Michael Davis vom Catholic Herald hat Robert Richter in The Spectator dafür kritisiert, dass er mich nicht in den Zeugenstand gerufen hat. 12Das ist falsch dargestellt worden, da ich die Entscheidung selbst getroffen habe.
Bis zur Hälfte des ersten Verfahrens war ich davon ausgegangen, dass ich in den Zeugenstand gerufen würde, doch Robert erklärte mir, dass er sich grundsätzlich nicht darauf einlasse und dass sich bisher nur ein einziger Mandant nicht an seinen Rat gehalten habe. Ich war erleichtert und habe nie viel darüber nachgedacht.
Frank Brennan wollte die ganze Zeit, dass ich in den Zeugenstand treten sollte, vor allem nachdem die Geschworenen nicht zu einem Mehrheitsurteil gekommen waren. Schließlich entschied ich mich doch dafür auszusagen, obwohl das ganze Anwaltsteam und meine eigenen Berater dagegen waren. Terry Tobin 13schloss sich meinem Standpunkt an.
Erst nachdem der Staatsanwalt sich mit Charlie Portelli und insbesondere Max Potter 14befasst hatte, beschloss ich, nicht in den Zeugenstand zu treten. Ich war so verärgert darüber, wie die beiden behandelt worden waren, dass ich befürchtete, mein grimmiges Auftreten könnte aus einem mutmaßlichen Mehrheitsvotum für meinen Freispruch ein Unentschieden werden lassen. Dabei bin ich allerdings von ziemlich falschen Voraussetzungen ausgegangen.
Ich kann mich über Richters Arbeit nicht beklagen. Forensisch betrachtet haben wir den Prozess klar gewonnen und meiner Meinung nach hat er das im zweiten Verfahren eindrucksvoller demonstriert als im ersten. Robert ist ein Freund, den ich bewundere, ein herausragender QC 15, der über das »absurde Urteil«, wie er es nennt, sehr aufgebracht ist und sich auf der Titelseite von The Age zu seinem Glauben an meine Unschuld bekannt hat. 16Es ist weder für mich noch für das ganze Anwaltsteam erklärlich, wie und mit welcher Logik die Geschworenen zu einem einstimmigen Schuldspruch gekommen sind. Philip Breenes Artikel in The Spectator vom 9. März über Joh. Bjelke-Petersen erklärt vermutlich, was in meinem Fall geschehen ist. 17Die öffentliche Meinung war einfach zu feindselig.
Gott, unser Vater, ich weiß nicht, wie viele Menschen im Lauf der Jahrhunderte überall auf der Welt genau wie dein Sohn ungerecht verurteilt worden sind. Sorge du für diese Opfer. Ich bete für unser Rechtssystem hier in Australien, dass alle Verantwortlichen sich gewissenhaft für die Gerechtigkeit einsetzen, und ich bete insbesondere für all meine australischen Landsleute, die zu Unrecht verurteilt worden sind.
Mittwoch, 20. März 2019
Ein ungewöhnlicher Tag, auch wenn die Abläufe sich ein klein wenig normalisiert haben. Beim Frühstück teilte mir der Wachmann mit, was ich ihn auch schon zu meinem unbekannten Zellennachbarn hatte sagen hören (wir sind zu zwölft in diesem Trakt, aber ich habe noch keinen der anderen Häftlinge zu Gesicht bekommen), nämlich dass das Gefängnis heute geschlossen bleiben und unter Quarantäne gestellt würde. Ich bedankte mich für die Information und dachte im Stillen, dass dies bei den allermeisten Häftlingen wohl nicht gut ankommen würde, wenn sie wieder den ganzen Tag in der Zelle verbringen müssten.
Ganz überraschend wurde ich um 11.30 Uhr gefragt, ob ich einen Hofgang machen wolle, weil die Quarantäne in unserem Trakt, in dem niemand Grippe hat, aufgehoben worden sei. Mein Husten hat nachgelassen und wurde trockener, und natürlich freute ich mich, 35 Minuten lang an die frische Luft zu kommen, auch wenn die Telefone nicht benutzt werden konnten. Gestern bin ich einmal pro Stunde oder alle zwei Stunden jeweils 100 Schritte auf der Stelle getreten, aber das ist nicht dasselbe wie ein Hofgang, auch wenn der Bereich begrenzt und etwas heruntergekommen ist. Es war warm, also habe ich meine Strickjacke ausgezogen, und trotz des bedeckten Himmels war es schön, draußen zu sein. Mein Gefängnisoberteil muss dringend gewaschen werden (das haben sie mir für morgen versprochen), deshalb habe ich unter der alten dunkelblauen Strickjacke mein langärmliges blau-weißes Hemd getragen. Ich muss sagen, durch den Wechsel habe ich mich ein bisschen besser gefühlt.
Vor etwa einer Woche hat mich eine der Dominikanerinnen aus Ganmain, die früher als Physiotherapeutin gearbeitet hat, darauf hingewiesen, dass ich nicht vergessen sollte, meinen Oberkörper zu trainieren. Bis dahin hatte ich nichts dergleichen getan, aber seither mache ich regelmäßig ein paar einfache Übungen.
Wieder 25 bis 30 Briefe, darunter auch schöne lange von Rebecca und Georgie und ein paar unerwartete Seiten von Margaret. Georgie sandte mehrere Vorschläge und ein Quiz, sodass ich meine Hausaufgaben machen muss, ehe ich sie am Montag treffen werde.
Die Briefe sind natürlich ermutigend und viele davon geben Zeugnis von einem tiefen Glauben. Eine richtige Wohltat. Einige danken mir für die Maßnahmen, die ich ergriffen habe, um den Glauben in der Gemeinschaft zu stärken, und ich bin dankbar dafür, dass das anerkannt und die jeweiligen Initiativen auch erkannt werden. Das Wachstum kommt von Gott, aber die Maßnahmen waren gut gemeint und stimmig und, davon bin ich zutiefst überzeugt, im Einklang mit den einzigen Strategien, die möglicherweise eine Stärkung bewirken können. Wir hatten magere Jahre, und Gebet, Rechtgläubigkeit und Loyalität sind keine Garantie für echtes Wachstum. Wir müssen jedoch mit dem Weinstock verbunden bleiben, und ohne Glauben, Gebet und Opfer werden wir ganz sicher keine echte Vitalität erlangen.
Zu viele, sogar einige Bischöfe, haben sich schon zu sehr mit dem Niedergang abgefunden, und manche wissen nicht einmal, wo das Schlachtfeld ist. Einige der Funktionäre, die an der bevorstehenden Vollversammlung 2020 teilnehmen werden, gehören zu dieser Kategorie. Wenn die Dinge schieflaufen, könnte die Vollversammlung letztlich einen Erdrutsch auslösen, der in einem ähnlichen Zusammenbruch endet wie in Quebec, den Niederlanden und Belgien. Doch die jungen Priester, die jungen Ordensfrauen (soweit vorhanden) sind gläubig, Menschen des Gebets, die wissen, wo das eigentliche Spiel ausgetragen wird. Und – das ist überwältigend – auch die kleinere Zahl der jungen Erwachsenen, die regelmäßig den Gottesdienst besuchen, ist gläubig und fromm.
Die Situation ist heute beinahe das Gegenteil von der Lage gleich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, als wir, die jungen Priester und Ordensleute, alle »progressiv« waren und uns den Konzilsreformen verpflichtet fühlten. Erst nach und nach zeichneten sich die Unterschiede zwischen denjenigen, die sich an den Wortlaut der Konzilsdokumente halten wollten, und denjenigen, die die Texte für bloße Kompromisse hielten, die man als Sprungbretter für andere, »bessere« Optionen nutzen konnte, ab. 30 000 Männer gaben ihr Priesteramt auf und die Zahl der Ordensleute, die ihren Orden verließen, war noch größer. Ratzinger, de Lubac, Daniélou und von Balthasar 18haben deutlich gemacht, wo die Grenze zwischen Kontinuität und Bruch verläuft.
Eine Briefschreiberin teilte mit, dass die von mir ergriffenen Maßnahmen ihr Leben gerettet hätten. Deo gratias . Jim Wallace 19hat ebenfalls einen Beitrag verfasst und unser Rechtssystem nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst.
Meine Betrachtung heute Morgen war ein kleines Desaster, weil ich in zwei Drittel der festgesetzten Zeit und auch noch 20 Minuten darüber hinaus gedöst habe. Ich erinnere mich nur noch verschwommen, aber ich meine, die »Kleine Blume«, die heilige Therese von Lisieux, hätte gesagt, auch der Schlaf sei ein »gültiges« Gebet, denn auch wenn das Fleisch schwach ist, sei doch die Absicht gut. 20
Eine Dame deutete an, dass der Herr mich für McCarrick Buße tun lasse, dem ich viele Male begegnet bin. 21Ich wäre glücklich, wenn ich dazu einen kleinen Beitrag leisten könnte, denn er hat großen Schaden angerichtet, der durch die Vertuschung und durch sein Comeback nach Benedikts Rücktritt noch vergrößert worden ist. Sie hofft auch, dass ich nicht so schlecht behandelt werde wie der heilige Johannes vom Kreuz, als ihn seine Ordensbrüder in den Kerker steckten. Ich werde nicht schlecht behandelt.
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