Cornelia Diesenreiter
Nachhaltig gibt’s nicht!
Für meine Mama,
die Gartenrebellin
Cover
Titel Cornelia Diesenreiter Nachhaltig gibt’s nicht!
Einleitung
Nachhaltigkeit – die Anfänge
Vom Wunsch, wirklich nachhaltig zu sein
Wirklich nachhaltige Marillenmarmelade
Nachhaltig gibt’s nicht
Meine Nachhaltigkeit
Quellenverzeichnis
Dank
Über die Autorin
Impressum
„Nachhaltig gibt’s nicht!“ Eine provokante Behauptung, warum greift man zu solch einem Buch? Gewählt habe ich diesen Titel in der Hoffnung, dass er vor allem zwei Gruppen von Menschen ganz besonders anspricht: Entweder du bist jemand, der sich bereits um ein nachhaltiges Leben bemüht und den diese Aussage irritiert. Warum sollte es nachhaltig nicht geben? Vor allem, warum solltest du nicht nachhaltig sein? Vielleicht ist Nachhaltigkeit bereits ein wichtiger Teil deines Lebens oder sogar deiner Identität. Oder es kann sein, du gehörst zu jenen Menschen, die sich denken, Ich hab’s doch schon immer gewusst, alles eine Lüge, dieses „nachhaltig“. Reine Geldmacherei! Vielleicht nerven dich die Ökos und Gutmenschen mit ihren überteuerten Bioprodukten und ihrer Wichtigtuerei. Womöglich erhoffst du dir von diesem Buch endlich Argumente, die deine Vorahnung bekräftigen können.
Wie sich im Buch zeigen wird, spielen diese beiden Gruppen gleichermaßen eine besonders tragende Rolle in der zukünftigen Entwicklung von Nachhaltigkeit. Geschrieben habe ich dieses Buch aber auch für alle, die noch keine klare Haltung zur Nachhaltigkeit gefunden haben und sie vielleicht noch etwas skeptisch aus der Ferne beobachten, denn davon gibt es derzeit noch viel zu viele.
Was bedeutet der Begriff „nachhaltig“ überhaupt? Die Geburtsstunde der modernen Nachhaltigkeit schlug bereits 1972, als der Club of Rome den weltberühmten Bericht Die Grenzen des Wachstums veröffentlichte. Der Club of Rome ist eine gemeinnützige Organisation, die sich aus Expert*innen unterschiedlichster Disziplinen aus über dreißig Ländern zusammensetzt und das erklärte Ziel verfolgt, sich für lebenswerte zukünftige Existenzbedingungen von uns Menschen einzusetzen. Für die Publikation des Berichts wurden erstmals die Ressourcen und Rohstoffvorräte der Welt berechnet und es entstand die vielzitierte Schlussfolgerung: „ Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“ Diese Erkenntnis zeigt einerseits auf, dass wirtschaftliches Wachstum, wie wir es bisher kennen, nicht unendlich fortführbar ist. Andererseits wurde damit erstmals ins öffentliche Bewusstsein gerufen: Lokales Handeln hat globale Auswirkungen. Doch wesentlich wichtiger war die Feststellung, dass alle unsere Handlungen, noch lange nach dem Ende unserer eigenen Lebenszeit, Auswirkungen auf das Leben zukünftiger Generationen auf diesem Planeten haben – sehr viele natürliche Ressourcen sind begrenzt. Und andere brauchen eine gewisse Zeitspanne, um nachzuwachsen. Derzeit konsumieren wir für unseren Wohlstand und das wirtschaftliche Wachstum jedoch mehr natürliche Ressourcen, als für zukünftige Generationen rechtzeitig nachwachsen können. Diese Entwicklung ist mittlerweile wissenschaftlich mehrfach belegt und erste Auswirkungen von Knappheit manifestieren sich bereits in unserem Leben. Trotzdem gibt es bis heute, fünfzig Jahre später, noch immer keine verbindliche Definition von Nachhaltigkeit. Diese Tatsache brachte und bringt weitläufige Interpretationen und missbräuchliche Verwendung der Bezeichnung „nachhaltig“ mit sich. Kaum ein anderer Begriff wird von so vielen selbstbewusst ausgesprochen und verwendet und dabei nur von so wenigen tatsächlich in seiner Komplexität verstanden wie Nachhaltigkeit. Ein guter Nährboden für zahlreiche Vorurteile.
Einige gängige davon sind: reine Geldmacherei. Das muss man sich erst einmal leisten können. Ein Luxus. Ein Feigenblatt. Eine Lüge. Da sollen sich gefälligst die Konzerne und die Politik darum kümmern. Auf was ich dabei alles verzichten müsste. Das Klima hat sich doch schon immer verändert. Was kann ich allein da schon ausrichten? Schau dir einmal an, was die in China und den USA aufführen. Wir in Europa sind doch vorbildlich. Die Grünen wollen, dass der Diesel pro Liter 20 Euro kostet. Klimahysterie. Zöpferl-Diktatur. Haben wir nicht wichtigere Probleme?
Ja, haben wir nicht wichtigere Probleme? Den Luxus, uns diese Frage zu stellen, haben wir aber nicht mehr lange. Zahllose wissenschaftliche Studien belegen, dass Nachhaltigkeit eine unumgängliche und existenzielle Notwendigkeit ist. Kurzfristig hat 2019 die wachsende mediale Aufmerksamkeit rund um Greta Thunberg und ihre Fridays-for-Future- Bewegung das Thema in den gesellschaftlichen und politischen Mainstream geführt, bis ihre Stimmen durch die weltweite Corona-Pandemie fast wieder verstummt sind. Es ist nicht das erste Mal, dass Umweltthemen durch andere Krisen als Luxusproblem verharmlost und immer wieder in den Hintergrund gedrängt werden, ich denke dabei zum Beispiel an die Flüchtlings- oder die Währungskrise. Es ändert aber nichts, denn es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis dies gar nicht mehr möglich sein wird. Die Tatsache, dass wir Nachhaltigkeit derzeit überhaupt noch als Luxusthema empfinden können, liegt vor allem daran, dass die Konsequenzen der von uns verursachten Umweltbelastungen sich erst stark zeitverzögert zeigen. Tragischerweise bekommt der Globale Süden schon heute die Konsequenzen des überschwänglichen Lebens des Globalen Nordens zu spüren. Immer extremere Hitzewellen und die stetig steigende Häufigkeit und Stärke aufeinanderfolgender Dürren, regelmäßige Hochwasser in Küstengebieten bedrohen hunderte Millionen Menschen. Lebensräume werden unbewohnbar. Tiere sterben aus. Polkappen schmelzen. Menschen werden zunehmend unter Hunger und steigenden Infektionskrankheiten leiden. Immer größer werdende Migrationsbewegungen finden statt und noch massivere sind zu erwarten. Auch im Norden finden sich in unseren Fischfilets bereits Mikroplastik und in unserem Fleisch Antibiotika. Dies alles sind allerdings nur kleine Vorboten der Katastrophe, die unmittelbar vor uns liegt. Eines ist gewiss: Natürliche Ressourcen werden enden und Wohlstand, wie wir ihn heute leben, wird schon bald nicht mehr möglich sein. Wir werden vor Herausforderungen ungeahnten Ausmaßes stehen und so wird sich Nachhaltigkeit früher oder später die Aufmerksamkeit verschaffen, derer sie jetzt schon so dringend bedürfte.
Ich habe mein Leben meinem Herzensanliegen gewidmet, wirklich nachhaltig zu werden. Als ich acht Jahre alt war, fasste ich den Entschluss, dass ich unserer Umwelt, Menschen und Tieren durch meine Handlungen kein Leid zufügen möchte. Erst viel später habe ich gelernt, dass man diese Lebensweise als nachhaltig bezeichnet. Drei Studienabschlüsse, ein ökosoziales Unternehmen und ganze 25 Jahre später muss ich mir aber eingestehen, dass ich kläglich gescheitert bin. Nachhaltigkeit ist ein unvorstellbar komplexes Konstrukt mit unzähligen Implikationen in allen Lebensbereichen. Es ist allumfassend und daher nahezu un(be)greifbar. Auf meinem Weg fand ich zwar viele Antworten, aber noch wesentlich mehr offene Fragen. Aufgegeben habe ich trotzdem nicht, sondern vielmehr meine eigene Nachhaltigkeit gefunden. Ich bin davon überzeugt, dass die mangelnde Definition von Nachhaltigkeit und die zu geringe sachliche Aufklärung bestehende Vorurteile vervielfachen und bereits erkennbare destruktive Dynamiken verstärken, die uns als Gesellschaft in Bezug auf dieses Thema immer mehr spalten. Doch Nachhaltigkeit darf nicht das Ziel einiger weniger bleiben, sondern muss schnellstmöglich Einzug in unser aller Leben finden.
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