Mehrfach rieten uns Einheimische vom Übernachten in der Wildnis ab, da haben wir auch so einige Storys gehört. Aufgrund der jüngsten Vorkommnisse waren wir sehr vorsichtig, auch wenn die „Chance“, von einem Auto überfahren zu werden, weitaus größer ist: Eine ältere Dame wurde in Kanada in ihrem eigenen Garten von einem Schwarzbären angefallen und getötet. Das gleiche Schicksal ereilte einen Wanderer im Yellowstone-Nationalpark bei der Begegnung mit einem Grizzly. Und ein Ranger in Kanada bemerkte einen Bären in etwa 500 Metern Entfernung. Wie im Lehrbuch machte er alles richtig und mit einer Signalpfeife auf sich aufmerksam, damit er früh genug von diesem mächtigen Tier wahrgenommen würde, und sich dieser nicht in seinem Territorialverhalten gestört fühlte. Dennoch griff der Bär an, und der Ranger musste ihn erschießen. Bei unserer ersten Bärensichtung am Straßenrand haben wir ein Wohnmobil gestoppt, um uns ungesehen auf der Rückseite des Fahrzeugs an diesem mächtigen Tier vorbei zu mogeln.
Einmal habt Ihr in einem Lkw übernachtet.
Im kleinen Ort Mendenhall im kanadischen Yukon Territory fragten wir in „Irenes Restaurant“ nach einem Platz für unser Zelt. Irene meinte, dass dies zurzeit zu gefährlich sei, da eine Grizzlymutter mit zwei Jungen in der Gegend unterwegs sei. Sie würde uns aber einen kostenlosen Van zur Verfügung stellen, in dem wir sicher übernachten könnten. Ich (Volker) freute mich schon, nach zwei Monaten im Zelt, auf den Luxus und die Annehmlichkeiten eines Wohnmobils, und malte mir dies in den schönsten Farben aus. Stattdessen gab’s einen heruntergekommenen Lieferwagen, der auf einem Schrottplatz vor sich hin gammelte. Im Innenraum befand sich viel Unrat und eine alte Matratze, auf der wir uns frustriert breitmachen durften.
Gab es „gefährliche“ Nächte, in denen Euch in Eurem Zelt nicht wohl war?
Kaum. In Peru gab es mal eine Nacht, in der ich (Petra) stundenlang wach und mit offenen Ohren dagesessen bin, ob wer kommt. Denn da waren am Abend mehrere Autos mit seltsamen Gestalten bedrohlich nah an uns herangefahren. Das war eher unheimlich.
Bestens geschützt: Perfekter Zeltplatz im Hochland, Peru.
Infopoint: Wenn einer eine (lange) Reise tut
Wenn einer eine Reise tut … – auch über einen längeren Zeitraum, und seine Wohnung aufrecht hält, muss er sich nicht extra abmelden. Wird die Wohnung aufgelöst, braucht die Gemeinde (Stadt) eine Anschrift im Ausland – bei einem Weltumsegler den ersten Hafen, in dem er startet.
Wenn jemand beruflich unterwegs ist, kommt es wieder darauf an, ob die Wohnung bestehen bleibt oder nicht. Ein Soldat, der für ein Jahr in den Auslandseinsatz geht und seine Wohnung behält, muss sich nicht abmelden. Geht der Soldat für drei Jahre weg, die Wohnung bleibt ebenfalls bestehen, müsste er sich jedoch abmelden. Laut Gesetz muss die Wohnung bewohnt bleiben, drei Jahre sind in diesem Fall zu lange.
Man kann auch zwei Hauptwohnsitze haben, einen in Deutschland, den anderen beispielsweise in Österreich (weil man dort beruflich beschäftigt ist). Das geht die Gemeinde meldetechnisch nichts an.
Wenn das Amt feststellt, dass es sich um eine Scheinwohnung handelt, weil derjenige beispielsweise bei der Mutter angemeldet ist, muss er sich abmelden. Bei Scheinwohnungen wird grundsätzlich nachgeforscht, zur Not auch mithilfe der Polizei. Das Meldegesetz macht da ganz klare Vorschriften.
Fakt ist aber auch, dass es in vielen Fällen auch am Ermessen der Behörde liegt, ob sich jemand abmelden muss oder nicht. Ein entsprechender Spielraum ist diesbezüglich meist gegeben.
Quelle: Stadt Bad Reichenhall
Petra und Volker Braun besitzen ein Haus. Sie waren rund 20 Monate am Stück unterwegs und meldeten sich nicht ab. In der Zeit ihrer Abwesenheit bewohnte ein ehemaliger Arbeitskollege von Petra das Haus. Er hielt es sozusagen in Schuss. Das Hausrecht übertrugen die Brauns per schriftlicher Vollmacht einem guten Freund. Er wäre eingeschritten, hätte es gravierende Probleme gegeben oder wären wichtige Dinge – beispielsweise mit den Nachbarn – zu regeln gewesen.

Guanajuato, Mexiko.
2. Etappe: Freundlich zurück auf die Autobahn
Führt Ihr darüber Buch, wie viele Länder Ihr bereist habt und hinter denen Ihr sozusagen ein Häkchen machen könnt?
Nein, um Himmels Willen. Das ist uns völlig egal. Es wäre eine schreckliche Vorstellung, hätten wir den Drang, darüber Buch zu führen. Wir sind eher auf die Kilometer stolz, die wir auf all unseren Reisen bislang hinter uns gelassen haben, aber nicht, weil wir besonders viele Länder bereisten.
Wie viele waren es denn bislang?
42.
Wo hat es Euch denn überhaupt nicht gefallen.
In Mexiko.
Warum?
Dort herrschte irrsinnig viel Verkehr. Das hat uns fast erschlagen, weil wir aus Alaska, Kanada und den USA viel Einsamkeit gewohnt waren. Dann kam dieser Moloch, fürchterlich. So viele Autos, so viele Menschen, enge, schlechte Straßen, rücksichtslose Busfahrer. Wir benutzten verbotenerweise öfter mal die Autobahn, weil auf denen aufgrund der Maut fast nichts los war. Zweimal komplimentierte uns die Polizei wieder runter, sehr freundlich, ohne Strafe. Wir sind dann hinter dem nächsten Ort wieder „freundlich“ auf die Autobahn zurückgekehrt. Dort war es einfach sicherer.
Und Ihr hattet keine Angst, wieder „erwischt“ zu werden und dann womöglich einer Strafe nicht mehr zu entkommen?
Nein, die Polizei war an sich ganz nett und ist wohl toleranter als bei uns in Deutschland. Wir machten in Zentralmexiko einmal eine Pause im Schatten einer Brücke, als sich ein Streifenwagen näherte. Nach kurzem Smalltalk mit vielen Verständigungsproblemen forderten uns die Polizisten auf, hier zu warten – sie seien in einer Stunde zurück. Wir wussten nicht, was wir tun sollten und was jetzt wohl als nächstes käme. Die beiden waren im nächsten Ort einkaufen, kamen wieder und überreichten uns einen ganzen Sack voll mexikanischer Energieriegel – unter anderem mit Honig überzogene Nüsse. Bevor sie wieder abrauschten, prosteten wir uns noch mit einer Cola zu, dann wurden wir wieder mit den besten Wünschen auf die Strecke geschickt.
Freundliche Ordnungshüter: Pickninck mit Polizisten in Mexiko.
Wie lange „quälte“ Euch das ländliche Mexiko?
Da es leider die längste Länderstrecke war, rund 4.500 Kilometer, fast drei Monate. Es war dort mit wenigen Ausnahmen und einigen Regionen im Süden monoton und wenig aufregend. Ein für uns unattraktives Reiseland.
Einige Städte Mexikos beeindruckten Euch jedoch.
Buntes Würfelspiel: Guanajuato, Mexiko.
Die 1.500 Kilometer lange Baja California, eine Wüstenlandschaft mit riesigen Kakteen im Norden, hat uns sehr gut gefallen. Aber als wir wieder auf dem Land waren, gab es in erster Linie monotone Überlandstrecken ohne irgendwelche Höhepunkte zu bewältigen. Einige Kolonialstädte präsentierten sich uns allerdings konträr zu den Gebieten dazwischen, absolut einzigartig: Guanajuato beispielsweise, in Zentralmexiko, auf 2.000 Metern gelegen. Ein sagenhafter Augenschmaus, so strahlend, so leuchtend, in allen Farben. Die Häuser stehen dicht an dicht, dazwischen atmosphärisch einzigartige Plazas, eine richtig schöne alte Kolonialstadt. Um das Verkehrsproblem der Stadt zu lösen, wurden 1965 ein trockenes Flussbett sowie einige Bergwerkschächte in ein Fahrzeugtunnelsystem umgewandelt. Aufgrund der starken Güsse in der Regenzeit werden die unterirdischen Verkehrsadern der Stadt jedoch derart überschwemmt, dass es immer wieder zum Verkehrschaos kommt. Beeindruckend war das Mumien-Museum. Darin werden über 100 mumifizierte Körper gezeigt. Sie wurden bei der Erweiterung des Friedhofes ab dem Jahre 1865 gefunden und werden hier aufbewahrt. Der trockene, mineralische Boden und das semiaride Klima (lateinisch aridus = trocken, dürr/Anm. d. Autors) verhinderten die Verwesung der Leichen.
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