»Was soll ich sagen? Ich liebe die Damen nun mal. Als ich im Gefängnis anfing, traf ich dieses Mädchen namens Lily. Sie war heiß, aber nicht sehr klug. Dann war da noch Melissa. Sie war so klug, dass sie verdammt arrogant und nervig war. Dann war da noch Alice. Du kennst sie.«
Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, von wem er sprach. »Alice Jacobsen?« Sie war eine Wärterin in Seely, die mit einer Reihe von Mitarbeitern zusammen gewesen war. Einige Leute nannten sie eine Hure, aber das hätte dann genauso gut auf mich zugetroffen. Ich glaubte nicht an das sexistische Vorurteil, dass ein Mann mit vielen Affären ein Hengst war, aber eine Frau, die dasselbe tat, eine billige Schlampe.
»Sie war wild.« Davis lachte. »Zu wild für mich. Und das sagt eine Menge.«
Ich wollte nichts mehr über sein Sexualleben hören, also konzentrierte ich mich auf meinen Teller und begann, zu essen.
Er nahm einen Bissen von dem Steak und ein glückliches Lächeln erhellte sein Gesicht. »Oh Mann, das ist köstlich. Verdammt, Kash, wenn du immer so kochst, würde ich dich heiraten.«
»Nun, ich koche immer so, aber ich glaube nicht, dass ich dein Typ bin. Dieses Ding zwischen meinen Beinen ist im Weg.«
»Ja, da ist was dran. Aber es ist wahrscheinlich ein kleines Ding und du hast ja noch ein Loch.« Unsere Blicke trafen sich und er grinste.
»Da ist mit Sicherheit nichts Kleines zwischen meinen Beinen, Davis. Darauf kannst du wetten.«
Normalerweise hasste ich das Machogeplänkel zwischen zwei Heteros, aber mit Davis machte es Spaß. Ich machte mir vielleicht etwas vor, dass er flirtete und nicht nur neckte, aber es gab mir zumindest ein bisschen Hoffnung.
»Dein Lieblingsinsasse wünscht dich zu sprechen«, sagte Davis, als er am Donnerstagmorgen von der ersten Runde mit den Frühstückstabletts zurückkam.
»Mister Unbeugsam?«
Davis nickte und ich kicherte. Als wir alle anderen versorgt hatten, schlenderte ich zu Zelle 6. »Guten Morgen, Ibeabuchi, was kann ich für Sie tun?«
Er verzog das Gesicht und vermied es, mich anzusehen. »Ich bin am Verhungern.«
»Sind Sie jetzt bereit, Befehle zu befolgen?«
Er nickte.
»Wenn wir auf dieser Seite fertig sind, kommen wir wieder zu Ihnen.« Er protestierte, aber ich unterbrach ihn. »Ein Wort der Beschwerde und Sie werden den ganzen Tag auf Ihr Essen warten.«
Der Häftling hielt schnell den Mund.
»Setzen Sie sich jetzt auf Ihr Bett und warten Sie geduldig, bis ich fertig bin.«
Er ging zum Bett, setzte sich hin und starrte auf den Boden.
Davis und ich beendeten die Essensausgabe und kehrten dann ohne Hast zu Zelle 6 zurück.
»Sind Sie bereit, zu kooperieren, Ibeabuchi?«
Er nickte.
»Gut. Kommen Sie rüber und knien Sie sich hin.«
Er kam wortlos zur Tür und kniete sich hin. Ich ließ die Tür öffnen und beugte mich dann hinunter, um die Beinfesseln zu entfernen.
»Bewegen Sie sich nicht, bis die Tür geschlossen ist«, befahl ich und Ibeabuchi nickte. Die Tür fiel zu, Davis öffnete die Durchreiche und Ibeabuchi stand auf und streckte seine Hände aus. Ich nahm ihm die Handschellen ab, holte sein Essenstablett und stellte es in die Öffnung.
Ibeabuchi schnappte es und aß mit den Händen, noch bevor er sich setzte.
»Das war cool.« Davis kicherte. »Du hast ihm eine Lektion erteilt.«
»Mach dir nichts vor«, antwortete ich. »Er hat sich nicht verändert. Er hasst mich jetzt noch mehr, weil ich ihn vor allen gedemütigt habe.«
»Glaubst du, er plant etwas?«
»Ich weiß, dass er das tut. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
***
»Hey, Officer?«
Eine schüchterne Stimme unterbrach eine Pause, die ich im Lagerraum einlegte. Davis war gerufen worden, um den Officern in Block 1 zu helfen, also war ich eine Zeit lang allein.
»Officer?« Es war Insasse Ivy.
»Hey, Ivy, was gibt’s?« Ich kam zu seiner Tür.
»Ich habe eine Frage, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Fragen kostet nichts.«
»Gibt es eine Möglichkeit, dass ich etwas zum Lesen bekomme? Egal was, wirklich, nur etwas zum Zeitvertreib.«
Es war gegen die Regeln, Zeitschriften von einem Insassen an einen anderen weiterzureichen, aber ich tat es gelegentlich, weil ich nicht sah, was daran schlecht sein sollte. Und manchmal gab es Typen wie Ivy, die einfach etwas zum Lesen brauchten. Es gab eine Bildungsabteilung mit einer Bibliothek, in der Häftlinge Bücher und Zeitschriften ausleihen konnten. Aber weil Ivy neu war, dauerte es einige Zeit, bis er etwas ausleihen durfte.
Ich ging in einige Zellen und besorgte mir ein paar Zeitschriften: People, Reader‘s Digest, Entertainment Weekly und eine drei Jahre alte Ausgabe des Playboy. Ivys Gesicht erstrahlte, als ich die Zeitschriften unter seiner Tür durchschob. Unter der Tür war ein Spalt von etwa eineinhalb Zentimetern. Es war einfacher und sicherer, Dinge dort durchzureichen, als den Essensschlitz zu öffnen.
Ivy grinste breit. »Danke. Vielen Dank.«
***
Donnerstag war unser letzter Arbeitstag in dieser Woche und zum ersten Mal seit Langem freute ich mich nicht auf das Wochenende. Es bedeutete drei Tage ohne Davis, der so ziemlich der einzige Lichtblick in meinem Leben war.
An den meisten Wochenenden fuhr ich eine Stunde nach Reno und ging in die Bars oder in die Sauna. Wenn es nötig war, suchte ich mir ein billiges Motel und hatte dort billigen Sex. Ich wusste nicht, was ich jetzt wollte, aber bedeutungsloser Sex war es nicht.
Als der Samstag dann kam, langweilte ich mich bereits zu Tode. Am Morgen klingelte mein Handy und das Display verriet, dass es dienstlich war. Normalerweise wäre ich nicht rangegangen, aber ich hatte nichts Besseres zu tun.
»Hallo.«
»Hey, Kash, hier ist Sergeant Burson. Wir suchen jemanden, der heute Nacht in Block zwei die Friedhofsschicht übernimmt. Interessiert?« Die Friedhofsschicht war von 17 Uhr bis 5 Uhr. Es war jetzt 10 Uhr, aber ich konnte die Schicht übernehmen, wenn ich davor ein paar Stunden schlief.
»Ja, kann ich machen.«
Ich blieb noch eine Stunde wach, nahm dann eine Schlaftablette und schlief fünf Stunden.
Als ich zu meinem Block kam, bereute ich meine Entscheidung sofort, die Überstunden angenommen zu haben. Meine Vorgesetzte war eine große Frau mittleren Alters, die nie die Klappe halten konnte. Gledsen wollte mich und nutzte jede Gelegenheit, um mich zu verführen. Selbst wenn ich heterosexuell wäre, hätte ich mich so weit von ihr ferngehalten wie möglich. Sie hatte mir alle Einzelheiten ihres Sexuallebens mitgeteilt und war so ziemlich die ungehobelteste Person, die ich je getroffen hatte.
Sobald ich konnte, flüchtete ich aus der Blase, indem ich Gledsen sagte, dass ich im hinteren Lagerraum eine Zeitschrift lesen würde. Das Lesen von Zeitschriften oder Büchern im Dienst war gegen die Regeln, aber das war etwas, was fast jeder tat, besonders in der Friedhofsschicht.
Einige Häftlinge riefen meinen Namen, als ich den Gang entlangging, und fragten mich, was ich dort tat.
»Ich mache Überstunden«, antwortete ich.
Ein Insasse namens Hoss fragte mich: »Wollen Sie nicht mit Gledsen abhängen und ihr ein bisschen näherkommen?« Ich kannte Hoss ziemlich gut und er war ein Spinner.
»Sehr witzig«, antwortete ich.
Bei einigen der Häftlinge war das Licht aus. Ich schaute in ihre Zellen. Es gab keine Licht-aus-Regel. Die Jungs durften die ganze Nacht wach bleiben, wenn sie wollten. Die Zellen 20 bis 23 waren dunkel, aber Zelle 24 war beleuchtet, also sah ich hinein, als ich vorbeiging, und erstarrte.
Ivy lag auf seinem Bett, die Augen geschlossen und die Hand um seinen erigierten Schwanz gelegt. Er streichelte sich und genoss es offensichtlich. Es war nicht das erste Mal, dass ich versehentlich einen Häftling beim Wichsen erwischte, und normalerweise ging ich einfach weiter. Aber bei Ivy hatte der Anblick etwas Faszinierendes.
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