Die Dons nutzten ihre letzte Chance und feuerten noch einmal ihre Kanonen ab. Sie trafen das Piratenschiff tödlich, doch es war zu spät. Immer mehr Männer schwangen sich an Brassen, Schoten und Gordings auf die Galeone und stürzten sich mit wütendem Geheul auf die Spanier.
Ein Kampf ohne Erbarmen entbrannte. Beide Seiten wußten, daß es nur eines gab: Siegen oder sterben.
Hasard kniff die Augen zusammen. Noch nie hatte er Männer mit solcher Grausamkeit kämpfen gesehen. Verwundete Spanier wurden erschlagen und über Bord geworfen. Das Deck der Galeone wurde in ein Meer von Blut getaucht.
Im grünen Wasser tauchten die ersten Finnen von Haien auf. Die blutrünstigen Raubfische stürzten sich auf die Toten und Verwundeten und zerrissen ihre Körper innerhalb von Sekunden. Das Meer färbte sich rot und schien zu kochen.
Das Grauen kroch. Hasard den Rücken hoch. Zum erstenmal, seit er die Klippen im Süden der Bucht umschifft hatte, fragte er sich, ob er nicht einen Fehler begangen hatte, als er sich entschloß, den Piraten gegen die Spanier zu Hilfe zu eilen.
Er wandte sich ab und befahl Ben Brighton, zur zweiten Galeone hinüber zu segeln, die von den Männern der „Isabella“ erobert worden war. Er wollte von dem Gemetzel nichts mehr sehen. Ihm war klar, daß kein Spanier an Bord der Galeone überleben würde.
Ben Brighton segelte zur anderen Galeone hinüber und legte in Lee an.
Als Hasard sah, daß dieses Schiff acht Geschütze an jeder Seite führte, wurde er für einen Moment ziemlich blaß. Zum Glück hatten sich die Spanier nur auf die zur See weisenden Steuerbordkanonen konzentriert, sonst hätte vielleicht ein Schuß genügt, um die „Isabella“, die immer noch die Pulverladung in ihrem Rumpf trug, in den Himmel zu blasen.
Die Entermannschaft der „Isabella“ hatte die überlebenden Spanier auf dem Quarterdeck zusammengetrieben. Karl von Hutten, der Deutsche, den Hasard aus spanischer Gefangenschaft befreit hatte, unterhielt sich mit einem Mann, der der Erste Offizier zu sein schien. Als er Hasard an Bord der Galeone steigen sah, unterbrach er sein Gespräch und stieß den Spanier auf Hasard zu.
„Der Kapitän ist tot“, sagte von Hutten. „Er wurde von einer Spiere erschlagen. Das hier ist der Erste Offizier. Die Galeone ist als Geleitschutz für den Handelsfahrer dort drüben eingesetzt, der eine Ladung Silberbarren aus den chilenischen Bergwerken nach Porto Bello bringen soll.“
Hasard nickte grimmig. So war nun mal der Lauf der Welt. Er hatte mit seinem riskanten Manöver die Entscheidung in diesem Kampf herbeigeführt, und die anderen, die schon verloren gewesen waren, hatten ihm die große Beute unter der Nase weggeschnappt.
Er blickte hinüber zur anderen Galeone, auf der sich die siegreichen Piraten jubelnd in den Armen lagen. Hasard sah, wie ein Mann vom Besanmast des Piratenschiffes losgebunden und mit gefesselten Händen hinüber an Bord der spanischen Galeone gebracht wurde. Dann wurden die Anker eingeholt, und die Galeone trieb ein Stück von dem sinkenden Piratenschiff weg.
Nachdem das Piratenschiff abgesoffen war, ließen die Piraten die Anker der Galeone wieder zu Wasser. Wahrscheinlich würden sie jetzt erst einmal das Schiff durchsuchen und dann ihre Beute feiern.
„Bringt die Spanier an Land“, befahl Hasard. „Wer Widerstand leistet, wird über Bord geworfen. Dann kann er sich mit den Haien auseinandersetzen.“ Karl von Hutten übersetzte Hasards Worte grinsend ins Spanische. Er gab dem Ersten Offizier einen Tritt in den Hintern und drängte ihn hinunter in die Kuhl, in der kaum ein Stück Holz heilgeblieben war.
Schweigend stiegen die Spanier in das Boot, das die Männer der „Isabella“ zu Wasser gelassen hatten. Sie hatten das Massaker an Bord des Handelsfahrers ebenfalls verfolgen können, und sie waren froh, daß sie nicht das gleiche Schicksal erleiden mußten.
Hasard blickte zur Siedlung hinüber, die aus ein paar Steinhäusern und einer Menge Hütten bestand. Er glaubte einen Zug von Menschen zu sehen, der sich ins Landesinnere flüchtete. Wahrscheinlich befürchteten die Bewohner von Puerto de Caldera, daß die Angreifer ihre Stadt plündern würden, nachdem sie die beiden Galeonen erobert hatten.
Hasard rief Ben Brighton und Ferris Tucker zu sich.
„Schaut euch um, was wir von diesem Schiff gebrauchen können“, sagte er. „Auf jeden Fall nehmen wir die sechs Drehbassen mit. Die Achtzehnpfünder sind für die ‚Isabella‘ sowieso zu schwer.“
„Aye, aye“, sagte Ferris Tucker und jagte die Männer unter Deck, um nachzusehen, was alles an brauchbaren Sachen für die „Isabella“ zu finden war.
Hasard war zur Steuerbordreling hinübergegangen und blickte zu dem Handelsfahrer. Dort war inzwischen Ruhe eingekehrt. Auf dem Quarterdeck schritten die Männer hin und her. Ein Mann mit einer seltsamen Kopfbedeckung wurde wieder an den Besanmast gebunden. Es schien Hasard, als begänne dort drüben eine Gerichtsverhandlung, aber das interessierte ihn nicht. Er überlegte, wie er den Piraten die Beute abjagen konnte, ohne das Leben eines seiner Männer aufs Spiel zu setzen.
Er wußte, daß es nicht leicht sein würde.
Er verzog die Lippen zu einem Lächeln.
Ben Brighton würde sagen, daß es unmöglich wäre. Aber für Hasard gab es nichts, was unmöglich war, bevor er es nicht ausprobiert hatte.
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