Alfred Michael Andreas Bunzol - Augenzeugenbericht des Häftling Nr. 738 im KZ Buchenwald 1937–1945
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Augenzeugenbericht des Häftling Nr. 738 im KZ Buchenwald 1937–1945: краткое содержание, описание и аннотация
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Das Leben des Vaters von 1907 bis 1951, mit all seinen Leidswegen.
Wege die der Vater Alfred Bunzol ging, bis er zum Gegner des menschenverachtenden nationalsozialistischen Systems in Deutschlands schwersten Stunden wurde. Wir erleben sein gequältes, gehetztes Leben, umrahmt von einer Überdosis Geschichte, einem Überschuss an Emotionen, die das menschliche Fassungsvermögen oft übersteigen. Auch konnte und durfte er seine im April 1945 wiedererlangte Freiheit nie richtig ausleben, obwohl er es sich so gewünscht und erhofft hatte.
Sein neuer Lebensweg sich letztendlich immer mehr in ein Trümmerfeld seiner politischen Ideen und Ideale hineinbewegte, welches auch durch sein neu gefundenes privates Glück in der Familie nicht ausgeglichen werden konnte.
Sein Sohn beschreibt in diesem ergreifenden Buch, einfühlsam, bewegend, emotional und mutig, wie die unverarbeitete Vergangenheit die Familie, wie durch ein Schleier vernebelt, belastete und beeinflusste.
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Weit ab, sollte dieser Krieg einen weiteren Schicksalsschlag für uns bereithalten, unsere Familie nicht in Ruhe lassen und vor neue Probleme stellen. Die Siegermächte des Krieges beschlossen den Vertrag von Versailles von 1919. Und der hies für Schlesien nichts Gutes ahnen:
Der Vertrag von Versailles trat am 10. 1. 1920 in Kraft und sah für Oberschlesien eine Volksabstimmung vor. In Schlesien hatte am 11. 2. 1919 die „Interalliierte Regierungs- und Plebiszitkommission“ unter dem französischen General Le Rond in Oppeln die Verwaltung des Abstimmungsgebietes übernommen, welches von französischen, italienischen und englischen Truppen besetzt wurde. Im August kam es im Industrierevier zu Polnischen Aufständen. In Bielschowitz musste man diese Entwicklungen mit Sorge beobachten. Auch, dass in den Grenzregionen bei den zahlreichen Übergriffen der Polen auf Deutsche, die Franzosen beide Augen zudrückten, im umgekehrten Fall bei Gegenreaktionen der Deutschen aber hart durchgriffen. Italiener und Engländer hielten sich hingegen strikt neutral. Inzwischen eroberten die Polen mit französischer Hilfe kriegerisch in ihrem Osten weite Teile von Litauen mit Wilna, Weißrussland und der Ukraine über die ihnen zugestandene „Curzon-Linie“ hinaus. In dem Gebiet zwischen „Curzon-Linie“ und der neuen polnischen Ostgrenze gab es 6 Millionen Ukrainer und Weißrussen, 1,4 Millionen andere wie Litauer, aber nur 1,5 Millionen Polen! Auch das wurde in Bielschowitz mit Sorge gesehen. Sollte es im Osten keinen Frieden geben? Am 20. 3. 1921 kam es in Oberschlesien zur Volksabstimmung. Das Abstimmungsergebnis war trotz vorhergegangenen polnischen Terrors ganz eindeutig. Für den Verbleib bei Deutschland wurden 59,6 % Stimmen abgegeben, für Polen waren es 40,4 %! In Bielschowitz wurde das mit Befriedigung aufgenommen. Aber auf alliierter Seite wurde eine Teilung des Abstimmungsgebietes beschlossen. Da man sich auf eine Teilungsgrenze nicht einigen konnte, wurde der Völkerbund angerufen. In der Zwischenzeit begann eine polnische Insurgentenarmee am 3. 5. 1921 den dritten Aufstand. Sie besetzte unter ihrem Führer Albert Korfanty in Oberschlesien den ungefähren von Polen geforderten Teil. Da die französischen Truppen, im Gegensatz zu den italienischen, die Polen nicht aufhielten, stellte sich diesen der deutsche „Selbstschutz Oberschlesien“ entgegen und schlug am 21. 5. 1921 die Polen am Annaberg.
Dieser Sieg half aber nicht viel. Ein Teil Oberschlesiens („Ostoberschlesien“ oder Oberschlesisches Industriegebiet) (mit 90 % der Kohle- und Eisenerzvorkommen und den wirtschaftlich bedeutenden Bergbauregionen) wurde aber doch auf Beschluss des Völkerbundes am 10. Oktober 1921, trotz Volksabstimmung, Polen zugeschlagen. Bielschowitz wurde 1922 polnisch, wir wurden vertrieben und mussten nach Hindenburg umsiedeln. Keiner der Bielschowitzer verstand diese Aktion, denn wer war damals schon in der Lage, die große Politik zu enträtseln, wir Kinder oder Jugendliche schon gar nicht. Es war klar, dass dies nicht ohne Widerstand ablaufen würde. Wer gibt schon sein Heim freiwillig, aufgrund einer politischen Entscheidung, die er weder kannte, geschweige verstand, auf. Diese Aktion war wieder Keimzelle für Hass. Deutsche auf Polen. Polen auf Deutsche. Deutsche auf Franzosen. Franzosen auf Deutsche. Ukraine auf Polen. Litauer auf Polen. Die Ursache lag sicher in dieser blödsinnigen, unsinnigen politischen Entscheidungen des Vertrages von Versailles, die mit einem Federstrich irgendwo in einem sauberen Büro, von wichtigen Politikern, getroffen wurde. Dieser Federstrich besiegelte das Schicksal von hunderttausenden von Menschen und hinterließ nichts als Chaos und Hass und war sicherlich wieder Nährboden für die, die gerne einen neuen Krieg wollten. Er warf dafür, bewusst oder unbewusst, die dazu notwendige Saat aus. Einen Krieg kann man nur mit der Masse des Volkes führen. Hierfür muss man die Massen gewinnen, mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln. Hier wurde ein Mittel von außen geliefert: Hass. Jedenfalls sah ich Bielschowitz nach der Umsiedlung in meinen Leben nie mehr wieder. Aber Bielschowitz hatte mir, trotz aller politischen Wirren, eine wunderschöne Kindheit beschert. Hier sind meine Wurzeln, hier sind meine Erinnerungen an Vater, Mutter, Hilde, Adelheid und Paul zu hause. Und es sind schöne Erinnerungen für mich. Meinen Eltern gelang es, uns eine sehr glückliche Kindheit zu bereiten. Der Wald, Garten, Hof und Felder waren für uns immer eine Art Heiligtum. Es war einfach ein Stück Geborgenheit. Diese Jahre erlebte ich als etwas einzigartiges, ein Abenteuer oder großes Geschenk, so empfinde ich es heute. Die Erlebnisse und Ereignisse während und nach dem 1. Weltkrieg hatten auf meine weitere Entwicklung großen Einfluss, auch wenn ich sie nur als Kind bzw. Jugendlicher erlebte. Sie brannten sich sozusagen in mein Gehirn ein. Kurz vor unserer Umsiedlung, Anfang 1921, beendete ich die Volksschule von Bielschowitz mit eher mäßigem Ergebnis. Eine Lehrstelle bekam ich leider auch nicht. Dafür fand ich im Mai 1921 sofort eine Beschäftigung auf der Wolfgang-Grube, als jugendlicher Bergarbeiter, im Alter von 14 Jahren. Denn wie schon gesagt, Arbeitskräfte waren rar. Hier arbeite ich ungefähr 5 Monate, bis zur endgültigen Umsiedlung nach Hindenburg. Dort wurde ich aber sofort wieder als jugendlicher Bergarbeiter in eine Grube mit gleichen Namen übernommen. Am ersten Arbeitstag, den 9. Mai 1921, versammelten sich um 6.00 Uhr morgens, etwa 15 jugendliche Bergarbeiter am Werkstor, es waren alle Abgänger von meiner Schule. Wir waren alle sehr aufgeregt. Pünktlich um 6.00 Uhr kamen 4 Obersteiger. Wir wurden in 4 Gruppen aufgeteilte, ich kam in die Gruppe von Obersteiger Schröder. Als erstes führte er uns in die Umkleideräume (Kaue, so werden sie von den Bergleuten genannt), mit Weißkaue, Schwarzkaue und Nasskaue. Bevor ihr unter Tage einfahren werdet, begebt ihr euch in die Kaue, um euch umzuziehen. Ihr als Bergleute zieht eure Alltagskleidung an Seilen unter die Decke der Weißkaue. Dann zieht eure Bergmannssachen in der Schwarzkaue an. Zu eurer Ausrüstung gehören Unterwäsche, ein Arbeitshemd, Socken, der Grubenanzug, Sicherheitsschuhe, ein Halstuch, ein Ledergürtel, der Grubenhelm, Arbeitshandschuhe, Sicherheitsbrille und Staubmaske. Nach dem Umziehen geht in die Lampenstube, um die Grubenlampen abzuholen. Wenn ihr von der Arbeit zurückkommt, geht zuerst in die Schwarzkaue. Dort zieht ihr euch die dreckigen Sachen aus und zieht diese wieder mit Seilen unter die Decke. Duscht und wascht euch mit spezieller Seifen, sie liegt hier, in der Nasskaue. Der Kohlestaub wird euch ganz schmutzig machen. Zum Schluss oder als letztes zieht ihr euch wieder eure Alltagssachen in der Weißkaue an. Obersteiger Schröder zeigte noch jeden seinen persönlichen Seilzug in der Schwarz- und Weißkaue mit entsprechender Nummer. Wenn ihr die Sachen aufgehängt habt, schließt ihr das Schloss ab und hängt euch den Schlüssel um den Hals. Merkt euch die Nummer gut, sonst habt ihr Probleme eure Klamotten wieder zu finden und müsst nackt nach hause. Als er das sagte schmunzelte er leicht. Das war unsere Einweisung für Umkleiden und waschen, kurz und bündig. Danach ging’s in die Kleiderkammer, um unsere Arbeitssachen zu empfangen. Bei mir dauerte es ein bisschen länger, um die passenden Sachen zu finden. Zum damaligen Zeitpunkt war ich noch ein eher etwas kleinerer Bergmann. Weiter ging es ins Personalbüro, wo jeder seine Stechkarte bekam. Sie war schon fertig, weil wir uns ja schon vor längerer Zeit beworben hatten, und da unsere Personalien angeben mussten. Obersteiger Schröder führte uns wieder in die Kaue, zieht euch um, in einer halben Stunde fahren wir ein. Vergesst eure Stechkarte nicht! Jeder zog nun zum ersten Mal seine Bergmannskluft an. Wir mussten uns alle zum ersten Mal im Leben vor fremden nackt ausziehen. Irgendwie war es allen peinlich, aber keiner wollte es sich anmerken lassen. Man tat so als ob es etwas Selbstverständliches wäre. Jetzt musste man seinen persönlichen Bügel mit dem Seilzug nach unten befördern, seine Sachen daran aufhängen und wieder nach oben ziehen. Danach das Schloss abschließen und sich den Schlüssel umhängen. Ich dachte mir noch, nicht schlecht gelöst. Hier muss ein Dieb schon mit Leiter kommen. Wir gingen alle, laut über unsere ersten Erlebnisse als Bergarbeiter erzählend zum Förderschacht, der Einfahrt zum Schacht. Obersteiger Schröder wartete schon. Für euch das wichtigste, hier stecht ihr eure Karte in die Stechuhr, und steckt sie in den Stechkasten. Ja nicht vergessen. Denn so weiß man sofort wer unter Tage ist. Und das kann wichtig sein, falls mal ein Unglück passiert. Es gibt 2 Stollen. Einer in 340, einer in 640 Tiefe. Wir fahren jetzt in Stollen 2, also auf 640 Meter. Die Sprache unter Tage ist für jeden Kumpeldeutsch. Die Bergleute nennen sich untereinander Kumpel. „Glück Auf“, dies ist der Gruß der Bergleute. Falls ihr das noch nicht wisst. Alle stempelten und steckten die Karten in den Stechkasten. Wir gingen in den Förderkorb, mit einem mulmigen Gefühl. Jeder sagte „Glück Auf.“ Schröder schloss die Tür zum Förderkorb, der sich sofort in Bewegung setzte. Er wurde immer schneller. Mit rasender Geschwindigkeit ging es senkrecht auf 640 m. Der Förderkorb war ringsherum offen, eigentlich nur ein Stahlgerüst mit Stahlboden in Draht gehüllt, welcher an einem riesen langen Stahlseil hing, vom Förderturm aus gesteuert wurde. Bei der Fahrt nach unten tropfte Wasser auf unseren Körper. Es war das Grundwasser, welches hier überall aus den Wänden tropfte. Vater hatte zwar oft von der Grube erzählt, aber wenn man es selbst erlebt ist es doch ganz anders. Auf der Fahrt nach unter passierte man Stollen 1, man nahm es durch einen kurzen Lichtblitz war. Der Förderkorb verlangsamt sich und mit einem Klingeln hielt er in Stollen 2. Wir waren 640 m unter der Erde. Der Förderschacht ging noch etwa 30 m tiefer. Hier konnte sich das Grundwasser sammeln. Es wurde mit riesigen Pumpen abgesaugt. Die mussten immer funktionieren, sonst könnte es hier unten etwas feucht werden. Obersteiger Schröder öffnete den Förderkorb und wir gingen in eine riesige unterirdische Halle. So groß hatte ich es mir hier unten nicht vorgestellt. Es sah aus wie auf einen Bahnhof, überall waren Gleise, und darauf fuhren kleine Elektrozüge von Siemens, Lokomotiven mit Loren. Alle Gleise, egal wo sie herkamen endeten jedoch an diesen Förderschacht. Unser Flöz, wo wir arbeiten werden um Kohle zu fördern, befindet sich etwa 8 km von hier. Wir werden jetzt im Hauptstollen dorthin fahren. Links und rechts gehen die Flöze vom Hauptstollen ab in denen Kohle gefördert wird oder wurde. Die toten Flöze sind mit einem Holzkreuz und einem Totenkopf gekennzeichnet. Geht niemals dort hinein, denn dort haben sich giftige Gase gebildet. Das könnte euer letzter Gang sein, sagte Schröder. Wir stiegen in einen Transportzug. Es saßen jeweils 2 nebeneinander. Der Zug bestand aus einer kleinen E-Lok und 5 Wagen. Vor und hinten saß je ein Zugführer. Der Hauptstollen war wie ein durchgeschnittenes großes Rohr, alle 2 Meter durch bogenförmige Stahlträger gesichert, die so konstruiert waren, dass sie sich bei einem Bergrutsch ineinander schoben, sie funktionierten wie Gleitschienen. In dem Hauptstollen herrschte ein ziemlich starker Windzug, für die Belüftung äußerst wichtig. Der Hauptstollen wurde alle 500 Meter durch riesige Stahltore (Brandschutztore) unterbrochen, diese war zur Brandsicherung installiert. Der Zug musste hier immer 2-mal halten, zum öffnen und schließen der Tore. Dafür hatte jeder Zug 2 Zugführer. Es war schon enorm zu sehen, was der Mensch hier in Laufe der Jahre gebuttelt hat. Der Zug braucht gut eine Stunde bis zum Flöz, wo wir ab jetzt arbeiten sollten. Hier hatte Obersteiger Schröder die Verantwortung. Und es war sprichwörtlich eine riesen Verantwortung, denn er war nicht nur für den Ablauf der Kohleförderung zuständig, nein auch für die Einhaltung der gesamten Sicherheit. Und die ist für alle Bergleute hier unten Lebenswichtig. Er kontrollierte die Aufstellung der Stempel, änderte sie zur Not, achtete auf das richtige Luftgemisch. Er teilte die Bergleute zur Arbeit ein und achtete auf deren richtige Ausführung. Für diesen Posten brauch man viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Unter den Bergleuten herrschte ein raues, aber sehr kameradschaftliches Verhältnis. Zumindest unter Tage konnte sich einer auf den anderen bedingungslos verlassen. Sie waren ja alle aufeinander angewiesen. Fehler konnten hier katastrophale Auswirkungen haben. Wir gehörten jetzt zu ihnen. Schröder führte uns noch 200 Meter in dem Flöz hinein bis zur eigentlichen Kohleförderung. Der Flöz war mit Holzstempel gesichert, die im Abstand von ca. 1 Meter aufgestellt waren. Unsere Aufgabe war die gehauene Kohle vom Flöz in den Hauptstollen zu transportierte. Hier wurde sie in einen Zug mit Loren verladen. An der Kohleförderung angekommen, zeigte uns Schröder kurz, wie diese funktionierte. Eine sehr schwarze, staubige und anstrengende Angelegenheit. Nach kurzer Zeit waren wir kaum noch von der Kohle zu unterscheiden, denn sofort setzte sich deren Staub an unseren schweißgebadeten Körber ab. Außerdem mussten wir die Holzstempel in den Flöz tragen. Eine Arbeit die wir oft in gebückter Haltung verrichteten. Hinzu kann, dass das Luftgemisch dünn und alles sehr staubig war. Die Züge mit den Loren brachten meist die Holzstempel mit und fuhren, gefüllt mit Kohle wieder weg, zum Förderturm. Hier ging’s mit Kohle nach oben und leer oder mit Holzstempeln oder anderen Dingen wieder nach unten. 14.00 Uhr war Feierabend, und wir fuhren in umgekehrter Richtung wieder aus der Grube heraus. Als ich den Förderturm an diesem 9. Mai 1921 verlassen hatte, sah ich die Welt mit anderen Augen. Wie schön war doch die Sonne. Alle sahen Schwarz vom Kohlendreck aus. Wir gingen in die Kaue, zogen uns aus und duschten. Es hat keinen mehr gestört, dass er nackt war. Wir waren alle zu kaputt, um uns noch zu beobachten. Nach der Dusche wechselten wir die Sachen am Seilzug mit Bügel, und verließen alle geschafft so gegen 16.00 Uhr die Grube. Das sollte nun mein Arbeitsalltag werden, an den ich mich erstaunlich schnell gewöhnte. Die harte Arbeit machte mir nicht viel aus. Schlimmer war, dass mir das Tageslicht fehlte. Auch musste ich mich erst an die Rattenplage gewöhnen, die unter Tage herrschte. Diese Tiere fühlten sich hier pudelwohl und vermehrten sich in rasender Geschwindigkeit. Essbare Sachen konnte man auf keinen Fall offen liegen lassen, sie waren in Minutenschnelle weg. Die Bergleute hatten aber eine effektive Methode entwickelt, um diese Rattenplage zumindestens in Grenzen zu halten. Eine Kohlelore stand immer etwas abseits. In ihr wurden Ratten gehalten. Dick und fett gefüttert. Hatten sie sich richtig vermehrt, wurde die Fütterung eingestellt. Irgendwann fingen die Ratten an sich gegenseitig zu fressen. Die letzten drei oder vier wurden dann frei gelassen. Sie fraßen nun mit vorliebe ihre Artgenossen. Es war effektiver als die Giftköter. Die Lore wurde in einem ständigen Kreislauf wieder zur Rattenaufzucht bestückt, für die nächste Generation von Kannibalen. Hilde wartete immer auf mich, wenn ich nach hause kann. Ich musste ihr jeden Tag einen Arbeitsbericht liefern. Ich glaube, irgendwann kannte sie sich dadurch besser in der Grube aus, als ich selbst. Staunend stellte sie immer öfter fest, wie ihr kleiner Bruder sich zu einem kräftigen Burschen entwickelte. Sie konnte im wahrsten Sinne des Wortes zusehen wie ich im Laufe der Zeit, ein richtiges Muskelpaket wurde. Bedingt durch die harte und gefährliche Arbeit unter Tage. Als Kumpel verrichtete ich ja jetzt täglich diese schwere Arbeit. Hilde und mich zog es nachmittags immer öfter in den Park neben der Kirche. Es war ja der Anlaufpunkt der hiesigen Dorfjugend. Jetzt gehörten wir auch hier dazu, denn wir waren keine Kinder mehr. Man stand einfach herum, knetschte, lachte und war eben froh unter anderen jugendlichen Freunden zu sein. Fast alle hier kannten sich ja schon ihr Leben lang. Hier lernte ich Willy Pudlo näher kennen, es entwickelte sich zwischen uns eine Freundschaft. Ich glaube aber, er hat auch ein Auge auf Hilde, mit der er in die gleiche Klasse gegangen war, geworfen. Hilde fand es ganz amüsant. Aber nicht nur Willi hatte ein Auge auf Hilde geworfen, auch Günter Bialas, er spielte immer Harmonika, und war der Musikus in unserer Runde, deshalb erinnere ich mich noch so gut an ihn. Ich würde mal sagen, dass sich Hilde zu einem wunderschönen Mädchen entwickelt hat, sie war 16, nicht zu groß, sehr gute Figur und im Gesicht gut anzuschauen. Außerdem war sie intelligent und immer sehr lustig. Durch die Sachen von Adelheid war sie auch immer sehr modisch gekleidet. Diesen Unterschied sah man schon gegenüber den anderen Mädchen. Ich glaube sie schielten immer etwas neidisch auf Hilde, da sie kaum die Möglichkeit hatten oder haben werden, solche Sachen je zu tragen. Erstens weil ihnen das Geld fehlte und zweitens weil diese nicht zu beschaffen waren. Ihnen eine Adelheid fehlte. Zu hause hatten wir nicht mehr so viel zu tun, weil Franz die Kaninchen und Hühner jetzt versorgte und auch unsere anderen Aufgaben im Haushalt größtenteils übernommen hatte. Dadurch bedingt konnten wir uns sehr viel im Park neben der Kirche aufhalten. Gesprächsstoff Nummer 1 war natürlich die sich anbahnende Zwangsumsiedlung. Alle Jugendlichen waren darüber sehr erbost, und es wurden viele Pläne geschmiedet, um etwas dagegen zu unternehmen. Schließlich beschlossen wir alle gemeinsam den „Selbstschutz Oberschlesien“ beizutreten. Der „Selbstschutz Oberschlesien“ stellte sich mutig den Polen entgegen, um unsere Heimat zu verteidigen. Deren Wegnahme noch zu verhindern. Hilde, Willy und ich nahmen Kontakt zum „Selbstschutz Oberschlesien“ auf. Wir fuhren an meinem ersten freien Tag, in Ihre Zentrale nach Hindenburg. Hier wurden wir sehr freundlich empfangen und unser Beschluss wurde unter Beifall der anwesenden Mitglieder begrüßt. Wir wurden mit Fragen, warum, weshalb, wie viele regelrecht bombardiert. Anschließend gingen wir zum ersten Male in unserem Leben in ein Kino und sahen uns einen Film an. Es ging um einen in den Karpaten lebenden Grafen Orlok, Orlok war ein Vampir, der nachts herumwanderte und Blut von anderen Menschen trank. Der Film hieß glaube ich: „Nosferatu, Eine Symphonie des Grauens“. Er war so spannend, dass Hilde vor Angst bald in die Hosen gemacht hätte. Wir gingen nach dem Film auch das erste Mal in ein Cafe um unsere aufgebauten Spannungen abzureagieren. Hätten uns über den Film fast tot gelacht. Bezahlt haben wir wohl um die 100.000 RM je Kinokarte, der Kaffee war nicht viel „billiger“. Ein Leib Brot kostete zur damaligen Zeit um die 500.000 RM. Hilde sagte einmal zu mir: „Wenn das so weiter geht, braucht man bald eine Schubkarre um das Geld zu transportieren. In die Hosentaschen passt es schon lange nicht mehr“. In Deutschland herrschte die Inflation, die die Menschen zusätzlich beutelte. Man musste immer aufpassen, dass man sein Lohn irgendwie unter die Massen brachte, am nächsten Tag konnte er schon nichts mehr wert sein. Dann hätte man umsonst gearbeitet. Wir hatten Gott sei Dank Mutter, sie ging sofort mit unseren Geld einkaufen, wenn wir von der Arbeit kamen. Sie kaufte Sachwerte, die konnten nicht verfallen, dass Geld jedoch sehr schnell. Wer dies nicht konnte, aus welchen Grund auch immer, konnte über Nacht sein Hab und Gut verlieren. War ruiniert. Es war eine total verrückte Zeit, wo man über Nacht Millionär werden konnte, für die Million aber, wenn überhaupt, nur ein oder zwei Brote bekam. Kino und Cafe gehörten ab jetzt zu jeder Fahrt nach Hindenburg als Pflichtprogramm dazu, zumal es diese Art Abwechslung in Bielschowitz nicht gab, noch nie gegeben hat. Es war für mich, gerade mal 14, eine unvergleichlich schöne Zeit. Trotz aller politischen Spannungen. Schon 2 Tage nach unserem Besuch beim Selbstschutz Oberschlesien kam ein Herr Beneck des Selbstschutzes aus Hindenburg zu uns und machte aus uns Mitglieder dieser Organisation. Wir Jugendlichen, 12 Jungs und 13 Mädchen, gründeten an diesem Tag den „Selbstschutz Bielschowitz“. Er bestand aber nur noch für 5 Monate. Hilde, Willy und ich wurden zu Kontaktpersonen des „Selbstschutz Bielschowitz“ gewählt. Unsere Aufgabe bestand darin, die Verbindung nach Hindenburg zu halten. Wir fuhren jetzt öfters zu dritt, in meiner Freizeit, nach Hindenburg. In der Zentrale fanden politische Foren statt. Es wurde die sich anbahnende Entwicklung diskutiert. Richtlinien wurden erlassen. Meist sinnlose. Denn die politische Entwicklung, die auf uns alle wie eine Lawine herabstürzte, war nicht mehr aufzuhalten. Sie überholte uns ständig. Mir machte diese politische Arbeit jedoch viel Spaß und zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass ich ein guter Redner und Agitator war. Dieses Talent blieb auch anderen nicht verborgen und sollte mir auf den spätern Weg zu einer politische Kariere von Nutzen sein. Die Zentrale sollte nach dem Umzug nach Hindenburg, zumindest für einige Zeit, meine politische Heimat werden. Das aus Hindenburg mitgebrachte Wissen, musste ich immer in Bielschowitz an die Jugendlichen weitervermitteln. Genauso wie die Filmberichte. Ich glaube zweiteres kam bei der Jugend meist besser an. Trotzdem war die Entwicklung in Oberschlesien irgendwie traurig, weil sie nicht mehr aufzuhalten war. Wir hatten eingendlich nie Probleme mit Polen, die ja auch in Bielschowitz lebten und arbeiteten. Sie hatten auch keine Probleme mit Deutschen gehabt. Wir lebten bis jetzt friedlich zusammen und das, soweit ich weiß, schon über Jahrhunderte. Mit polnischen Kindern zu spielen war genau so selbstverständlich für uns, wie mit deutschen zu spielen. Im Gegenteil, sie lernten spielerisch Deutsch und wir von ihnen Polnisch. Viele Polen waren auch mit dieser Entwicklung nicht einverstanden. Lebten sie doch genau so friedlich und Glücklich in Bielschowitz wie wir. Man sieht dies auch an dem Ergebnis der Volksabstimmung. Viele Polen stimmten für einen Verbleib zu Deutschland. Sie fühlten sich nicht als Ausländer. Außerdem bestand, bedingt durch die gemeinsame Arbeit im Bergbau, zwischen vielen deutschen und polnischen Familien eine enge Freundschaft. Die Nationalität, denke ich, spielte bis zu dieser Zeit keine entscheidende Rolle. Alle waren Oberschlesier und dies seit Jahrhunderten. Und trotzdem kam es zu dieser Entwicklung. Sie entstand nicht hier, sie wurde von außen eingeschleppt, wie ein tödliches Grippevirus. Es konnte sich keiner diesem Virus entziehen, man wurde von ihm angesteckt. Das Zusammenleben veränderte sich. Wir Deutschen sahen die Polen jetzt misstrauisch an, und die Polen uns Deutsche. Viele Freundschaften zerbrachen an diesem Konflikt. Nur wenige haben ihn unbeschadet überstanden. Für fünf Monate war Bielschowitz noch unser Zuhause, unsere Heimat, dann zogen wir mit Sack und Pack nach Hindenburg, in die Einsiedelstraße 10. Bielschowitz wurde auf einmal Ausland für uns. Nichts war mehr so wie es einmal war. Der Preis für den Größenwahnsinn einiger wenigen. Doch die bauten sich von dem Verkauf ihrer todbringenden Kanonen Luxus Villen auf Hügeln und sollen bald als „Hart wie Krupp Stahl“ gefeiert werden. Andere bauten sich Schlösser von diesen „ihren“ blutgetränktem Kriegsgeldgewinnen. Unsere Häuser in der Einsiedelstr. 10 waren jedoch zwei oder dreistöckige Klickerbauten. Durch die Mitte dieser Häuser ging ein riesen langer Flur mit 2 Wasserhähnen. Links und rechts davon waren die Zimmer angeordnet. Auch sie waren hier, wie in Bielschowitz, das Eigentum der Grube. Die Straße war etwa 2 km lang, vollgepflastert mit diesen Häusern und leicht ansteigend. Sie endete in einen Wald. Er war eine aufgeforstete Halde. Hinter dem Wald war ein kleiner Bach, er war die neue Grenze zum Ausland, zu Polen. Vor nicht all zu langer Zeit war für uns die Grenze zu Polen noch weit, weit weg, jetzt haben wir sie quasi vor der Haustür. Das deutsche Reich mit seinen Grenzen beginnt zu schrumpfen, so wie es ein Apfel im Winter tut. Und der Winter hat für Deutschland erst begonnen. Der Wald wurde der neue Treffpunkt von uns Jugendlichen. Wir bauten uns hier einen Tisch mit ein paar Bänken und fanden es schön. Aber er war kein Ersatz für unseren alten Treffpunkt in Bielschowitz, den es nicht mehr gab. Unsere Familie bekam eine vier Zimmerwohnung in der Einsiedelstraße 10 zugewiesen. Links vom langen Flur Küche und gute Stube, rechts Elternschlafzimmer und Kinderzimmer. In dem sehr kleinen Hof befanden sich für je zwei Mietparteien eine Toilette und ein Schuppen in dem die Kohle für den Küchenherd gelagert wurde. Bei so mancher Familie führten diese Zustände zu heftigen Streitigkeiten. In Bielschowitz wäre so etwas undenkbar gewesen. Der Herd brannte, wie in unserem Haus in Bielschowitz, ebenfalls Tag und Nacht und erfüllte auch hier die gleichen Funktionen. Deputatkohle bekamen wir sofort, weil ich in Hindenburg eine Anstellung als Jugendlicher Bergarbeiter in der Wolfgang-Grube (gleicher Name wie die in Bielschowitz) bekam. Genauso wie Franz. Gegenüber zog Willi Pudlo mit seiner Familie ein. Seine Mutter, und 3 Geschwister, Kurt 6 Jahre, Paul 9 Jahre und Lisa 14 Jahre. Der Vater war im Krieg gefallen. Willi war 16 Jahre und arbeitete mit mir jetzt in der gleichen Grube unter dem Kommando von Obersteiger Schijuk. Der Arbeitsablauf in der Grube war der gleiche wie in Bielschowitz. Ich glaube er ist in allen Gruben dieser Erde gleich. Nur der Obersteiger und die Bergarbeiterkollegen waren andere. So vergingen die Jahre 1922 und 1923 in unserem neuen Zuhause mit Inflation, Kino- und Cafebesuchen und der Arbeit im Bergbau. Bei einem der vielen Besuche in der Zentrale des Selbstschutzes erfuhr ich durch Zufall, dass Paul ebenfalls Mitglied dieser Organisation sei. Er hatte sogar an bewaffneten Verteitigungskämpfen am Annaberg teilgenommen. Das wusste ich bis dahin nicht. Hilde und die Eltern auch nicht. War Paul doch mit Elfriede nach Gleiwitz gezogen, so dass kaum noch Kontakt zu ihm aufkam. Während der Verteitigungskämpfe am Annaberg hat er sich als geschickter und mutiger Anführer einen Namen gemacht. Es machte einen als jungen Spund doch irgendwie stolz, wenn man gefragt wird: „Wie heißt Du, Bunzol, ist der Paul Bunzol mit dir verwand und ich antworten konnte, „nee Paul ist mein Bruder.“ Grüß ihn von mir, war dann meist die Antwort, verbunden mit einem Schlag auf den Rücken. Die Grüße konnte ich aber nie ausrichten. Erstens habe ich mir selten die Namen gemerkt, und Zweitens sah ich Paul nur noch wenige Mal in meinen Leben. Das erste mal, es war kurz vor meinem Einsatz in Küstrin. Etwa im September 1923 wurde der „Selbstschutz Oberschlesien“ aufgelöst und ich wurde zur schwarzen Reichswehr geworben. Ein jugendlicher Held könne ich werden, sagte man mir! Gerade als Jugendlicher ist man dem Rausch des Neuen, des Ungewissen, des Abenteuers verfallen. Wer träumt nicht davon? Man will die Gefahren nicht erkennen, sind sie doch zu verlockend.
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