Christopher Germer
Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl
Wie man sich von destruktiven
Gedanken und Gefühlen befreit
Mit einem Vorwort von Sharon
Salzberg Übersetzt von Christine Bendner
Arbor Verlag
Freiburg im Breisgau
© 2009 The Guilford Press – A Division of Guilford Publications, Inc.
© 2010 der deutschen Ausgabe: Arbor Verlag GmbH, Freiburg
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel:
The Mindful Path to Self-Compassion: Freeing Yourself from Destructive Thoughts and Emotions
Titelfoto: © 2010 Gerti G. / photocase.com
Lektorat: Lothar Scholl-Röse
Hergestellt von mediengenossen.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
1. Auflage 2020
Alle Rechte vorbehalten
E-Book 2020
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-86781-334-1
Wichtiger Hinweis
Die Ratschläge zur Selbstbehandlung in diesem Buch sind vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft worden. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Sie brauchen psychotherapeutische Hilfe, wenn Sie sich durch die Übungen von Emotionen und Erinnerungen überwältigt fühlen. Bei ernsthafteren und/oder länger anhaltenden Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt, Psychotherapeuten, Psychologen oder Heilpraktiker Ihres Vertrauens zu Rate ziehen. Eine Haftung des Autors und des Verlages für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Inhalt
Vorwort
Anmerkung zur Übersetzung
Einleitung
Teil 1 Selbstmitgefühl entdecken
1 Gut zu sich sein
2 Auf den Körper hören
3 Schwierige Gefühle
4 Was ist Selbstmitgefühl?
5 Wege zum Selbstmitgefühl
Teil 2 Die Praxis der Liebenden Güte
6 Für sich selbst sorgen
7 Für andere sorgen
Teil 3 Selbstmitgefühl als individueller Weg
8 Die eigene Balance finden
9 Fortschritte machen
Anhang A Gefühlswörter
Anhang B Zusätzliche Selbstmitgefühls-Übungen
Anhang C Literatur und Praxis
Anmerkungen
Über den Autor
Danksagung
Quellen
Für meine Mutter,
die mir zeigte, was Mitgefühl ist
Vorwort
Warum fällt es uns so schwer, genauso freundlich und liebevoll mit uns selbst umzugehen, wie es viele von uns ohne zu zögern mit anderen tun? Vielleicht weil wir in unserer konventionellen westlichen Denkweise Mitgefühl als Geschenk betrachten und es als egoistisch oder unangebracht empfinden, uns dieses Geschenk auch selbst zu machen. Aber die uralte Weisheit des Ostens sagt uns, dass Herzensgüte etwas ist, das jeder Mensch braucht und verdient hat – und das schließt das Mitgefühl und die Liebe ein, die wir uns selbst entgegenbringen können. Ohne sie geben wir uns die Schuld an unseren Problemen, unserer Unfähigkeit, sie alle zu lösen, und unserem Schmerz, wenn leidvolle Ereignisse eintreten, so dass wir am Ende noch mehr leiden.
Die Vorstellung, sich selbst zu lieben, mag uns so fremd sein, dass wir wahrscheinlich selbst dann nicht wüssten, wie wir das anstellen sollten, wenn wir zu dem Schluss gelangten, es könnte durchaus nicht schaden, diese Fähigkeit zu entwickeln. Die moderne Neurowissenschaft und die Psychologie beginnen gerade erst zu erforschen, was von meditativen Traditionen seit jeher akzeptiert wird: dass Mitgefühl und Herzensgüte Fähigkeiten sind – keine Begabungen, mit denen man entweder geboren wird oder auch nicht –, und dass ausnahmslos jeder von uns diese Qualitäten entwickeln und in sein Alltagsleben einbringen kann. Hier setzt Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl an. Mit diesem Buch gibt Christopher Germer seinen Lesern und Leserinnen einen umfassenden Leitfaden zur Entwicklung dieser Fähigkeiten an die Hand. Er beschreibt die Vision der Freiheit, zu der wir durch Mitgefühl gelangen können, die wichtige Rolle des Selbstmitgefühls, den Weg, auf dem wir es verwirklichen können (anstatt nur darüber nachzudenken) und die praktischen Werkzeuge wie beispielsweise Achtsamkeit, die wir brauchen, um diese Transformation zu bewirken.
In der buddhistischen Psychologie betrachtet man Qualitäten wie Herzensgüte als Mittel gegen alle Formen der Angst. Ob wir unter der hemmenden Angst leiden, nicht gut genug zu sein und nie gut genug werden zu können, oder unter der Panik, die uns befällt, wenn wir nirgends einen Ausweg sehen, ob uns eine schleichende Angst lähmt, wenn wir den nächsten Schritt machen müssten, aber nicht wissen, wie oder wohin: Wenn wir Angst haben, leiden wir. Herzensgüte und Mitgefühl bejahen – im Gegensatz zur Angst – die heilsame Kraft der Verbundenheit, das befreiende Gefühl, Wahlmöglichkeiten zu haben und die Macht der Liebe als Katalysator für das Lernen. Ob wir sie anderen oder uns selbst entgegenbringen – die vereinten Kräfte der Herzensgüte und des Mitgefühls sind die Grundlage für weises, kraftvolles, manchmal sanftes und manchmal leidenschaftliches Handeln, das wirklich etwas verändern kann: in unserem eigenen Leben und im Leben anderer Menschen. Echtes Mitgefühl und wahre Liebe zu sich selbst sind die Basis für Furchtlosigkeit, Großzügigkeit, Offenheit und ein anhaltendes liebevolles Mitgefühl für andere.
Ob Sie bereits mit Hilfe von meditativen Traditionen wie Achtsamkeit Ihr Leiden zu lindern suchen oder einfach offen für alles sind, was Sie von Ihrem chronischen emotionalen Schmerz und Ihrer inneren Unruhe befreien könnte – dieses Buch kann Ihnen ein inspirierender Wegweiser sein. Auf den folgenden Seiten finden Sie ein wissenschaftliches Kompendium, ein lehrreiches Handbuch und einen praktischen Leitfaden, der Sie Schritt für Schritt an Liebende Güte und Selbstmitgefühl heranführt – Tag für Tag.
SHARON SALZBERG
Insight Meditation Society, Barre, Massachusetts
Anmerkung zur Übersetzung
Dieses Buch bietet einen radikal neuen Ansatz: einen Weg zu emotionalem Wohlbefinden, der auf Achtsamkeit beruht.
Achtsamkeit bedeutet „zu wissen, was man erlebt, während man es erlebt, ohne es zu bewerten.“ Doch manchmal ist das, was wir fühlen, sehr schmerzhaft und wir können es nicht lassen, gegen die Erfahrung anzukämpfen und uns zu kritisieren. Das ist der Augenblick, wo wir uns selbst gegenüber eine neue Haltung einnehmen müssen: Selbstmitgefühl!
Wir sind uns darüber im Klaren, dass das Wort „Selbstmitgefühl“ im Deutschen so bisher nicht existierte und wir verwenden es daher nicht leichtfertig. Manchmal ist jedoch ein neues Wort notwendig, um eine einzigartige persönliche Erfahrung präzise zu beschreiben.
Selbstliebe ist fast identisch mit Selbstmitgefühl, und die beiden Wörter sind in diesem Buch oft austauschbar. Weder mit Selbstliebe, noch mit Selbstmitgefühl ist eine narzisstische Nabelschau gemeint, dafür gibt es andere deutsche Begriffe: Eigenliebe und Selbstverliebtheit. Liebe wird in der westlichen Kultur oft mit Nächstenliebe assoziiert und dieselbe Haltung zu sich selbst wird typischerweise oft vernachlässigt oder abwertend als „Eigenliebe“ bezeichnet. Selbstliebe heißt, dass man sich selbst in das Energiefeld der Liebe einbezieht, die man für andere empfindet – nicht mehr und nicht weniger.
Wenn Liebe auf Leiden trifft, kann sie zu Mitgefühl oder Mitleid werden. Mitgefühl (engl. empathy ) ist wie ein Spiegel in unserem Innern, der alles widerspiegeln kann, was ein anderer Mensch fühlt: Glück, Trauer, Freude, Verzweiflung. Mitleid (engl. sympathy oder compassion ) bezieht sich speziell auf das Mitempfinden des Schmerzes eines anderen Menschen.
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