Eckart zur Nieden
Rebekkas Tagebuch
Roman
Für Edeltraud
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
ISBN 9783865067050
© Copyright 2014 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelfotos: fotolia
Satz: Brendow Web & Print, Moers
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
www.brendow-verlag.de
Cover
Titel Eckart zur Nieden Rebekkas Tagebuch Roman
Impressum Für Edeltraud Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 9783865067050 © Copyright 2014 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers Titelfotos: fotolia Satz: Brendow Web & Print, Moers 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014 www.brendow-verlag.de
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Nachwort
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Es war Montag, der 22. Juni des Jahres 1992, einen Tag nach Sommeranfang, sechs Uhr fünfzig.
Paul stellte fest, dass er noch zehn Minuten warten musste, ehe er mit der Maschine arbeiten konnte. Seine Werkstatt in dem alten Bauernhof lag mitten im Dorf, und um Ärger zu vermeiden, wollte er nicht vor sieben Uhr Lärm machen.
Paul war nicht sehr groß, aber kräftig, mit breiten Schultern. Er hatte unter dem kurzen dunkelblonden Haar, das er meistens unter einer altmodischen Baskenmütze verbarg, ein freundliches, rundes Gesicht und besaß die Gewohnheit, jeden, mit dem er sprach, aus seinen braunen Augen fest anzusehen.
Um die Zeit zu nutzen, verließ er seine Bildhauerwerkstatt im alten Kuhstall durch das Tor, das er in die Außenmauer gebrochen hatte, und ging nebenan durch das alte Tor zur Tenne.
Dort stand der Oldtimer seines Großvaters. Damit der durch den Staub aus der Werkstatt nicht Schaden nahm, hatte Paul zwischen Tenne und altem Kuhstall, der nun sein Arbeitsplatz war, eine Mauer hochgezogen.
Von der Tenne aus stieg er die Leiter hinauf und befand sich nun über seiner Werkstatt. Auf dem früheren Heuboden gab es natürlich kein Heu mehr. Paul wollte sich die Konstruktion des Bretterbodens genau ansehen. War es ohne großen Aufwand möglich, die Balken und die darauf liegenden Bohlen zu entfernen? Dann hätte er unten mehr Platz. Dann könnte er Arbeiten an größeren Blöcken, die er bisher im Hof durchführen musste, zukünftig in die Werkstatt verlegen – ein Vorteil bei Kälte und Regen.
Natürlich würde er erst seinen Großvater fragen müssen, dem der Hof mit all seinen Gebäuden offiziell noch gehörte. Aber das war nur eine Formsache. Der hatte sicher nichts dagegen.
Auf dem Boden war zwar kein Heu, aber Teile von Gipskartonplatten lagen in einer Ecke, in einer anderen ein Stapel Dachziegel, sogenannte Frankfurter Pfannen, die wohl beim Erneuern irgendeines Daches übrig geblieben waren. Auch eine Rolle Teerpappe lag da und mehrere alte landwirtschaftliche Geräte, deren Funktion Paul nicht kannte.
Sein Urgroßvater Ludwig Born hatte noch bis in die frühen fünfziger Jahre Landwirtschaft betrieben. Wenn der wüsste, wie fremd mir das ist, dachte Paul, würde er sich wahrscheinlich im Grab rumdrehen.
Wie waren die Bohlen an der Seite befestigt? Paul ließ sich auf die Knie nieder in eine dicke Schicht Staub, die ihn aber nicht störte, da er ohnehin schon seine schmutzige Arbeitskleidung anhatte. Er kroch mühsam unter die Dachschräge. Kein Problem!, stellte er fest. Die Bretter waren nur auf einem Balken festgenagelt.
In der hinteren Ecke waren ein paar rote Ziegelsteine aufgestapelt. Als Paul sie zur Seite räumte, um die Konstruktion des Bretterbodens in der Ecke zu begutachten, bemerkte er hinter den letzten Steinen einen rechteckigen Gegenstand, der mit einem schmutzigen Tuch umwickelt war. Er zog das Ding zu sich heran und kroch rückwärts unter der Dachschräge hervor, um sich bequemer hinsetzen zu können.
Der Stapel Gipskartonplatten diente ihm als Sitz. Er untersuchte seinen Fund. Als er das Tuch aufgeschlagen hatte, kam ein Buch zum Vorschein.
Genau genommen war es kein ordentlich gebundenes Buch. Jemand hatte einen fingerdicken Stapel von Blättern provisorisch mit Hilfe eines Bindfadens, der durch mehrere Löcher führte, zusammengeheftet.
Vorn auf dem ersten Blatt stand in handgeschriebenen Blockbuchstaben: Tagebuch. Und darunter: Rebekka Schimmel.
Das sagte Paul nichts. Von einer Rebekka Schimmel hatte er nie etwas gehört.
Paul blätterte und war enttäuscht. Jemand, wahrscheinlich diese Frau Schimmel, hatte mit Bleistift in deutscher Schrift geschrieben. Das konnte er nicht lesen. Stellenweise waren die Buchstaben ziemlich verblasst, aber noch zu erkennen.
Paul stemmte sich hoch. Es war vier Minuten nach sieben. Er konnte also loslegen. Er warf noch einen letzten Blick auf die Arbeit, die ihn bald hier oben erwarten würde, klemmte seinen Fund unter den Arm und stieg die Leiter hinab.
In seiner Werkstatt angekommen, legte er das Buch irgendwo ab und vergaß es. Er setzte Schutzbrille und Ohrschützer auf und machte sich mit dem durch Druckluft betriebenen Meißel ans Werk.
Wenig später ging das Licht mehrmals an und aus. Das machte seine Frau Stefanie immer, wenn sie in die Werkstatt kam und Paul mit einem lauten Gerät arbeitete. So musste sie ihn nicht mit einem Tippen auf die Schulter erschrecken.
Paul schaltete sein Werkzeug aus und setzte Brille und Ohrschützer ab.
„In zehn Minuten kannst du zum Frühstück kommen“, sagte sie. Stefanie war zwar schon zivilisiert angezogen mit Jeans und T-Shirt, hatte aber ihre rotbraunen Haare noch nicht zum Pferdeschwanz gebunden. „Ich habe Leoni zum Bäcker geschickt. Sie holt Brötchen. Zur Feier des Wochenanfangs.“
„Und des Sommeranfangs. Der war gestern.“
„Also noch ein Grund.“
„Du schickst sie alleine zum Einkaufen?“
„Na, hör mal! Sie ist fünf! Und der Bäcker ist gerade mal sechs- oder siebenhundert Meter entfernt!“
Paul nickte und klopfte den Steinstaub von seiner Arbeitskleidung.
„Was soll das werden?“, fragte Stefanie und deutete auf den Grabstein.
Paul grinste breit und zeigte seine gesunden Zähne. „Die Leute wollten unbedingt einen Engel. Ich habe gesagt: Engel auf einem Grabstein, das hat man im neunzehnten Jahrhundert gemacht. Ist heute total überholt. Kitsch! Ich hab es ein bisschen vorsichtiger ausgedrückt. Aber sie ließen sich nicht davon abbringen.“
„Der Kunde ist König. Vergraule deine Kunden nicht, wir brauchen das Geld!“
„Der Kunde ist König, aber der Künstler ist kein Sklave.“
„Außerdem sind Engel wieder im Kommen, hab ich gelesen.“
„Ich mache jetzt etwas, das man auch als Engel deuten kann, wenn man will.“
Sie traten gemeinsam aus der Werkstatt.
Der Hof war, wie Paul gern sagte, wie ein Schloss angelegt. Eine dreiflügelige Anordnung der Gebäude. Hinten, wo bei Schlössern das Hauptgebäude steht, erhob sich der ehemalige Kuhstall mit Scheune, wo er jetzt seine Werkstatt hatte. Das Gebäude, von der Straße aus gesehen rechts, in dem einmal der Schweinestall und ein Geräteschuppen gewesen waren, hatte das junge Ehepaar Born sich als Wohnung ausgebaut. Gegenüber, in einem gut erhaltenen Fachwerkbau auf einem Fundament aus mächtigen Sandsteinquadern, wohnten oben Pauls Mutter Thea und unten sein vierundachtzigjähriger Großvater Harald Born.
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