Zwei Menschen können auf diesem Plan Seite an Seite leben, dennoch kann einer von ihnen sich in einem hohen Bewusstsein befinden, während der andere fast nur im niederen Bewusstsein der äußeren Welt wirkt.
So leben manchmal zwei auf engstem Raum, in nächster Nähe zusammen, doch in der Schwingung ihres Bewusstseins sind sie weit voneinander getrennt, was dann häufig zu Komplikationen im Zusammenleben führt. Nicht selten ist dann der Ausspruch zu hören: „Er oder sie hat nicht meine Wellenlänge."
Wer sich mit seinem ewigen Bewusstsein identifiziert, übersteigt die Schranken einer Dimension, die Raum und Zeit heißt. Er kennt nur ein Ziel: alle Bemühungen anzuwenden, das Bewusstsein zu schulen, um die Schwingungen dadurch zu erhöhen. Wir sollten verstehen, dass der geringste unserer Gedanken, das geringste unserer Gefühle und jedes Tun, das unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, die Sphäre bestimmt, in welcher wir von Augenblick zu Augenblick wirken.
Je höher die Bewusstseinsebene eines Menschen durch geistige Tätigkeit geworden ist, desto feiner wird sein Schwingungsbereich, wodurch jene feinen Sinne angesprochen und geweckt werden, die verborgen und brach in uns ruhen. Diese sind Offenbarungswerkzeuge geistiger Kräfte. Je feiner der Schwingungsbereich ist, desto mehr hat der Mensch die Möglichkeit, geistig zu wirken, und nach und nach dringt er in transzendente Ebenen seines ewigen Bewusstseins vor. Wir sollten uns nicht sträuben, Blicke in jene Bereiche zu tun, die doch zu unserem wahren Wesen gehören.
Das Bewusstsein eines Meisters, in welchem nur Gedanken und Gefühle ethischer, höherer Natur existieren, schwingt sehr rasch, wogegen das Bewusstsein eines Menschen mit unvollkommenen Gedanken und Gefühlen langsam schwingt und dichter ist. Wollen wir mit einem Meister oder - was letztendlich unser Ziel ist - mit Gott eins werden, müssen wir durch bewusste Selbstkontrolle die Schwingungsfrequenz unserer Gedanken- und Gefühlswelten erhöhen und diese in eine Schwingung, die beispielsweise eine der des Meisters ähnliche Frequenz hat, erheben. Die Fähigkeit dazu ist in eines jeden Herz gesenkt, sie bedarf der bewussten Kontrolle und ständiger Wachheit. Wir sollten stets in der Wachheit des Geistes leben.
Als Christus einmal gefragt wurde: „Meister, was kann ich tun, um ewiges Leben zu erlangen?" sagte er nur zwei Worte: „Sei wachsam!" Damit meinte er, dass wir weder unseren Augen und Ohren, unseren Gefühlen noch sonst einer Funktion im Geistigen wie im Körperlichen erlauben sollen, uns in eine niedere Schwingung ziehen zu lassen. Das geschieht beispielsweise durch minderwertige Literatur, durch flache Gespräche, durch schlechte Gesellschaft, durch disharmonische Musik.
Das Bewusstsein reagiert entsprechend der Situation des Augenblicks. Wenn wir mit einer geistigen Verwirklichung beschäftigt sind oder andächtig beten, hebt es sich über alle negativen Berührungen und Disharmonien hinaus. Doch wie leicht wird es wieder durch die geringste innere und äußere Suggestion hinabgeführt.
Bis zu einem gewissen Grade vermögen wir es, die begrenzende Sphäre mit dem Bewusstsein zu verlassen. Wenn wir uns voll und ganz mittels Musik, Schilderungen oder Lektüre beispielsweise auf eine herrliche Landschaft konzentrieren, betreten wir für die Dauer eines Augenblicks jene Landschaft, durch deren Besuch im Geiste wir eine Bewusstseinserweiterung erfahren. Das Bewusstsein nimmt all die Schönheit auf. Die geringste Veränderung oder Bewegung im Physischen jedoch holt das Bewusstsein wieder in seine engen Grenzen zurück. Wir alle haben diesen Augenblick sicher schon erlebt.
Unser Bewusstsein ist unser unsterblicher Schatz. Es ist der Teil unseres Wesens, der den vielfältigen Wechsel von Inkarnationen und physischer Auflösung überdauert, und darum ist seine Entfaltung und Ausweitung die wichtigste Aufgabe.
Weil wir unsterbliches Bewusstsein haben, erleben wir auch alle Stationen unserer kosmischen Evolution, ganz gleich, ob wir uns im physischen Körper bewegen oder diesen abgelegt haben und auf einer anderen Ebene existent sind, bewusst. Das Bewusstsein ist immer dort, wo unsere Seele, wo unsere Feinstofflichkeit ist. Wem das ganz klar geworden ist, kann vor dem Ablegen des Körpers, dieser uns so begrenzenden Hülle, keine Angst und Scheu mehr haben.
Immer und immer wieder sollten wir unser Bewusstsein in Sphären der Vollkommenheit weilen lassen. Wir sind das, was unser Bewusstsein offenbart. Wir sind dort zu Hause, wo unser Bewusstsein weilt. Und jener Himmel nimmt uns auf, der unserem Bewusstseinszustand entspricht. Darum tragen wir das Himmelreich in uns, wie Christus sagte.
Unsere unsterbliche Individualität ist unseren grobstofflichen Augen nicht sichtbar, aber dass wir Bewusstsein haben, können wir nicht leugnen, denn ohne Bewusstsein könnten wir nichts in Erfahrung bringen, weder die äußere Welt, weder Liebe noch Glück und Leid.
Die Weisen und Meister des fernen Ostens z. B. erforschten seit Jahrtausenden die Tiefen des Geistes, wogegen der Abendländer die Materie untersuchte. Die Meister suchten in unermüdlichem Ringen nach dem Urgrund ihres Seins, um zu erfahren: „Wer bin ich, woher komme ich und wohin gehe ich?" Ihr Bewusstsein erlebte eine Weitung, und sie bekamen die Urgründe ewiger Wahrheit zu schauen. Ihr sich daraus ergebendes Wirken ist jedoch für einen Materialisten unerklärlich. Geheimnisvoll erscheint aber nur das, was nicht genügend erklärt ist. Richtig verstanden erweisen sich alle ungewöhnlichen Geschehnisse als natürlich und im Einklang mit dem geistigen Gesetz.
Wenn wir den echten Bezug zu unserer wahren Natur haben, treffen wir unsere Entscheidungen mit der Intuition und nur zum Teil mit dem Verstand. Intuition ist die Quelle der Wahrheit, und darum sagt sie uns das Rechte. Sie kann sich nicht irren, weil diese andere Seinsform, wie Eccles sie nennt, die in der Sprache der Geisteswissenschaft und Yoga-Philosophie auch als das Höhere Selbst bezeichnet wird, Göttlicher Natur, Göttlicher Abstammung ist. Das Höhere Selbst gibt uns Antwort auf alle Fragen, wenn wir uns mit ihm identifizieren. Dieses ist ohne Zweifel nicht einfach, und es dauert eine geraume Zeit, bis wir den Prozess des Umdenkens gelernt haben von Vergänglichkeit auf Unsterblichkeit. Wenn wir oft am Tage den Geist auf diese Tatsache richten, wird unser Leben manche Änderungen erfahren. Die Schwierigkeiten des Lebens verblassen nach und nach, weil die Aufmerksamkeit viel mehr auf das Wesentliche gerichtet wird. Krankheiten und Unbehagen schwinden, weil unsere Intuition so stark wird, dass wir nur aus ihr handeln und fühlen. Wir erfahren eine Bewusstseinserweiterung, die uns wiederum zu beglückenden Erkenntnissen führt. Keine Frage bleibt auf die Dauer ohne Antwort. Um dieses alles zu erfahren, brauchen wir täglich eine Zeit der Stille, um des Höheren Selbst gewahr zu werden. Am Abend, ehe wir uns zur Ruhe begeben, sollten wir alle Konzentration auf uns selbst richten und dieses immer wieder tief empfinden, dass wir nicht der Körper sind, sondern erleben und wissen, dass unser wahres Wesen ewiger Natur ist. Und dessen sollten wir uns dann auch am Tage erinnern, damit die Aufmerksamkeit mehr und mehr vom Körper abgezogen wird und wir uns immer tiefer in die eigene Wirklichkeit, in unser individuelles Bewusstsein einfühlen können.
Intuition ist ein Aspekt unserer wahren Natur, unabhängig von der Gehirnfunktion. Jeder hat sicher schon Erfahrungen darin gemacht, wenn auch unbewusst. Geht es um eine Entscheidung, so öffnen sich manchmal mehrere Möglichkeiten. Die erste Entscheidung kommt in der Regel aus dem Bereich der Intuition. Dann schaltet sich der Verstand ein und dieser sagt oft etwas anderes. Meistens folgen wir dem Verstand, und oft hat es sich erwiesen, dass dies nicht die rechte Entscheidung war, die getroffen wurde, und dann sagen wir: „Der erste Gedanke war der richtige." Es war aber nicht ein konstruierter Gedanke, sondern die Reaktion unseres Bewusstseins, das intuitive Impulse an das Gehirn als Offenbarungswerkzeug weitergegeben hatte. Wer eine enge Verbindung zu seinem Höheren Selbst hat und die geistigen Zusammenhänge und Gesetze kennt, arbeitet auch bewusst auf der mentalen Ebene, unabhängig von der Gehirntätigkeit, wie Eccles es in seinen Forschungen darlegt. Nur jemand, der sich mit seinem höheren Bewusstsein identifiziert, kann die feinen Unterschiede erkennen, ob er auf der mentalen oder auf der physischen Ebene, also mit dem Verstand, arbeitet. Wer es vermag, auf der Ebene seiner höheren Seinsform zu arbeiten, dem bleibt keine Frage offen.
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