11)Karl May zählt seit mehr als einhundert Jahren zu den meistgelesenen Schriftstellern weltweit. Sein Werk wurde in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Die Weltauflage liegt bei mehr als 200 Millionen Bänden (davon ca. 100 Millionen in Deutschland). Ganze Generationen bezogen ihr Bild von den Indianern oder dem Orient aus seinen Werken.
12)MAY, Karl: „In den Schluchten des Balkan“. Karl May Verlag, Bamberg Radebeul. S. 20
13)MAY, Karl: „Durch das Land der Skipetaren“. Karl May Verlag, Bamberg Radebeul. S. 5
14)Dieser Ausspruch wird Fürst Metternich zugeschrieben, dessen Villa im dritten Bezirk stand. Die Stoßrichtung seiner Aussage, konnte ich nicht klären. Eine Interpretation lautet, dass sich am Rennweg die erste Karawanserei befand, und Metternich dadurch zu dieser Aussage veranlasst wurde, die heute somit vielleicht eine ganz andere Bedeutung hätte.
15)VODOPIVEC, Alexander. „Die Balkanisierung Österreichs – Folgen einer großen Koalition“. Fritz Molden Verlag, Wien – München, 1966
2.
Der Balkan und seine Bedeutung für Österreich
Mit Bundespräsident Fischer in Kroatien: Krawatten-Richten vor dem Interview
Die Putzfrau aus Požarevac war für mich – als ich 1987 nach Wien kam – einer meiner ersten direkten Kontakte mit dem Balkan. Damals sagte mir die Stadt nicht viel, und außer dass sie in Serbien lag, wusste ich eigentlich nichts über sie. Vor allem den historischen Zusammenhang mit Österreich konnte ich nicht herstellen. Das änderte sich bereits im Jahr 2000, als ich in die Stadt zu einer Reportage über Slobodan Milošević fuhr, der dort geboren und nach seinem Tod in einer Zelle des Haager Tribunals auch begraben wurde. 1)Ehrfürchtiger betrachtete ich die Stadt nach dem Besuch des damals noch recht verfallen wirkenden kleinen Museums. Požarevac ist das historische Passarowitz aus meiner Schulzeit. Der Friede von Passarowitz, geschlossen am 21. Juli 1718 zwischen Karl VI. und Venedig einerseits sowie Sultan Ahmed III. andererseits, führte zur größten Ausdehnung der Herrschaft der Habsburger am Balkan. 2)Letztlich war Passarowitz für 20 Jahre Grenzstadt des Reiches.
Wie prägend diese 20 Jahre für die Stadt waren, weiß ich nicht. Die zwischenmenschlichen Kontakte zu Österreich sind jedenfalls eng; sie dokumentiert allein schon die Autobusstation, denn jeden Tag fährt ein Autobus von Požarevac nach Wien. Eine Fahrkarte tour-retour kostet 70 Euro, wobei die Fahrt 12 Stunden dauert. Ein Viertel der Stadtbevölkerung arbeitet als Gastarbeiter im Ausland, und so kam auch jene Putzfrau aus Požarevac nach Wien, in ihre ehemalige Reichs- und Residenzstadt. Doch das Imperium schlägt bekanntlich zurück, und die stetig wachsenden wirtschaftlichen Kontakte haben dazu geführt, dass Firmen aus Österreich am Balkan auch im Putz- und Reinigungsgeschäft tätig sind. Dazu zählt die Firma Securicom aus Niederösterreich, 3)die in Mazedonien 1.400 Mitarbeiter beschäftigt, davon mehr als 500 im Reinigungssektor. Angeboten werden simple Stiegenhausreinigungen über spezielle Putztrupps für Krankenhäuser bis hin zu solchen für Industrieanlagen. Der Vorteil dieser und ähnlicher Anbieter sind moderne Technologie und ein Grad an Hygiene, auf die nicht nur internationale Firmen und Organisationen nicht verzichten wollen.
Als Investor liegt Österreich mit 340 Millionen Euro in Mazedonien an vierter Stelle, 4)50 Firmen sind mit Niederlassungen oder Produktionsstättenvertreten oder wie Knauf oder Tondach. Der Dachziegelhersteller aus Kleinstätten in der Steiermark war für mich immer ein Beispiel, wie die Ostöffnung die österreichische Wirtschaft verändert hat. Aus einem kleinen Ziegelwerk mit 250 Mitarbeitern wurde eine Aktiengesellschaft, die in Ost- und Südosteuropa mit 34 Werken vertreten ist und 3.100 Mitarbeiter beschäftigt, davon 300 in Österreich. 5)Eine umfassende Geschichte dieser Transformation der österreichischen Wirtschaft ist bisher nicht geschrieben worden, und im Bewusstsein der Bevölkerung ist dieser enorme Wandel der vergangenen 20 Jahre noch viel zu wenig präsent. Trotzdem war und ist die Expansion natürlich mit Risiken und Problemen verbunden, die in besonders gravierenden Fällen auch eine klare politische Rückendeckung durch die österreichische Regierung erforderlich machen. Beispiele dafür finden sich in Mazedonien, Kroatien und anderen Ländern des ehemaligen Jugoslawien, über die ich immer wieder berichtet habe. Dazu zählen Rechtsunsicherheit, weil beispielsweise das Grundbuch noch immer nicht zuverlässig ist, Korruption, Behördenwillkür und Bürokratie. All diese Erscheinungsformen zeigen, wie wichtig einerseits die rasche EU-Annäherung des Westbalkans, aber auch das Beharren auf der konsequenten Erfüllung von Kriterien ist. Denn ist ein Staat erst einmal Mitglied der EU, sind die Möglichkeiten weit geringer, ihn zu schwierigen Reformen zu veranlassen.
Ein Beispiel für jene Reformen, auf deren Umsetzung vor dem EU-Beitritt hätte beharrt werden müssen, bietet das Justizwesen in Slowenien. 2008 waren 500.000 Gerichtsverfahren anhängig, wobei die lange Verfahrensdauer durch extensive Einspruchsmöglichkeiten und die Belastung der Richter auch mit einfachen Verwaltungsaufgaben den Rückstau kontinuierlich erhöht. All das beeinträchtigt die Durchsetzbarkeit der Einhebung von Außenständen, ein Problem das angesichts der Wirtschaftskrise zunehmend an Bedeutung gewinnt. Trotzdem ist gerade Slowenien das Paradebeispiel für die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte der österreichischen Wirtschaft. Die Gesamtsumme der Auslandsinvestitionen beläuft sich auf ca. 9,5 Milliarden Euro; davon stammen aus Österreich 4,3 Milliarden. Damit ist Österreich bei weitem der größte Investor. 700 heimische Firmen sind mit Niederlassungen in Slowenien tätig. Österreich ist der drittwichtigste Warenlieferant und der viertwichtigste Abnehmer slowenischer Waren. 2008 exportierte Österreich Waren im Wert von 2,55 Milliarden Euro, die Importe lagen bei 1,2 Milliarden. Unter den wichtigsten Exportmärkten liegt Slowenien an dreizehnter Stelle. Somit beziehen die zwei Millionen Slowenen etwa gleich viel Waren aus Österreich, wie die 2,4 Milliarden Chinesen und Inder zusammen. Beim Pro-Kopf-Import ist Slowenien mit etwa 1.275 Euro weiter an den Spitze.
Hervorragend ist die österreichische Position auch in Kroatien. Nach Angaben der Nationalbank in Agram betragen die ausländischen Direktinvestitionen seit 1993 mehr als 21 Milliarden Euro, davon entfallen mehr als sechs Milliarden auf Österreich, das auch in Kroatien größter Investor ist. Mehr als 800 Firmen sind vertreten, und die Außenhandelsstelle der Wirtschaftskammer in Agram hatte in den vergangenen zwei Jahren (Stand Juli 2009) mit mehr als 5.600 Firmen aus Österreich Kontakt. Die Zahl der in Kroatien tätigen Firmen aus Österreich schätzt die Außenhandelsstelle auf mehr als 7.000. 6)Obwohl in Serbien die Reformen erst mit dem Sturz von Slobodan Milošević im Jahr 2000 einsetzten, haben Firmen aus Österreich in diesem mit etwa acht Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Land des ehemaligen Jugoslawien bis Sommer 2009 knapp zwei Milliarden Euro investiert. 270 Firmen sind bei der Außenhandelsstelle in Belgrad registriert, in den 1990er Jahren waren es 40. Bedeutsam ist Österreich auch als Arbeitgeber mit jeweils mehr als 20.000 Beschäftigten in Serbien und Kroatien.
Das Rennen um Mobi 63
Serbien war für mich persönlich auch der Ort, an dem ich bisher meinen spannendsten Wirtschaftsbericht verfasst habe. Es war dies das Rennen um Mobi 63, den zweitgrößten Mobilfunkanbieter Serbiens, zwischen der Mobilkom Austria und der norwegischen Telenor.
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