Bronsteen schmunzelte kurz und nickte Ndogar zu. Besser hätte ich es auch nicht formulieren können, dachte er dabei.
Ndogar hob sich von den anderen Militärs des Landes ab. Er wirkte gebildet und redegewandt und trug auf seiner Uniform keine bunten Orden, sondern nur die goldenen Rangabzeichen. Der junge schwarze Zweimetermann mit Glatzkopf gehörte zweifellos zur Elite des Landes und war von einem mächtigen Clan gefördert worden. Sie schickten ihn nach Paris, um ein Studium der Rechte zu absolvieren, bevor er in die Armee eintrat, wo er gleich als höherer Offizier begann. Der erkaufte Rang war nicht billig, machte sich für den Clan aber schon nach kurzer Zeit bezahlt, denn Ndogar schützte seine Leute während des Bürgerkriegs mit einer beachtlichen Privatarmee.
Er selbst wurde bei den Kämpfen schwer verletzt und nach der Vertreibung des Rebellenregimes direkt als General der Bodentruppen eingesetzt. Nun saß er an der Quelle der Macht und laut Bronsteens Informationen war er – durch Geschäfte in der Grauzone zwischen staatlicher Erfordernis und einem ausgeprägten Verlangen nach hohen Schmiergeldern – in den letzten Jahren zu einem wohlhabenden Mann aufgestiegen.
»Es wäre daher freundlich«, unterbrach Ndogar Bronsteens Gedanken, »wenn Sie Ihre Offerte etwas präzisieren würden.«
»Vor allem die Finanzierungsmöglichkeiten, die sie mir angedeutet haben«, warf Tounambani ein, was ihm einen abschätzigen Blick von Ndogar eintrug. Der Politiker wich dem Blick aus und begann in seiner Aktentasche zu kramen – er stand also eindeutig eine Stufe unter dem Militär.
»Nun, General, es wäre eine spannende Aufgabe für mein Unternehmen, Ihnen bei der Neuausstattung Ihrer Armee in waffentechnischer Hinsicht unter die Arme zu greifen«, sagte Bronsteen. »Die Details sind für Sie vorbereitet.«
Er deutete auf Sarah, die für jeden der Anwesenden eine Mappe mit Aufstellungen und Fotografien ausgedruckt hatte und nun in der Runde verteilte. Dabei handelte es sich um Rüstungsgerät für Bodentruppen aus ehemaligen Beständen der Warschauer-Pakt-Staaten, das im südlichen Ural lagerte. Im Wesentlichen standen dort zweihundert Jagdpanzer, ein Dutzend Kampfhubschrauber mit Raketenbestückung, bewegliche Artillerie und an die hunderttausend Landminen. Einen Großteil der Gerätschaften hatte Bronsteens Vater seinerzeit an Moskau geliefert. Nun war über den Mittelsmann eines russischen Oligarchen der Rückkauf angeboten worden.
»… gesamt wäre der Preis vierhundert Millionen Dollar, dafür bekämen Sie normalerweise nicht einmal die Helikopter«, beendete Bronsteen seine Erklärungen zu der Aufstellung. »Außerdem bestünde im Normalfall auch das Problem einer Lieferung in ein Krisengebiet.«
»Für Sie kein Problem?«, wollte Tounambani wissen.
»Nein, wir haben da als Bank sehr gute Beziehungen in die Länder Südamerikas«, warf Ducca ein, »dort ist man wesentlich ungezwungener in der Abwicklung derartiger Aufträge, unsere Partner sind da sehr diskret.«
»Und das Finanzierungsmodell?«
»Ist ganz einfach ein Barter-Deal, ein einfacher Tauschhandel, also ganz afrikanisch.« Der gezwungene Scherz kam nicht an. Ndogar zog nur verständnislos eine Augenbraue hoch. Ducca beeilte sich sachlich fortzufahren. »Die Banco Merini gewährt Ihnen am Papier ein Darlehen über die vierhundert Millionen für den Waffenkauf und wir erhalten dafür einen gleichwertigen Anteil an den Uran-Schürfrechten. Unsere Gewinne aus dem Weiterverkauf dieser Rechte, abzüglich der üblichen Unkosten, sind dann die Rückzahlung des Kredites. Somit genügt für die Finanzierung Ihre Unterschrift.«
»Und wie wäre der Rücklauf?«, erkundigte sich Ndogar ungeduldig, da ihm die Details der Finanzierung nicht interessierten, das war die Angelegenheit von Politikern.
»Fünf Prozent auf ein neutrales Nummernkonto in der Schweiz oder wo Sie sonst möchten. Die Provision ist zahlbar nach erfolgtem Beginn des Uranabbaus.«
» Nach Beginn des Abbaus?«, wurde Ndogar hellhörig. »Wäre da nicht im Voraus eine gewisse Summe …«
»Das machen wir nicht einmal beim Präsidenten der Vereinigten Staaten«, unterbrach ihn Bronsteen sofort mit einem feinen Lächeln. »Wenn das ein Problem ist, dann sollten wir die Waffenlieferung auf Eis legen und uns nur auf das Projekt mit den Kindern konzentrieren.«
Ndogar fixierte Bronsteen mit einem harten Blick, der diesen jedoch mit seinem verbindlichen Lächeln auf den Lippen standhielt. Die Stimmung war eisig geworden. Ducca stand aber dennoch der Schweiß auf der Stirn.
Das einzige Geräusch in der momentanen Stille war ein verlegenes Räuspern von Tounambani, der auf einen positiven Ausgang hoffte, immerhin würde er die Hälfte des Schmiergeldes kassieren. Die Verträge für das Uran waren mit Ducca schon vorweg besprochen und von Tounambani ausgestellt worden.
Ndogar schob mit einer forschen Bewegung den Stuhl zurück und stand auf.
»Fünf Prozent in der Schweiz sind ausgezeichnet«, sagte er und streckte Bronsteen die Hand hin.
»Ich weiß, General«, antwortete dieser.
Nach der Besprechung verließ Ndogar, begleitet von seinem Sicherheitsberater Mérou, der ihm wie ein Schatten folgte, das Hotel, Tounambani ging alleine Richtung Hotelbar und Sarah ging auf ihr Zimmer. Sie war froh aus den Klamotten und unter kaltes Wasser zu kommen. Bronsteen gab Ducca einen Wink, er möchte noch bleiben.
»Ausgezeichnet Cesare«, meinte er, als sie alleine waren, »und Tounambani hat die Verträge für uns ausgestellt?«
»Ja, die Vorgespräche mit ihm liefen problemlos und er hat mir die Entwürfe nach Rom gemailt«, antwortete Ducca und goss sich ein Glas Eiswasser ein. »Es war nur noch offen, ob wir hier ohne viel Aufsehen agieren können, was jetzt mit dem UNICEF-Projekt kein Problem ist, und ob Ndogar der Sache zustimmt.«
»Was auch kein Problem war«, grinste Bronsteen und legte die Füße gemütlich auf den Nebenstuhl. »Immerhin winken sehr viele Millionen, wenn das Geschäft einmal läuft. Da war die langfristige Gier dann doch größer …«
Ducca stand auf, ging um den Tisch und nahm eine der Mappen mit den Details.
»Che bello«, sagte er, »die eigenen Lieferungen von den Russen billig zurückzukaufen und den Afrikanern nochmals zu verhökern.«
»Na billig sind sie nicht. Raskonow will zweihundertfünfzig dafür, der ist wahnsinnig. Der muss erst jemanden finden, der ihm den Schrott abkauft. Die Panzer sind dreißig Jahre alt, den Deal hat noch mein Vater abgeschlossen. In den Achtzigerjahren! Deshalb fährst du Ende nächster Woche zu der Besichtigung und den Verhandlungen nach Meschgorje. Mehr wie hundertachtzig zahlen wir nicht dafür.«
»Für den Termin hab ich Julio …«, versuchte Ducca das noch abzuwenden.
» Du fährst nach Russland, Cesare, nicht dein Consigliere, haben wir uns da verstanden?« Bronsteen nahm die Füße vom Stuhl und stand auf. »Du musst den Preis um siebzig Millionen drücken, das sind auch deine siebzig Millionen und das ist nicht der Job eines Anwalts.«
»Okay, okay!« Ducca hob beschwichtigend die Hand. »Ich fahre ja.«
Alles Idioten, dachte Bronsteen, wie kann man überhaupt auf so eine Idee kommen. Nur weil er lieber zu Hause Maserati fährt, als bei den Russen nach dem Rechten zu sehen, will er einen Angestellten schicken.
»Ich bin im Fitness-Center«, brummte er verärgert und ging grußlos hinaus.
»Dio, mio!« fauchte Ducca, nachdem die Tür wieder zugefallen war. »Erst Afrika, dann Russland, langsam fühle ich mich zu alt für so einen Scheiß.«
Er leerte den Rest des Eiswassers hinunter. Dann griff er zum Telefon und bestellte ein Chateaubriand, medium rare, mit gebratenen grünen Bohnen, Kräuterbutter und Kresse, von der Steakkarte aufs Zimmer. Dazu eine Flasche Rotwein – südafrikanischen Pinotage, den die Küche dazu empfahl. Er würde duschen und den positiven Abschluss des Vertrages mit einem ausgiebigen Essen feiern. Hunger hatte er ausreichend, denn er war seit dem Frühstück unterwegs und der Snack im Flugzeug war mager gewesen.
Читать дальше