren, Waffen) herstellten, hin zur maschinengestützten Serienproduktion ist ein wesentliches Kennzeichen der Industriellen Revolution. Weitere und nicht weniger bedeutende Aspekte sind neben der Umwälzung der sozialen Verhältnisse die radikalen Veränderungen der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumgebungen in bis dahin nicht bekanntem Umfang.
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