"Nein, das wusste niemand. Ich bin als jemand aufgetreten, der selbst in der Organisation von 'The Virus' als kleiner Mittelsmann arbeitete. Ein Finanzmakler eben. Vonda hat das auch gedacht. Ich habe sie für die Organisation gewonnen... Aber das ist ein anderes Kapitel."
"Desmond Cole war mit einem Geldkoffer unterwegs..."
"Er war bei den Jobs dieser Art zuvor sehr zuverlässig gewesen. Dann kam der Deal mit Lee Kuan. Die Summe überstieg alle bisherigen Geschäfte dieser Art. Da ist Cole zu gierig geworden. Er dachte, er könnte mit dem Geld verschwinden und sich notfalls den Weg freischießen."
"Da haben Sie ihm eine Mannschaft von Gorillas auf den Hals geschickt."
"Ja.
"Und was war Vondas Rolle? Wir wissen, dass sie Cole erschossen hat."
"Ich war ihr gegenüber zu vertrauensselig. Wir haben uns kennengelernt und ich dachte... Ich dachte, dass sie mich liebt!" Er zögerte, ehe er weitersprach. "Das war wohl ein ein Irrtum. Vonda hat mitgekriegt, dass Cole der Geldbote bei den Deals war. Und dann muss sie zusammen mit Levonian den Plan gefasst haben, sich einfach an den Geldboten zu heften und zuzufassen, wenn's sich richtig lohnt. Meine Jungs wären ihr beinahe noch rechtzeitig dazwischengefunkt. Naja, ihr Komplize Levonian wollte dann wohl nicht mit ihr teilen..."
"Warum hat Levonian nicht einfach die Stadt verlassen?"
"Weil er wusste, dass 'The Virus' ihn finden würde... Er hat ziemlich lange gebraucht herauszufinden, dass ich hinter diesem Namen steckte..."
"Was war mit Mark Sorello und Max O'Flaherty?", fragte ich nach einer Pause.
"BigByte und SmartMax..."
"Ja, genau."
"Zwei kleine Hilfsesel für 'The Virus' - aber nicht ganz unbegabt."
"Wir haben den Killer, der Sorell auf dem Gewissen hat. Wenn er erfährt, dass 'The Virus' verhaftet wurde und ihn nicht bedrohen kann, wird er reden..."
"Schon möglich..." Er atmete tief durch. Seine Augenbrauen zogen sich etwas zusammen. Er wirkte erschöpft. "Lee Kuan hat die beiden auf seine Seite gezogen. Sie sollten wohl herauskriegen, wer 'The Virus' ist. Bei Sorello bin ich mir da jedenfalls sicher."
"O'Flaherty wusste offenbar Bescheid."
"Ja..."
"Wir haben ihn übrigens in Chinatown gefunden."
"Es gibt keinen Zufall, Agent Trevellian. Es gibt ihn einfach nicht..." Er versuchte sich aufzurichten, sank aber wieder zurück in die Kissen, schloss dann für einige Augenblicke die Augen. Er atmete schwer. Dann brachte er schließlich heraus: "Sie schalten Lee Kuan aus, nicht wahr? Sie haben es mir versprochen..."
"Ob ich ihn ausschalten kann, hängt von der Qualität des Materials ab, dass Sie über ihn gesammelt haben."
"Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Trevellian! Ganz bestimmt nicht!"
Mit großem Aufgebot wurde Lee Kuans Haus in der Bayard Street umstellt. Kollegen der City Police unterstützten uns dabei.
Mit einer ziemlich großen Übermacht von G-men stürmten wir in das Haus. Etwa ein Dutzend bewaffneter Leibwächter empfing uns. Aber sie waren vernünftig genug, unserer Aufforderung, die Waffen niederzulegen nachzukommen.
Mister Lee Kuan war ziemlich empört, als wir ihm seine Rechte vorlasen und die Handschellen klickten.
"Geheimdienstliche Tätigkeit für eine fremde Macht ist nach wie vor strafbar", sagte ich ihm ruhig ins Gesicht. "Pech für Sie, dass 'The Virus' Ihre Tätigkeit sehr sorgfältig dokumentiert hat. Sie haben Zugangscodes zu den Rechnern des Pentagon an den chinesischen Geheimdienst verkauft..."
"Das dürfte im Einzelnen schwer nachzuweisen sein, G-man!", höhnte Lee Kuan.
"Möglich. Aber es reicht, um Sie erst einmal in Untersuchungshaft zu nehmen. Da macht jeder Richter mit. Und für Ihre Anwälte wird es ein hartes Stück Arbeit, Sie da mit einem blauen Auge davonkommen zu lassen!"
Lee Kuan rang nach Luft.
"Sie werden das bereuen, dafür sorge ich... Sie wissen ja gar nicht, wie weit mein Einfluss reicht!"
"Es haben mir schon ganz andere gedroht, Mister Lee Kuan. Das beeindruckt mich wenig", gab ich gelassen zurück. Ich zeigte ihm sowohl den Haft- als auch den Durchsuchungsbefehl.
"Möglicherweise können wir Sie aber auch noch wegen Mordes festnageln, Lee Kuan."
"Wegen Mordes?"
"Ja - beziehungsweise dem Auftrag dazu. Die juristische Wertung ist mir in dem Fall gleich. Es geht um einen Mann namens Max O'Flaherty. Ein junger Kerl. Ich nehme an, dass er hier war."
"Nie gehört."
"Wir haben bei ihm einen falschen australischen Pass auf den originellen Namen John Smith gefunden", mischte sich Milo ein. "Es muss ihn jemand geholfen haben, so ein Ding zu bekommen."
"O'Flaherty hat für Sie als Gegenleistung wohl herausfinden müssen, wer 'The Virus' ist", fuhr ich fort. "Und dann wurde er eiskalt abserviert..."
"Beweise!", knurrte Lee Kuan. "Was Sie haben ist doch nur Gerede!"
Die Beweise kamen bei der Haussuchung zu Tage.
Insbesondere fanden sich Proben jenes Giftes, dass der Gerichtsmediziner inzwischen in O'Flahertys Blut nachgewiesen hatte. Eine schöne Gespielin des großen Bosses namens Terry brauchten wir nur etwas zusetzen, dann bestätigte sie O'Flahertys Anwesenheit in Lee Kuans Haus. Ein Haus im übrigen, das beinahe vollständig videoüberwacht war. Bis auf die Sanitärräume. Ich stellte mir vor, wie Max O'Flaherty dort die Gelegenheit genutzt und jene paar Wörter auf seine Fußsohlen geschrieben hatte, die uns letztlich auf die Spur seines Mörders gebracht hatten. Er musste geahnt haben, dass Lee Kuan ihn eiskalt über die Klinge springen lassen wollte.
Die Verhaftung Lee Kuans machte einige Schlagzeilen.
Außerdem eine paar kleine diplomatische Verwicklungen, weil Lee Kuans Kontaktleute beim chinesischen Geheimdienst über Diplomatenpässe verfügten und in der Washingtoner Botschaft sowie in der UN-Botschaft in New York beschäftigt waren. Sie wurden ausgewiesen. Es wurmte mich, dass man an diese Leute auf Grund der diplomatischen Immunität nicht heran konnte, aber so waren nun einmal die Gesetze.
George Drake wurde zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Er saß sie unter falscher Identität in einem anderen Bundesstaat ab.
"Möglicherweise ist er im Knast sogar sicherer als draußen ", meinte Milo, als wir später noch einmal über den Fall sprachen. "Schließlich dürfte sein Ruf beim chinesischen Geheimdienst noch auf Jahre hinaus nicht der Beste sein..."
"Ich hoffe nur, dass niemand auf die Idee kommt, diesem Kerl etwa die Verwaltung des Bibliothekscomputers seiner Haftanstalt oder etwas ähnliches zu überlassen...", erwiderte ich.
Milo grinste breit. "In dem Fall würden wir sicher davon hören", meinte er und trank seinen Kaffee leer.
ENDE
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