Also ran an die nächste Herausforderung! Nicht unterkriegen lassen, sondern den Stier bei den Hörnern packen und das Thema bzw. das Problem angehen. Der Alltag bietet genügend große und kleine Gelegenheiten, zu üben und dadurch resilienter zu werden.
An kleinen und großen Herausforderungen wachsen
Sie hätten schon längst den nächsten Termin beim Zahnarzt oder für eine gänzlich unangenehme, aber leider auch notwendige Untersuchung vereinbaren müssen? Schluss mit Drumherummogeln, ran ans Telefon und einen Termin gemacht! Denken Sie an das erleichterte Gefühl, das sich nach überstandener Untersuchung einstellt: „Super, ich hab’s geschafft! Jetzt hab ich Gewissheit, dass alles in Ordnung ist, und ich kann die nächsten Schritte einleiten!“
Ihr Chef sucht nach jemandem, der für das anstehende Meeting eine kleine Präsentation vorbereitet? Bis jetzt haben Sie sich vor dieser Herausforderung immer erfolgreich gedrückt. Aber jetzt ist Schluss mit wegducken und kleinmachen in der Hoffnung, dass es Sie nicht trifft. Jetzt gehen Sie in die Offensive und sagen: „O. k., ich mach’s!“ Denken Sie an das stolze Gefühl, was sich nach vollbrachter Leistung einstellen wird. Und: Sie brauchen in Zukunft keine Angst mehr zu haben, wenn der spannt bleiben, weil Sie sich selbst bereits bewiesen haben, dass Sie der Herausforderung gewachsen sind.
Ihnen ist schon seit längerer Zeit klar, dass Sie dringend ein klärendes Gespräch mit einer Kollegin, einem Nachbarn, Ihrem Partner oder mit einem Ihrer Kinder führen müssten? Die Art und Weise, wie der- oder diejenige sich Ihnen gegenüber verhält, können Sie auf gar keinen Fall länger hinnehmen. Dieses klärende Gespräch schieben Sie aber immer auf die lange Bank. Dabei merken Sie, dass Sie sich selbst und Ihre Position zunehmend schwächen und von dem anderen mehr und mehr als Opfer gesehen werden. Das wird sich jetzt ändern! Sie werden sich nicht unterkriegen lassen, sondern bei nächster Gelegenheit das Gespräch suchen. Gut vorbereitet werden Sie Ihr Anliegen vorbringen, Position beziehen und unangemessenem Verhalten durch klarformulierte Grenzen den Riegel vorschieben. Denken Sie an das Gefühl von Stärke, das sich nach solch einer Neupositionierung bei Ihnen einstellen wird!
Sie müssen gerade noch geschwind ein paar Zutaten fürs Abendessen besorgen? Normalerweise nehmen Sie aus Bequemlichkeit immer das Auto. Aber eigentlich könnte man diese kurze Strecke bis zum Supermarkt auch mit dem Rad fahren. Und da es draußen weder in Strömen gießt, noch arktische Temperaturen herrschen, Sie keine Pollenallergie, Knieverletzung oder sonstige Gebrechen aufweisen können, da Ihr Fahrrad nicht geklaut wurde, die Bremsen funktionieren und Sie leider auch keinen Platten haben, werden Sie das jetzt auch tun! Denken Sie daran, dass Sie durch das Mehr an Frischluft, Bewegung und Stressverminderung eine Menge für Ihr körperliches und seelisches Immunsystem getan haben!
An diesen Beispielen sehen wir: Das Leben bietet genügend kleine und große Herausforderungen, an denen wir unsere Widerstandskraft stärken, uns abhärten und damit unsere Resilienz trainieren können!
„Warum ich rückwärtsgegangen bin? Leben wir etwa nicht in einem freien Land? Darf man nicht gehen, wie man will?“
Resiliente Menschen, so hat man in zahlreichen Untersuchungen festgestellt, verfügen über ein hohes Maß an psychischer Elastizität und Anpassungsfähigkeit. In ihren Reaktionsmustern sind sie nicht starr, sondern flexibel. Siegfried Santura, ein deutscher Ingenieur und Autor, formuliert es so: „Wer auf die Nackenschläge des Lebens nicht agil reagiert, verliert Lebensmut und findet – wenn überhaupt – erst nach langem Ringen wieder Zuversicht und Stabilität.“ Was agil (meint: wendig und beweglich) ist, was biegsam und nachgiebig sein kann, bricht nicht so leicht entzwei. Und Lebewesen, die anpassungsfähig sind, kommen mit veränderten und vielleicht sogar eher ungünstigen Lebensbedingungen besser zurecht als die, die nur existieren können, wenn sie in einem stets gleichbleibenden, für sie optimalen Umfeld leben. Mit dieser hohen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gelingt es resilienten Menschen schneller, sich auf neue Situationen und veränderte Bedürfnisse (sowohl eigene als auch fremde) einzustellen. Bei dieser hohen Flexibilität geht es aber auch darum, eine gute Balance zu wahren. Man kann sich biegen, man kann nachgeben, man kann sich ausdehnen, verliert dabei aber nicht die eigene Mitte. Zu dieser Mitte findet man dann eben auch immer wieder zurück. Ausbalanciert bedeutet, dass man sich, wenn das Leben es fordert, ganz weit nach rechts oder links, nach vorne oder hinten ausstrecken oder biegen kann. Dabei fällt man aber weder an der einen noch an der anderen Seite vom Pferd und rutscht auch nicht in irgendwelche Extreme.
Flexibel sein und werden
Heißt: Ich kann mal richtig mies drauf sein, aber ich fange mich auch bald wieder und führe mich zu einer lebensförderlichen Grundhaltung zurück.
Ich kann mich emphatisch mit den Nöten anderer Menschen beschäftigen und alles geben, damit ihnen geholfen wird, aber ich merke auch, wenn es mir zu viel wird und ich drohe, vor lauter Mitleiden selbst umzukippen. Dann balanciere ich mich wieder aus, setze meiner Fürsorge Grenzen und investiere wieder mehr Zeit in die Selbstfürsorge.
Ich kann meine Emotionen benennen und zulassen, lasse mich von ihnen aber nicht beherrschen, sondern bin in der Lage, sie zu leiten und vorübergehend hintanzustellen, wenn sie stören.
Ich kann richtig viel Stress, Rummel, viele Menschen, Aktionen und Termine aushalten, mache das aber nicht zu einem Dauerzustand, sondern kann auch wieder herunterfahren und weiß genauso gut mit mir allein etwas anzufangen.
Ich kann Menschen vertrauen und alles geben, damit Beziehungen gelingen, werde aber nicht zum Alleinunterhalter einer Beziehung und kann auch erkennen und Grenzen setzen, wenn andere mich ausnutzen oder mir schaden wollen.
Ich weiß, wer ich bin und was ich kann, aber auch, was mir gar nicht liegt. Ich weiß um meine Bedürfnisse und um das, was ich brauche, um mich im Leben wohlzufühlen. Dafür – dass es mir gutgeht und mir mein Leben passt – setze ich mich immer wieder aktiv ein. Gibt es an dieser Stelle aber vorübergehend Abweichungen und komme ich streckenweise mal nicht zum Zug, kann ich das aushalten und mich bejahend einklinken, ohne meine Grundausrichtung zu verlieren.
Wie man in diesem Bereich seine Resilienz trainieren kann?
Indem Sie sich (in der erwähnten guten Balance) auf neue Herausforderungen einlassen und mal etwas ausprobieren, was Sie bisher noch nie (so) gemacht haben!
Indem Sie sich etwas trauen, was Ihnen auch ein bisschen Angst macht!
Indem Sie nicht gleich aus dem Hemd springen, wenn etwas nicht so läuft, wie Sie es sich vorgestellt haben und wie Sie es seit jeher gewohnt sind!
Indem Sie auch mal über ihren Tellerrand hinausblicken, sich für anders denkende und anders lebende Menschen interessieren und bereit sind, von ihnen zu lernen.
Auf diesem Weg entdecken Sie, dass andere ihr Leben völlig anders gestalten kann, als Sie es tun – und trotzdem glücklich und zufrieden sind. Sie trainieren damit gedankliche Flexibilität, von der Sie dann im Ernstfall zehren können.
Indem Sie neugierig auf das Leben sind und bleiben!
Indem Sie mal … rückwärts statt vorwärts laufen!
„Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut!“ Albert Einstein meinte dazu: „Verrückt ist der, der immer die gleichen Dinge tut, aber andere Ergebnisse erwartet.“ Ein Mensch mit hoher Resilienz tut genau das nicht . Er ist eher wie ein Boxer, der im Ring zu Boden geht, angezählt wird, aufsteht und danach seine Taktik grundlegend verändert. Hier geht es also nicht nur um Flexibilität, die uns wie bei einem Gummiband hilft, uns auszudehnen und dann wieder in unsere Ausgangsposition zurückzubegeben. Nein, hier geht es um grundsätzliche Veränderung unserer Lebenstaktik, weil wir lernfähig sind und kapiert haben, dass unsere bisherige Vorgehensweise dazu führt, dass wir im Ring des Lebens zu Boden gehen. Wer dagegen nicht bereit ist, zu lernen, der steht nach einer Niederlage wieder auf und … macht dann genauso weiter wie zuvor! Dann bekommt er vom Leben wieder eins auf die Nase und noch einmal und noch einmal, denkt aber selbst dann nicht daran, seine Denk- und Reaktionsmuster, seine Grundüberzeugungen und Verhaltensweisen zu überprüfen. Er bleibt beharrlich bei dem, wie er es schon immer gemacht hat. Das nennt Einstein „verrückt“. Zu Recht!
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