Michael Kirchschlager - Emil und die Burg der Trolle

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Nachdem der Drache Emil beschließt, seine Mama im hohen Norden zu suchen, trifft er auf seiner Reise viele neue Freunde: den Kettenhund Otello, die Fischotter Fredi und Ferdi, die Moorhexe und zwei Trollkinder. Doch König Frott, der oberste Trollkönig, plant Arges. Zusammen mit seinen stärksten Trollen zieht er Emils Mama aus dem Moor und nimmt sie gefangen. Mit ihrer Hilfe will er das Ei eines Erddrachen ausbrüten, um in den Besitz der Weltherrschaft zu gelangen. Denn die mächtigen Erddrachen, die in der Erde leben, halten die Welt am Laufen. Wird es unserem Emil gelingen, den schurkischen Trollkönig zu stoppen? Und kann er Gamle Rattenbein, den riesigen Kerkerwächter, bezwingen?

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KNABE VERLAG WEIMAR

von

MICHAEL KIRCHSCHLAGER

für Leser ab 8 Jahre

Was bisher geschah ...

Nach vielen Abenteuern beschließt der Drache Emil, ein Nickerchen zu

machen. Doch so ein Nickerchen kann bei einem Drachen Jahre dauern!

Inzwischen zieht Landgraf Ludwig der Eiserne an der Seite Kaiser

Rotbarts mit fast allen Rittern nach Italien. Da bietet sich end-

lich für Herzog Heinrich den Grimmigen die lang ersehnte

Gelegenheit, die Thüringer zu unterjochen und die lieb-

reizende Landgräfin Jutta zu seiner Frau zu nehmen.

Wild entschlossen belagert der grimmige Herzog

das Schloß der schönen Landgräfin am Weißen See.

Hart bedrängt von Heinrichs Schergen und

zwei furchtbaren Fabeltieren – dem Adlerwolf

Rapagon und der doppelköpfigen Riesenschlange

Hydragona –, befinden sich Jutta und ihr

Volk bald in größter Not. Als alle Hoffnung

zu verfliegen droht, tritt das kleine Mädchen

Ziegenherzchen auf und schlägt vor, den Dra-

chen Emil zu suchen und zu wecken, denn

nur der Drache könne das Land noch retten.

Nach einer abenteuerlichen und gefährlichen

Suche findet sie Emil, weckt ihn aus seinem

Schlaf und beide machen sich auf den Weg zum

Weißen See. Dort tobt eine erbitterte Schlacht.

Doch mit Emils Hilfe werden der Feind und seine

bösartigen Ungeheuer bezwungen und das Land

befreit. Während der Sieg ausgiebig gefeiert wird,

ist der Drache Emil jedoch traurig. Denn eigentlich

hatte er anderes im Sinn, als zu kämpfen. Er vermisst

seine Mama, die in einem Moor hoch oben im Norden lebt.

Schon am folgenden Morgen bricht er auf, sie zu suchen ...

Vom Leben in Urzeiten

I

n Urtagen, als die Welt entstand, entwickelte sich auch das Leben. Zuerst winzig

klein, wuchs es riesenhaft. Am Anfang waren es Drachen, die als mächtiges Ge-

schlecht die Erde bevölkerten. Gigantische Erddrachen lebten im Inneren unseres

Planeten, Flugdrachen mit beeindruckenden Spannweiten kreisten in den Lüften,

Feuerdrachen hausten in Vulkanen und Höhlen und bunte Seedrachen waren in den

Urmeeren zu Hause. Dann kam der Mensch hinzu und mit ihm die Götter. Ihnen folgten

Riesen, Zwerge, Trolle, Elben und viele andere wundersame Wesen.

Anfänglich lebten alle friedlich miteinander, aber dann rissen die Menschen, von den

Priestern ihrer Götter verleitet, die Herrschaft an sich. Sie erschlugen vor Angst die

Riesen, stiegen vor Gier nach Gold und Erzen in die Berge hinab und vertrieben die

Zwerge. Sie sagten, ihre Götter wollten das. Letztendlich begannen sie, die Drachen

auszurotten. Der Drache wurde dem Bösen, dem Teufel, gleichgesetzt und überall,

wo Recken und Ritter Drachen habhaft werden konnten, tauchten sie ihre Schwerter

und Speere in Drachenblut. Aus diesem Grund zogen sich die Drachen allmählich in

die abgelegensten Winkel der Erde zurück, dort, wo sie sich vor den Menschen sicher

glaubten. Doch das Menschengeschlecht ließ nichts unversucht, die letzten Drachen

aufzuspüren. Nur wenigen gelang es, für eine kurze Zeit sichere Zuflucht zu finden.

Unter ihnen war auch die Feuerdrachin Lava. Gemeinsam mit ihrem Kind, dem kleinen

Drachen Emil, lebte sie in einem finsteren Sumpf weit oben im rauen Norden. Als Emil

größer wurde, schickte ihn seine Mutter mit einem magischen Wunsch in ein Land,

wo es um die Drachen noch nicht so schlimm bestellt war. Dort erlebte er mannigfache

Abenteuer und erkannte, dass es Gut und Böse gab, auch unter den Menschen.

Doch nichts ging dem kleinen Drachen Emil, der gar nicht mehr so klein war, so häufig

durch den Kopf wie der Gedanke an seine Mama. Schon so lange waren sie getrennt!

Schließlich fasste er den Entschluss, sie zu suchen.

3

Der Findling

Emil überflog ausgedehnte Wälder, in denen nur ab und zu Dörfer mit kleinen Obst-

gärten und Viehherden lagen. Hügel und Berge zogen an ihm vorüber, Bäche und Flüsse

schlängelten sich unter ihm durchs Land und auf jeder saftigen Wiese, auf der er halt

zum Ausruhen machte, stellte er sich die Frage, wie es seiner Mama bisher ergangen

war. Ja, würde sie ihn nach dieser langen Zeit der Trennung überhaupt erkennen?

Nach und nach wurden die wolkenverhangenen Berge niedriger, bis sie schließlich

ganz verschwanden. Das blattgrüne Wäldermeer verwandelte sich in eine karge,

graubraune Landschaft.

Unter seinen Drachenflügeln ent-

deckte er auf einem Acker eine

Gruppe von Menschen, die

sich in ihrer braunen

Kleidung kaum von

ihrer Umgebung

unterschieden.

4

Es waren Bauern, die mittels Seilen und Holzstangen versuchten, einen gewaltigen Stein

vom Feld zu ziehen. Aber der Stein, den die Leute Findling nannten, war so schwer, dass

er sich keinen Fuß weit bewegte.

Emil beschloss zu helfen und landete vorsichtig ganz in der Nähe. Beim Anblick des

Drachen erschraken die Menschen und, bis auf den Dorfältesten, liefen alle schreiend

und kreischend weg.

Der alte Bauer griff nach einem knotigen Buchenstock und hob ihn drohend in Richtung

des Drachen.

„Beim Heiligen Georg, der den Drachen erschlug, kein Stück weiter, du Bestie!“, rief er

und fuchtelte wild mit seinem Holzstecken.

„Fauch, schmauch, Drachenzahn, nun mal sachte“, versuchte Emil zu beschwichtigen,

„ich wollte euch doch nur helfen. Diesen Winzling von einem Steinbrocken habe ich

im Nu von eurem Acker geflogen.“

Der Dorfälteste sah Emil erstaunt an.

„Du kannst sprechen?“, fragte er mit weit aufgerissenen Augen.

„Ja, ich bin der Drache Emil und ich suche meine Mama, die in einem Moor hoch oben

im Norden lebt.“

„Und du willst uns nicht fressen oder unser Dorf versengen?“

„Nein, ich esse nur Fisch, am liebsten Karpfen. Manchmal auch

Frösche, aber nur, wenn es nichts anderes gibt.“

„Karpfen haben wir in unserem Dorfteich genug“, sagte der Dorfälteste sichtlich

erleichtert, „ich mache dir einen Vorschlag. Du schaffst den Quacker (damit meinte

er den Stein) an den Rand unseres Feldes und zum Lohn darfst du zehn von unseren

Karpfen verspeisen.“

Kaum hatte der Bauer seinen Vorschlag ausgesprochen, schnappte sich Emil auch schon

den Findling und schoss ihn zu der bezeichneten Stelle.

„Für ein paar fette Karpfen mache ich alles“, frohlockte Emil.

Wie groß war das Staunen beim Bauernvolk, als der Stein donnernd zur Erde fiel.

„Kommt herbei, ihr braven Leute“, rief der Dorfälteste, „das ist Emil der Drache. Er

meint es gut mit uns! Heißt ihn willkommen!“

Anfänglich zauderten die Dörfler, da sie Emil fürchteten und Drachen nur aus Sagen

und Mythen kannten, wo sie obendrein Gift und Galle spuckten und Menschen scha-

deten oder Schätze bewachten. Ein paar Jungen schlossen jedoch schnell Freundschaft

mit Emil, der mit einigen kleineren Findlingen lustige Kunststückchen vollführte.

Der Dorfälteste hielt Wort und ließ zehn Karpfen aus dem Dorfteich fischen. Zur größ-

ten Freude aller, besonders aber der Kleinsten, die Emil schnell in ihr Herz geschlossen

hatten, warf Emil die Karpfen geschickt in die Höhe, briet sie mit kurzen Feuerstößen

und schluckte sie dann mit dem größten Genuss hinunter. Jedem Bissen folgte ein

lockerer Spruch wie:

Karpfen lieb' ich brutzelbraun,

werd' mir jetzt den Bauch vollhau'n.

Oder:

Karpfen in 'nem Drachenmagen

sorgen für größtes Wohlbehagen.

„Emil, du bist ein lustiges Vögelchen“, sagte ein kleines Mädchen und steckte dem

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