Hannelore Schlaffer - Rüpel und Rebell

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Viel ist über den Intellektuellen in seiner Rolle als Wortführer des Geistes geschrieben worden. Sein Stil und Gebaren aber wurden dabei kaum gewürdigt. Hannelore Schlaffers Essays rücken sie ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

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Die Orte der Kritik haben sich geändert. Sie findet nicht mehr im Salon statt, wo sie begann, nicht mehr in der Zeitung, wo sie sich fortsetzte, indem dort die Intellektuellen den Bourgeois und sich selbst untereinander beschimpften. Wo gäbe es noch Leute, die sich über Zeitungsartikel, über Redakteure und ihre Meinungen in die Haare bekämen? Wo wäre die Straße, auf der der Flaneur mit »seinem Blatt« unterm Arm großtut? Sie starben gemeinsam: die urbane Stadt, der Flaneur und der Intellektuelle – dieser allerdings erlebt heute seine Auferstehung als Eventist des Denkens und Genießens. Wie sieht er aus, welche Funktion hat er in der Gesellschaft heute?

Rameaus Neffen

Jean-François Rameau

Jene Figur, die durch Räsonnement, Zynismus, Spott und Verachtung der untergehenden Aristokratie den Spiegel vorhielt und der siegenden Bourgeoisie zur Selbstreflexion verhalf, existierte literarisch lange schon, ehe überhaupt der Kampf der Klassen – des Bürgertums gegen den Adel – begann. Diderot hat die Rolle zwischen 1761 und 1774 entworfen und ihr in seinem Dialog »Rameaus Neffe« einen ersten Auftritt verschafft. Der Autor hat den Text nie publiziert – auch in Frankreich wurde er erst durch die Rückübertragung aus Goethes Übersetzung bekannt –, und er mag seine Gründe gehabt haben. Die Figur trifft die Wirklichkeit der politisch-philosophischen Auseinandersetzung in jenem revolutionären Jahrhundert viel zu genau, die Personen, die dem Autor Modell standen, sind zu lebensecht, als dass Diderot das Porträt hätte publizieren wollen. Der Neffe ist eine Fiktion, die die Wirklichkeit schuf und die über Jahrhunderte hinweg immer wieder in neuen Varianten anzutreffen sein wird.

In »Rameaus Neffe« stehen zwei Figuren einander gegenüber, der »Philosoph«, ein bedächtiger Denker, und der ebenso verkommene wie geistreiche Neffe Rameaus. In diesen Figuren trifft die Philosophie als Gedanke auf die Philosophie als Lebensstil – und nur beide zusammen ergeben jenen gesellschaftlichen Akteur, für den das 19. Jahrhundert schließlich den Titel »Intellektueller« fand, der zu Diderots Zeit noch den wohlklingenderen Namen le philosophe trug.

Diderots philosophe und der Neffe gehören zusammen wie das »Ja – Aber …« von Behauptung und Zweifel, die fortan im Kopf des Intellektuellen miteinander streiten werden. Allerdings dominiert der Neffe, ein Rüpel und Rebell, den Dialog, und zwar deshalb, weil er eine Schau bietet, die den späteren Auftritt des Intellektuellen als Stadtstreicher oder Caféhausliterat vorwegnimmt. Intellektualität ist der Widerspruch gegen die gesellschaftliche Normalität, der sich als Schauspiel zelebriert. Die Ideengeschichte des Intellektuellen bedarf daher der Ergänzung durch eine Körpergeschichte, welche Haltung, Geste, Kleid als optische Zeichen von Intelligenz und Kritik durchschaut und anerkennt.

Die Figur, die körperlich mit dem Geist umgeht, ist eine Erfindung der Aufklärung. Ihr Publikum war die aristokratische Gesellschaft des Ancien Régime. Deren Hang zu Repräsentation und Theater mag es gewesen sein, was den kritischen Geist zur optischen Darstellung seiner Ideen und zur gestischen Provokation veranlasste. In jedem Intellektuellen ist ein Stück Aristokratie auf bewahrt, und dies Erbe bleibt ihm, auch wenn er aus dem ursprünglichen Ambiente heraus- und in die bürgerliche Gesellschaft eintritt.

Ehe Diderot den Dialog beginnen lässt, gibt er in einer Art Regieanweisung Auskunft über Gestalt und Kostüm des Neffen:

»Es ist eine Zusammensetzung von Hochsinn und Niederträchtigkeit, von Menschenverstand und Unsinn, die Begriffe vom Ehrbaren und Unehrbaren müssen ganz wunderbar in seinem Kopf durch einander gehn: denn er zeigt, was ihm die Natur an guten Eigenschaften gegeben hat, ohne Prahlerei, und was sie ihm an schlechten gab, ohne Scham. Übrigens ist er von einem festen Körperbau, einer außerordentlichen Einbildungskraft und einer ungewöhnlichen Lungenstärke. (…) Heute, mit schmutziger Wäsche, mit zerrissenen Hosen, in Lumpen gekleidet und fast ohne Schuhe, geht er mit gebeugtem Haupte, entzieht sich den Begegnenden, man möchte ihn anrufen, ihm Almosen zu geben. Morgen, gepudert, chaussiert, frisiert, wohl angezogen, trägt er den Kopf hoch, er zeigt sich, und ihr würdet ihn beinah für einen ordentlichen Menschen halten. (…) Bald erreicht er zu Fuß ein kleines Dachstübchen (…). Bald wirft er sich in eine Schenke der Vorstadt, wo er den Tag zwischen einem Stück Brot und Kruge Bier erwartet. Hat er denn auch die sechs Sous zum Schlafgeld nicht in der Tasche, (…) so wendet er sich an einen Mietkutscher, seinen Freund, oder an den Kutscher eines großen Herrn, der ihm ein Lager auf Stroh neben seinen Pferden vergönnt. Morgens hat er denn noch einen Teil seiner Matratze in den Haaren. (…) Mit dem Tage erscheint er sogleich in der Stadt, gekleidet von gestern für heute, und von heute manchmal für den Überrest der Woche.«

Der Gesprächspartner des Neffen, ein scharfsichtiger Physiognomiker, hat, noch ehe dieses »Original« auch nur ein Wort verlauten ließ, seinen Geist schon aus Kleid und Betragen erraten. Zerschlissene Kleidung scheint der Neffe gern zu tragen, edlere wählt er gelegentlich, einmal aus Scheinheiligkeit, ein andermal aus Ironie. Er erzählt dem Philosophen, wie er sein Glück – vor allem bei jungen Damen – mache, indem er heruntergekommen daherkommt, im »Surtout von Baracan«, einem Überzieher aus grobem Ziegenhaargewebe. Auf ein abstoßendes Gesicht legt er wert, es solle, so sagt er, voller Selbsthass zugleich und Abneigung gegen die Mitmenschen sein, eines, »das man für die Rückseite nehmen könnte«.

Nach all den Grundsätzen, die der Neffe im Gespräch darlegen wird, ist das ungepflegte Äußere das Fundament seines Weltentwurfs. Indem er modische Ziererei und gutes Betragen meidet, will er die wahre Natur des Menschen sichtbar machen. Jeder Faden seines Kleides ist ein Bekenntnis. Die achtlose Aufmachung korrespondiert dem Gewicht, das die aristokratische Gesellschaft dem repräsentativen Aussehen und dem vornehmen Habitus beimisst. Der Neffe hingegen verschmäht sichtbare Auszeichnungen und Rangabzeichen; er strebt danach, die Wahrheit zu erkennen, und diese tritt durch ihn in all ihrer verlotterten Pracht in Erscheinung. Seine Eleganz ist die Schlamperei und diese der Ausdruck einer Wahrhaftigkeit, die beim Körper beginnt. Er brüskiert mit seiner Schlamperei auch die Nonchalance, die sich große Herren leisten durften, und führt einen Stil ein, der Kritik als Negation der guten Sitte zur Anschauung bringt.

Bis ins 20. Jahrhundert erkennen sich die Anhänger dieser Sippe, die die wahre Natur des Menschen zu kennen vorgeben und sie verkünden, an der Rauheit der Stoffe, die sie tragen, an der Nachlässigkeit des Schnitts ihrer Kleider, an der Ungepflegtheit ihres Äußeren. Sie verachten glänzende Stoffe als Abglanz des aristokratischen Reichtums und den guten Schnitt des Anzugs, der die Figur zum bürgerlichen Ideal männlicher Schönheit bilden würde.

Vorfahren

Jean-François Rameau kennt seine Abstammung genau, und zwar nicht nur die vom berühmten Onkel. In seiner Familie häufen sich die spottlustigen Exemplare, und von ihnen weiß er den Stammbaum bis ins antike Griechenland zurückzufinden. Von Theophrast, La Bruyère, Molière erfahre er, so erklärt er, alle Fehler des Menschen, »alles was man tun soll und alles was man nicht sagen soll«. Molière verehrt der Neffe besonders, weil der Komödiendichter Frechheiten nicht nur sagt, sondern zeigt. Auch der Neffe ist ja ein begabter Schauspieler, was seinem Gesprächspartner, dem Philosophen, stets aufs neue Bewunderung abverlangt.

Genealogisch stammt Rameaus Neffe zwar aus der Familie des Komponisten Jean-Philippe Rameau, ideengeschichtlich jedoch aus der des Diogenes von Sinope (um 412–323 v. Chr.), den die Nachwelt durch die Anekdoten und Sentenzen kennt, die Diogenes Laertios, sein Namensvetter, sammelte. Diogenes schlug sein Theater auf der Straße auf, wie Rameaus Neffe seines im Salon. Beider Reden gelten jenen Personen, die vor ihnen stehen. Diogenes rügt alle Leute, die an seinem Fass vorbeikommen, und sei es Alexander der Große. Rameaus Neffe nimmt sich die Aristokraten vor, die ihn nähren, und als wahrer Schmarotzer zehrt er auch vom Zitatenschatz seines griechischen Vorfahren. Bei beiden ist die Person selbst das Werk, sie führt sich als in Erscheinung getretene Rede vor und will von der Welt bestaunt werden. Eine auf fällige Familienähnlichkeit schließt die Provokateure der guten Sitte zusammen, selbst wenn Jahrhunderte sie trennen. Der Geschlechtername leitet sich von Diogenes und seinem Vorgänger Antisthenes her und hat einen guten Klang: Es ist die Familie der Kyniker, sie steht in radikaler Opposition zu aller Konvention und dem Hund, kynos , näher als dem Menschen.

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