Wolfgang Fritz Haug - Die kulturelle Unterscheidung

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»Der Mensch lebt nicht vom Brot allein«. Der Ausspruch verweist auf ein Mehr, vielleicht ein Höheres, auf etwas, das dem bloß Notwendigen abgerungen ist. Wäre dies das Kulturelle? Aber »Kultur ist, wie der Mensch lebt und arbeitet«, konterte der Gewerkschaftsbund. Damit bahnte er den Weg, das mit Hoffnung Besetzte fürs werktägliche Leben einzufordern. Pierre Bourdieu führte vor, dass man »kulturelles Kapital« braucht, um nach Oben zu kommen. Und war nicht »die ökonomisch-politische Machtwelt um uns«, wie Ernst Bloch gesagt hat, »lang so falsch erleuchtet von ›Kultur‹ als der wesenlosen Luxusatmosphäre der Oberschicht«? Auf diesem mehrfach umkämpften Terrain das originär kulturelle Moment freizulegen, um es der Vereinnahmung durch Ideologie und Unterhaltungsgeschäft zu entwinden – darum geht es bei den Elementen einer Philosophie des Kulturellen. Ausgerüstet mit Antonio Gramscis »Politik des Kulturellen« nehmen sie den Kritikverlust der Cultural Studies und den Stand der materialistischen Kulturtheorie unter die Lupe. Sie begleiten die Archäologen bei ihren Ausgrabungen der Reste dessen, was irreführend »materielle Kultur« genannt wird. Sie folgen den »Leistungsträgern« ins Fitness-Center, untersuchen das Tauziehen zwischen Warenästhetik, Ideologie und den jugendlichen »Insubordinationskulturen«. Und sie erkunden die abenteuerliche Dialektik der »Jeanskultur«. Dabei zeigt sich, wie ein klarer Begriff des Kulturellen den Kämpfen um Handlungsfähigkeit und Sinn auf die Sprünge helfen kann.

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Kultur in diesem dritten Sinn existiert nur, solange sie widersteht. Freilich ist damit die Widerspruchsgeschichte, die wir Dialektik nennen, noch nicht zu Ende. Widerstand als solcher ist weder gegen den Umschlag ins Rückwärtsgewandte oder sogar Reaktionäre gefeit noch dagegen, hinterrücks vereinnahmt zu werden, wie es »kaum ein Produkt gibt, das nicht mit Guevaras Konterfei vermarktet« werden konnte (KdW, 348).

Dass solche Widersprüchlichkeit nicht von heute datiert, zeigt eine Bemerkung Johann Gottfried Herders, der als Vater des »modernen Kulturbegriffs« gilt (Perpeet 1976, 1309), in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit von 1784. In der Vorrede spricht er distanziert von dem, »was wir Kultur nennen und oft nur verfeinte Schwachheit nennen sollten […]. Nichts ist unbestimmter als dieses Wort, und nichts ist trüglicher als die Anwendung desselben auf ganze Völker und Zeiten. Wie wenige sind in einem kultivierten Volk kultiviert?« Damit ist das Stichwort der »Kultivierung« gefallen, in der sich gut bürgerlich aller Fortschritt zur »Humanität« zusammenzieht. Herder sieht die Triebkraft auf diesem Weg, nicht jedoch den in ihr wohnenden Widerspruch 1. Die »Schlussanmerkung« zum 20. Buch beginnt mit der Frage: »Wie kam also Europa zu seiner Kultur und zu dem Range, der ihm damit vor andern Völkern gebühret?« Sie mündet in die Antwort, dass »die neue Kultur Europas […] nur eine Kultur der Menschen wie sie waren und sein wollten« sein konnte, »eine Kultur durch Betriebsamkeit, Wissenschaft und Künste«. – Inzwischen hat die kapitalistische »Betriebsweise« (Marx) der Kultur das bürgerliche Projekt längst ihren Marketingabteilungen zugeordnet. Wenn zur Zeit der Französischen Revolution noch das Kapital als Allegorie der Kultur diente, so dient heute die Kultur dem Kapital als allegorisches Material.

Dieser Umschlag der Kräfteverhältnisse widerfuhr dem bürgerlichen Kulturprojekt nicht von ungefähr. Die Kraft, die die Kultur sich unterworfen hat, ist keine andere als diejenige, die sie zur obersten Kategorie des bürgerlichen Selbstverständnisses erhoben hatte. Die bürgerliche Gesellschaft ist die erste in der Geschichte, die ihr Wesen als ›Kultur‹ ausgesprochen hat. Wie alle anderen frühen Hochkulturen verfügte die klassische Antike weder über einen Begriff von ›Kultur‹ noch einen von ›Kunst‹, obwohl sie doch – in unseren Augen! – beides auf eine Weise geschaffen hat, die der bürgerlichen Gesellschaft seit der Renaissance und vollends der Aufklärung als kanonisches, eben klassisches Vorbild diente. Doch wie das feudale Mittelalter nicht von der Religion leben konnte, so die bürgerlich-kapitalistische Moderne nicht von der Kultur. Gerade weil sie aus ihrem Kerngeschäft das Kulturelle als Autonomes verbannt, wies sie ihm eine eigene Sphäre zu, in der sie ihre Ideale hegte und sich geschichtlich legitimierte. Das macht verständlich, wieso diese illusionäre Form, in welcher der Kommerz sein idealisches Gegenteil unter dem Namen Kultur als sein Wesen vorschiebt, dessen kritischen Anspruch nicht völlig ersticken könnte, ohne es um seine Wirkung zu bringen. Es wirkt nur, solange der Anspruch aufrechterhalten bleibt, dass es um seiner selbst willen an die höchste Stelle gerückt und ein Kult darum betrieben werde.

Angesichts des Ersten Weltkriegs, der bürgerlichen Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, schrieb Rosa Luxemburg: »Nicht wenn sie, geleckt und sittsam, Kultur, Philosophie und Ethik, Ordnung, Frieden und Rechtsstaat mimt – als reißende Bestie, als Hexensabbat der Anarchie, als Pesthauch für Kultur und Menschheit, so zeigt sie sich in ihrer wahren, nackten Gestalt.« (GW 4, 53) Das ist wahr und doch nur einer der Pole der Wahrheit. Bereits Marx hat allzu pauschal den ›verschönerten Schein‹ der bürgerlichen Verhältnisse verworfen. Auch fürs Sein der bürgerlichen Gesellschaft gilt Hegels Satz, dass ihm »das Scheinen wesentlich« ist. Ernst Bloch hat den Blick darauf gerichtet, wie hier Entwürfe einer anderen Welt zum Vorschein kommen. In ›Kultur‹ und ›Kunst‹ dachten die klassischen Bürger hinein, was über ihre gesellschaftliche Existenzgrundlage hinauswies. Hier deponierten sie ihre Träume. Die Kultur hatte für sie die Nachfolge der Religion angetreten. So wurde die Kultursphäre zum Behältnis künstlerischer und philosophischer Entwürfe, die von der kapitalistischen Grundlage zur bloß illusionären Existenz verdammt sind. Ihr Moment ist nie und immer, ihr Reich nirgends und überall. Dem Geld und der Gewalt gehört jeder Augenblick, »Was bleibet aber, stiften die Dichter.« 2Zugleich weist dieses real und doch nur imaginär, als Bildungsgut Bleibende beharrlich über jene Grundlage hinaus.

Was diese Gesellschaft der Privategoismen an der ›Kultur‹ festhält, ist gerade deren dumpf vorgestellter Gegensatz zu ihr, das Gefühl, Kommerz und Konsum könnten doch ›nicht alles gewesen sein‹. Wenn sie ihr Wesen imaginär in die ›Kultur‹ setzt, so ist dies unwahr, bloßer Schein, doch kann der bloße Schein von Wahrheit mehr von dieser enthalten als das Sein. Wenn nach Luxemburgs Einsicht die »geistige Kultur« immer »eine Schöpfung der herrschenden Klasse« ist und es im Kapitalismus »keine andre Kultur geben [kann] als bürgerliche«, so erklärte sie es aufgrund des Doppelcharakters der bürgerlichen Kultur gleichwohl zur Aufgabe der sozialistischen Arbeiterbewegung, »die Kultur der Bourgeoisie vor dem Vandalismus der bürgerlichen Reaktion [zu] schützen und die gesellschaftlichen Bedingungen der freien Kulturentwicklung [zu] schaffen« (GW 1/2, 367). 3

Die bürgerliche Gesellschaft bringt es nicht zu dem Gedanken, dass sie selbst das Problem ist, sondern stellt sich Kultur vor als »Gegensatz zu all dem, was der Reproduktion des materiellen Lebens, überhaupt der buchstäblichen Selbsterhaltung der Menschen dient, der Erhaltung ihres bloßen Daseins«. Adorno, von dem diese noch in der Negation des Bürgerlichen von eben diesem geprägte überallgemeine Formel stammt (Kultur und Verwaltung, 123), kommt daher zu dem Schluss, Kultur sei »überhaupt misslungen« (141). Doch das meint ›Kultur‹ als von den nicht-kulturellen Mächten kolonisierte Illusion. Im Untergrund bleiben Widerstand und Genuss, Kritik und Utopie ihre komplementären Seelen.

Von der Illusion zur Utopie und von dieser über den praktisch-geschichtlichen Entwurf zum Verwirklichungsversuch mag es je ein großer Schritt sein, aber eben doch nur ein Schritt. Dann ist die Illusion, in der eine herrschende Klasse sich über sich selbst täuscht, mit Wahrheit und möglicher Wirklichkeit geladen. Das macht das wie immer verschwommen unter ›Kultur‹ Intendierte zu etwas unabschließbar Umkämpften.

II.

Wer das Andere will, muss

von der Immanenz der Kultur ausgehen,

um sie zu durchschlagen.

Theodor W. Adorno 4

Die schlichte Frage, was das ist, was Kultur genannt wird, ist im Zuge der Verabschiedung der Metaphysik und ihres unhistorischen Wesensdenkens in Verruf gekommen. Man hat sie durch die Frage ersetzt: »Was meinen wir, wenn wir ›Kultur‹ sagen?« Doch wenn der Gedanke nicht vom Meinen zu den tatsächlichen Verhältnissen und zum konkreten Verhalten in diesen vordringt, liefert er sich den Mächten aus, die das kulturelle Feld kolonisiert haben, und bietet der Welt das Schauspiel einer Kulturwissenschaft ohne Kulturbegriff.

Wer sich mit dem bloßen Wort ›Kultur‹ zufrieden gibt, macht es sich in der Gedankenlosigkeit bequem. Damit ein Wort zum Begriff wird, muss es unter seinem Namen eine theoretische Erklärung zusammenfassen. Dieses Begriffsverständnis ist in dem Maße ›entsorgt‹ worden, in dem man sich mit den Verhältnissen auf Kosten der theoretischen Grundlagen 5abgefunden hat. Dabei ist die Begründung, warum sich die Kulturwissenschaftler für ein »nicht widerstands-fixiertes Fachverständnis« (Fluck 2004, 20) entscheiden sollen, immer schon mitwirkender Teil der Wirklichkeit, über die sie objektiv zu sprechen glaubt: »Wenn man fragt, wogegen eigentlich Widerstand geleistet werden soll, dann gibt es keine konkreten Adressaten mehr wie ehemals den Kapitalismus oder die Bourgeoisie, sondern nur noch eine zunehmend diffuse Form von Herrschaft, die von einer radikalisierten Herrschafts- und Kulturkritik als distinktes Merkmal moderner Gesellschaften beschrieben wird.« (19) Abgesehen davon, dass drei Jahre nach dieser Äußerung die Krise den Kapitalismus als Adressaten des Widerstands in Erinnerung gerufen hat, enthält Kultur, strengt man ihren Begriff an, »allem Bestehenden, allen Institutionen gegenüber unabdingbar ein kritisches Moment«, 6dem nur Widerständigkeit gerecht wird.

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