Ich fragte ihn, was er von der integrativen Medizin hielt, der Bewegung von Ärzten wie Andrew Weil, die die Schulmedizin mit alternativen Heilmethoden verbinden. Meine Frage entzündete eine sofortige feurige Antwort. Er winkte missbilligend wie ein unzufriedener Prophet ab.
»Was wissen die Ärzte schon über Naturheilmedizin? Seit Jahren haben so viele Schulmediziner die Naturheilmethoden schlechtgemacht - und jetzt wollen sie sie plötzlich anwenden. Wenn sie sie anwenden möchten, sollen sie erst einmal eine richtige Ausbildung darin machen. Haben sie die Pflanzenheilkunde oder Akupunktur studiert und angewandt? Viele Ärzte versuchen sich heute ein bisschen darin. Sie springen auf den Zug der Alternativmedizin auf, die enorm gewachsen ist, weil so viele Patienten mit der Schulmedizin unzufrieden sind.«
Das war D’Adamos Ton. Er spie noch immer Feuer, wenn es darum ging, die Naturheilmethoden zu verteidigen. Auch hatte er einen historischen Vorteil - immerhin hatte er 50 Jahre lang Patienten auf der Grundlage ihrer Blutgruppen behandelt. Welcher andere Naturheilmediziner konnte schon solche Erfahrungswerte vorweisen?
Ich bohrte weiter und fragte ihn, wie er es fand, dass so viele Amerikaner sich heutzutage mehr mit alternativen Heilmethoden auseinandersetzten. Als wir unser erstes Buch geschrieben hatten, war die Einstellung in Amerika noch eine andere gewesen. Damals wurden Leute mit einem natürlichen Lebensstil und mit Naturheilpraktikern anstelle von Hausärzten als irregeleitet oder gar verrückt angesehen.
Heute ernähren sich viele Menschen von Bioprodukten, praktizieren Yoga, suchen Akupunkteure auf und nehmen Vitamine und Kräuter zu sich. Die Bewegung der Alternativmedizin - und das Konzept der Präventivmedizin - sind viel weiter verbreitet als damals.
»Ja, es ist toll zu sehen, wie die Menschen sich Dingen wie Yoga und Meditation, Vitaminen und Ernährung immer bewusster werden«, antwortete er. »Früher brauchte man ein ärztliches Rezept, um in einem Reformhaus Rohmilch zu kaufen - wenn man vor 30 oder 40 Jahren so etwas in New York überhaupt auftreiben konnte. Kann man sich das vorstellen? Heute bekommt man in jedem Supermarkt um die Ecke Biomilch. Aber das Bewusstsein dafür zu entwickeln ist nur der erste Schritt. Die individuellen Menschen müssen auch wissen, ob Rohmilch ihrem Körper guttut oder ob sie eine Entspannungsübung wie Yoga oder eher einen Sport wie Rennen oder Schwimmen brauchen. Ob sie Lamm oder Innereien essen sollten oder besser Vegetarier werden.
Darüber hinaus gibt es so viele Kombinationen von so genannter ›gesunder Supernahrung‹, die im Internet verbreitet werden und angeblich Energie liefern, gegen Unfruchtbarkeit oder zur Gewichtsabnahme gut sind. Sie sind nicht nur lächerlich, sondern können sogar richtiggehend gefährlich sein. Leuten, die chronisch erschöpft sind, eine Diät aus konzentrierten Säften mit einem hohen Zuckeranteil als schnell wirkenden Energiespender anzudrehen, könnte diese Menschen in die Unterzuckerung (Hypoglykämie) oder sogar Diabetes treiben - wenn sie nicht schon dort angekommen sind. Man kommt immer wieder an den Punkt, dass man wissen muss, welche Nahrungsmittel für welches Individuum auf der Grundlage seiner Blutgruppe und des gegenwärtigen Allgemeinzustands die richtigen sind.«
Das zweite Mal
Diese letzte Bemerkung war ausschlaggebend für meine Entscheidung, mit Dr. D’Adamo ein zweites Mal zusammenzuarbeiten. Hier war der Naturheilmediziner, der zweifellos den originellsten Beitrag zur Naturheilkunde der Moderne geleistet hatte - mit dreißig weiteren Jahren an Erfahrung in der Behandlung von Krankheiten. Dies zu einem Zeitpunkt, an dem die Amerikaner bereiter als je zuvor sind, die Verantwortung für ihre Gesundheit selbst zu übernehmen und neue Wege der Heilung zu gehen. Es schien ein günstiger Augenblick für uns, wieder einmal zusammenzuarbeiten.
Es ist jetzt 3 Uhr morgens in Portsmouth. Morgen früh werde ich meinen Kassettenrekorder einschalten und anfangen, das aufzunehmen, was Dr. D’Adamo seit langer Zeit veröffentlichen möchte: seine neuesten Beobachtungen und Erkenntnisse über Blutgruppen und Heilung, und wie er einige der schwierigsten Krankheiten des 21. Jahrhunderts behandelt, darunter Fettleibigkeit, Herzprobleme, Krebs, Diabetes, ADHS und Depression. Außerdem teilt er seine drängende neue Botschaft über Prävention der Welt mit - etwas, das im amerikanischen Gesundheitssystem leider nicht zu finden ist. Meine Aufgabe wird das Niederschreiben sein.
- Allan RichardsPortsmouth, New Hampshire
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Kapitel 1
Die Original-Blutgruppendiät
In meinem ersten Buch One Man’s Food is someone else’s poison, das 1980 veröffentlicht wurde, versuchte ich (Dr. James D’Adamo) Zweierlei: in den Vereinigten Staaten eine Lanze für die Naturheilmethoden zu brechen und zum ersten Mal meine Entdeckung des Zusammenhangs zwischen der Blutgruppe eines Menschen und seiner Ernährung als ein Mittel vorzustellen, mit dem sich die Gesundheit maximieren lässt, und als Behandlungsmethode von Krankheiten, darunter sogar die führenden Todesursachen in den USA - Herzprobleme, Krebs, Diabetes und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD).
In meinem zweiten Buch The D’Adamo Diet , das ich 1989 verfasst habe, schilderte ich meine Beobachtungen über Untergruppen und die Rh-Faktoren sowie ihre Auswirkung auf die individuelle Diät.
Seit der Erstausgabe von One Man’s Food ist vieles geschrieben worden, was auf meinen Erkenntnissen über Blutgruppen basiert, darunter auch der New-York-Times-Bestseller Vier Blutgruppen meines Sohns Dr. Peter D’Adamo, der auch Naturheilmediziner ist. Auch wenn ich dankbar dafür bin, dass sich viele Heilpraktiker für meine Arbeit und meine Forschungen interessieren, und dass durch Peter mein Blutgruppenkonzept Millionen von Lesern auf der ganzen Welt nahegebracht wurde, ist es doch enttäuschend zu sehen, wie viele Ernährungsspezialisten sich das Blutgruppenkonzept umgehängt haben, als wäre es der neueste Modetrend, und die Grundlage für meine Erkenntnisse in ihre Praxis oder Veröffentlichungen einbeziehen, ohne je eine aussagekräftige Anzahl von Patienten behandelt zu haben.
Das Individuum und die Blutgruppe
One Man’s Food hat nicht nur den Gedanken eines Zusammenhangs zwischen der Blutgruppe und der Ernährung eines Menschen in den Raum geworfen, sondern auch eine radikale Vorstellung ins Leben gerufen - radikal im Vergleich zu der Art und Weise, wie die meisten Schulmediziner und selbst einige Ernährungsspezialisten heute praktizieren: nämlich dass jedes Individuum ein einzigartiges Geschöpf mit bestimmten Charakteristiken ist. Anders gesagt: Es laufen keine zwei Menschen auf der Erde herum, die genau gleich sind - es gibt keine zwei Menschen mit demselben Fingerabdruck, Lippenabdruck, Ohrläppchen, Iris oder Stimme (sogar eineiige Zwillinge teilen nicht sämtliche Charakteristiken). Deswegen sollten sich auch nicht zwei Menschen genau gleich ernähren.
Die Blutgruppen sind mittlerweile ein weit verbreitetes Konzept - manche Befürworter sagen sogar, die Blutgruppe würde die Persönlichkeit eines Menschen definieren. Ihre Bedeutung als ernährungswissenschaftliches Mittel habe ich entschlüsselt und über einen Zeitraum von fünfzig Jahren herausgearbeitet. Ihr heutiges Vermarktungspotenzial - auch wenn es willkommen ist, da dadurch mehr Menschen erreicht werden können - liefert sie (leider auch) Ärzten aus, die von dem Konzept profitieren, ohne über das erforderliche Wissen oder die nötige Erfahrung zu verfügen.
Zum Zeitpunkt, als ich One Man’s Food schrieb, hatte ich schon über 15.000 Patienten untersucht, diagnostiziert und behandelt. Ich führte damals eine erfolgreiche Praxis in Bay Ridge, Brooklyn, einem ruhigen italienischen Stadtbezirk an der hohen Verrazano-Narrows-Brücke, die Brooklyn mit Staten Island verbindet. Außerdem hatte ich eine zweite Praxis an der Upper West Side von Manhattan und eine dritte in der Hester Street in Little Italy, wo ich mittellose Anwohner behandelte. Wir leben in einer Zeit, die ich als das Ende der Dunkelzeit der Naturheilverfahren in den Vereinigten Staaten bezeichnen möchte. Die amerikanische Naturheilmediziner-Bewegung - der natürliche Weg zur Gesundheit - fing damals gerade an, aus dem Untergrund in das Bewusstsein der generellen Bevölkerung aufzutauchen.
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