Fragen Sie ab, wer in der Klasse welche Sprachen beherrscht. Sollten Schüler oder Schülerinnen anwesend sein, die andere außer der deutschen Sprache auch schriftlich beherrschen, lassen sie diese einen einfachen Satz in dieser Sprache an die Tafel schreiben. Verwenden Sie dafür freie Sätze oder gern auch eine Sentenz aus entweder dem Gedicht von Farrokhsād oder dem Prosagedicht, zum Beispiel:
„Niemand wird mich der Sonne vorstellen.“
„ob die sonne schien.“
Sammeln Sie im Anschluss gemeinsam weitere Sprachen, die anders als linksbündig notiert werden oder weitere Charakteristika aufweisen, die sie von der Notation der deutschen Schrift unterscheiden:
Mandarin, Koreanisch, Japanisch werden meist von oben nach unten geschrieben, wobei die Spalten von rechts nach links angeordnet sind.
Hebräisch, Arabisch, Persisch (semitische Schriften) werden von rechts nach links geschrieben (waagerechte linksläufige Schriften).
Tigrinya (auch eine semitische Schrift) wird waagerecht rechtsläufig, also von links nach rechts geschrieben.
Auf dem Lateinischen beruhende Schriften (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch etc.) werden meist von links nach rechts geschrieben (waagerechte rechtsläufige Schriften).1
Hinweis
Die folgende Aufgabe lässt sich besser realisieren, wenn Sie mit der Klasse an Rechnern arbeiten können.
Fordern Sie die Schüler und Schülerinnen auf, aus den beiden, ihnen vorliegenden Gedichten insgesamt drei Wörter (Reizwörter) auszuwählen.
Fordern Sie die Schüler und Schülerinnen auf, die ausgewählten Wörter in ein Prosagedicht einzuarbeiten, das einen wie auch immer gearteten, thematischen Bezug zu einem Land aufweist, in dem eine waagerecht linksläufige Schrift verwendet wird und dieses Gedicht rechtsbündig zu verfassen.
Weisen Sie darauf hin, dass die Schüler und Schülerinnen jederzeit von der Vorlage des Prosagedichts abweichen und zum Beispiel auch Reime oder sinnvolle Umbrüche verwenden können (allerdings nicht müssen!).
Geben Sie der Klasse – je nach Leistungsstand – zwischen 20 und 30 Minuten Zeit für diese Aufgabe.
Lesung mit freiwilligen Beiträgern und Beiträgerinnen.
Lassen Sie die Schüler und Schülerinnen am Ende dieses Blockes die Fragen und Themenkomplexe rekapitulieren, die Sie bis hierher besprochen und geklärt haben.
Falls Sie eine Klassenarbeit oder Tests durchführen müssen, lassen sich diese Punkte sehr gut dafür verwenden, bewerten Sie aber nicht die Ergebnisse der Texte, die die Schüler und Schülerinnen verfasst haben:
Wofür könnte Rechtsbündigkeit in einem deutschsprachigen Prosagedicht Verwendung finden? (Fallen den Schülern und Schülerinnen noch weitere mögliche Gründe für eine solche Verwendung ein, oder anders: Was könnte Rechtsbündigkeit in der deutschen Schriftsprache noch repräsentieren und wie ließe sich das kontextuell verdeutlichen?)
Inwieweit ist die durchgehende Kleinschreibung ein Stilmittel in der deutschsprachigen Literatur? Welche bereits verstorbenen Autoren oder Autorinnen haben sie manchmal verwendet und warum? Welche zeitgenössischen, lebenden Autoren und Autorinnen verwenden sie manchmal und warum?
Welche weniger offensichtlichen Gründe kann es für eine von der offensichtlichen Logik abweichende Verwendung von Satzzeichen in einem literarischen Text geben? Und an welchen kontextuellen Verfahren in einem Text lässt sich das verdeutlichen?
Was ist ein Prosagedicht?
Lassen Sie die Schüler und Schülerinnen zu Beginn dieses dritten Blockes noch einmal rekapitulieren, welche Fragen bis hierher besprochen und geklärt, welche aber auch noch offen sind. Im diesem dritten und letzten Block bringen wir eine zusätzliche Ebene der Intertextualität ins Spiel und außerdem alle losen Enden zusammen. Teilen Sie das Ihren Schülern und Schülerinnen gern mit, wenn es losgeht.
Sie werden bald feststellen, dass eigentlich nur noch eine Frage, nämlich die nach dem Berg, offen ist.
Schreiben Sie den „Berg-Satz“ aus dem Prosagedicht an die Tafel
ob ich den berg in wahrheit überhaupt sehen konnte.
und lassen sie die Schüler in Gruppenarbeit herausfinden, was uns diese neun Worte tatsächlich sagen. Geben Sie den Gruppen nicht mehr als 10 Minuten Zeit dafür und tragen Sie die Ergebnisse anschließend im Plenum an der Tafel zusammen. Das Ergebnis wird sehr wahrscheinlich ziemlich eindeutig ausfallen:
Es scheint, als ob die Stimme einst behauptet oder geglaubt habe, diesen Berg gesehen zu haben, als ob sie sich aber nun frage, ob das überhaupt (!) stimmt. Ob sie sich nicht geirrt habe. Oder sogar, ob sie nicht eine Lügnerin gewesen sein könnte. Eine Erfinderin, Er-Dichterin eines Umstands, eines Ereignisses, das so nie stattgefunden hat, das aber gleichwohl vielleicht so hätte stattfinden können und möglicherweise sogar wirklich so stattgefunden hat. Wir wissen es nicht. Sie scheint es selbst nicht (mehr?) zu wissen.
Was hat es mit diesem Berg bloß auf sich?
Das Gedicht verrät es uns nicht. Vielleicht aber tut es ein anderer Text derselben Autorin.
Je nachdem wie Sie gewöhnlich in der Klasse mit der Lektüre etwas längerer Texte verfahren, lesen Sie Sediment 1 vor oder lassen Sie die Schüler und Schülerinnen den Text eigenständig lesen.
Klären Sie unbekannte Worte, möglicherweise und je nach Klassenzusammensetzung zum Beispiel:
Sediment
Tränenpalast
Spree
schmiedeeisern
Brecht-Theater
Teheran
Betäubungsmittel
Altstadtkern
trockenwohnen
Petroleumofen
inhalieren
usw.
II. Schreibarbeit
II.1
Schreibübung 1
Lassen Sie die Schüler und Schülerinnen eine maximal einseitige Zusammenfassung der Gegenwartshandlung des gelesenen Textes schreiben. Geben Sie dafür nicht mehr als 20 Minuten Zeit. Es soll nur die Haupthandlung wiedergegeben werden. Sie ist überaus schlicht:
Die Ich-Erzählerin steht in Berlin auf der Weidendammer Brücke. Von dort aus sieht sie einen Berg namens Damâwand auf der Spree. Angesichts dieser Erscheinung, Einbildung, Halluzination, Fantasie schweifen ihre Gedanken ab und folgen einer Reihe von Erinnerungen. Am Ende des Textes lenkt der Anblick von Zirkusleuten und eines Esels ihre Gedanken wieder in die Gegenwart.
Tragen Sie die Ergebnisse an der Tafel zusammen beziehungsweise lassen sie Freiwillige vorlesen.
Lassen Sie die Schüler und Schülerinnen einen freien Text darüber schreiben, was der Berg in der Erzählung „tut“ (zum Beispiel: „er kommt und geht“) und was er bewirkt (zum Beispiel „er evoziert in Berlin Bilder, die offensichtlich nicht nach Berlin, sondern nach Teheran gehören). Sie können dafür Wendungen aus dem Text verwenden, sollen sie dann aber mit Anführungszeichen als Zitate markieren.
Tragen Sie die Ergebnisse an der Tafel zusammen beziehungsweise lassen Sie Freiwillige vorlesen.
Fragen Sie die Schüler und Schülerinnen, ob dieser Text ihrer Meinung nach eine Korrespondenz zu der im Prosagedicht aufgeworfenen Überlegung aufweist, die Ausgangspunkt dieses Arbeitsblocks war:
Was hat es mit dem Berg auf sich, den der Ich-Erzähler/die Ich-Erzählerin (das lyrische Ich) des Prosagedichts vielleicht gesehen oder aber vielleicht auch nicht gesehen hat.
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