Wolfgang Fritz Haug - Jahrhundertwende

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Einsetzend im Juni 1990 im Anschluss an sein ­Peres­trojka-Journal zeigen Haugs Aufzeichnungen seine Denk- und Schreibwerkstatt in Auseinandersetzung mit den großen Umbrüchen der bislang wenig aufgearbeiteten Dekade 1990 bis 2000: vom schrittweisen Zerreißen der Sowjetunion und der Abwicklung der DDR sowie der Zerstörung Jugoslawiens über Inflation in der Türkei und weltweite Börsenkrisen bis zu lateinamerikanischen Gegenpolitikversuchen. Es ist die Epoche der neoliberalen Konterreformen und des in ihrem Zeichen sich vollziehenden Übergangs zum transnationalen Hightech-Kapitalismus, gestützt auf die rasante weltweite Auskristallisierung des Internets und seiner »New Economy«. Für den Autor waren es die Jahre, in denen ihn die Übersetzung und kritische Ausgabe der »Gefängnishefte« Antonio Gramscis sowie die Herausgabe der ersten vier Bände des »Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus« in Atem hielten und er sein ›philosophisches Bekenntnis‹ »Philosophieren mit Brecht und Gramsci« veröffentlichte, dazwischen arbeitet er immer wieder an der materialanalytischen Gewinnung von Mosaiksteinchen für seine Theorie des Hightech-Kapitalismus. Haugs Werk-Tagebuch beleuchtet und ruft in Erinne­rung, wie die Weichen gestellt wurden für eine ­Menschen und Ressourcen verschleißende, zugleich aber ungeahnte Handlungsmöglichkeiten freisetzende Globalisierungs­offensive. Es dokumentiert Versuche Einzelner, sich in einer Welt des Paradigmenwechsels zu positionieren – gedanklich, politisch, existenziell, oft schmerzlich ohne Perspektive. Immer wieder geht Haugs Blick vom konkreten Einzelnen zu den Zusammenhängen. In diesem Buch sind die fertigen Gewissheiten in der Minderheit, vielmehr kann man dem Chronisten zusehen, wie er wahrnimmt, zweifelt, nichts einfach stehen lässt, sondern unbequem hinterfragt und manche unbequeme Antwort findet. Man geht durch eigene Zweifel, wird sich ihrer bewusst, um wie der Autor teilzuhaben an dem Projekt, nichts unversucht zu lassen, »die eigene Weltauffassung bewusst und kritisch auszuarbeiten und folglich, im Zusammenhang mit dieser Anstrengung des eigenen Gehirns, die eigene Tätigkeitssphäre zu wählen, an der Hervorbringung der Weltgeschichte aktiv teil­zu­nehmen« (Gramsci).

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23. April 1991

Die Sojusgruppe forderte am Wochenende Ausnahmezustand mit Parteien- und Streikverbot, widrigenfalls soll Gorbatschow abgesetzt werden. Aber inzwischen weiten die Streiks sich aus. Für heute ist ein Generalstreik in Weißrussland angekündigt, mit Gorbatschows Rücktritt als Streikforderung. Die Leute sollen nur mehr lachen beim Namen G, und zwar böse. So habe ich selbst es schon vor einem Jahr auf dem Polizeirevier des Arbat gespürt.

Kohl, der große Vereinigungskanzler, zahlt jetzt die Rechnung, die Lafontaine verfrüht präsentiert hatte. Die Sozialdemokraten reden von Regierungswechsel.

24. April 1991

Wechselbalg-Waren . – Als Indikator für die Fäulnis der sowjetischen Gesellschaft berichtet Kerstin Holm (keine unverdächtige Zeugin), dass es auf einem Moskauer Markt kaputte Glühbirnen zu kaufen gibt, das Stück zu 1 Rubel, deren »Gebrauchswert« darin besteht, dass man sie am Arbeitsplatz in eine Lampe schraubt und die funktionierende mitgehen lässt.

Der schlingernde und schwindende Gorbatschow hat wieder einmal einen Kompromiss schließen können: sein Antikrisenplan ist, mit Zugeständnissen versehen, von acht Republikchefs, darunter Jelzin, unterzeichnet worden. Noch immer beim Umstellen von der Befehlsadministration auf eher horizontale Vereinbarungen, die von beidseitigem Vorteil sind. Marx war zu schnell mit seinem Spott über Bentham. Gewiss fangen nun alle Probleme des Marktes wieder von vorne an, aber die Probleme der Despotie lauerten im blinden Fleck von Marx, dem Wie einer nicht marktförmigen großräumigen Vergesellschaftung der Produktion.

Merkwürdigerweise stiegen zur Zeit des Anschlusses der DDR die deutschen Auslandsinvestitionen, während ausländische Investitionen in Deutschland sanken. An der DDR wurde verdient, aber (noch) nicht dort investiert. Die Vorbereitungen für den »gemeinsamen Markt« gingen vor. Ende 1989 waren es 185 Mrd DM Direktinvestitionen westdeutscher Unternehmen im Ausland, vor allem in Frankreich und Großbritannien. In Osteuropa 1/2 Mrd. Europäisches Kapital übertraf erstmals mit 45 Mrd DM das amerikanische (40 Mrd DM).

In der FAZ schimpft Barbier auf die FDP, die, wohl als Reaktion auf den politischen Gegenwind, den Ausdruck »soziale Offenheit« in ihre Phraseologie aufgenommen hat: »Die Botschaft einer liberalen Partei müsste doch lauten: ›Nichts sichert das Soziale so sehr wie eine marktwirtschaftliche Politik.‹ Nur für diese Botschaft wird die FDP auf Dauer gebraucht.« – Ob »soziale Offenheit« ein Wink an die SPD ist, also die Koalitionsfrage mit dieser aufmacht?

Kohl, der Sieger von 1989/90, sieht nicht mehr gut aus. Im Osten wirkt der kapitalistische Marktkult verheerend. In der FAZ dekretiert diese Ideologie heute: »Im Vergleich zu Westdeutschland werden in den neuen Bundesländern zu viele Menschen beschäftigt.« Sartres Zuvielsein kriegt Bedeutungszuwachs. Dabei wird mitgeteilt, dass die Zahl der Erwerbstätigen in der ehemaligen DDR vom ersten Quartal 89 bis Ende 90 um 1,7 Mio zurückgegangen ist. Könnte es sein, dass dieses »Verschwinden« von Arbeitsbevölkerung bereits aus den Arbeitslosenzahlen herausgerechnet ist? Der Durchschnittsbruttolohn lag Ende 90 bei 1357 DM oder bei knapp 37 Prozent des westdeutschen. Die Produktivität wird mit 28,5 Prozent der westdeutschen angegeben.

*

Gestern die Überarbeitung des Sartre-Buchs abgeschlossen. Nur das neue Vorwort steht noch aus. Es müsste gelingen, die Weise zu bestimmen, wie der Absurdismus in die geistige Situation nach dem Zusammenbruch des Sozialismus neu eingeschrieben ist. Wenn es keine Alternative (oder keinen Glauben an eine mögliche Alternative) mehr gibt, dann sind viele dagegen, ohne ändern zu wollen . Muss nicht das wie ein Generator des Absurden wirken?

26. April 1991

Gestern und heute mit Gerhard Scheumann einen Aufruf »Rettet die MEGA« besprochen und schließlich geschrieben. Scheumann, der als »Schnauze des Regimes« abgestempelt wird, deshalb letztes Jahr aus der PDS ausgetreten ist und auch das Kapitel Film in seinem Leben beendet hat, ein Musterbeispiel freigesetzter Kraft. Von ihm lerne ich, dass die DDR-spezifischen Anoraks, neben den Jeans die wahre Volkskleidung, »Frischhaltebeutel« genannt wurden.

Unser Kultursenator Rohloff soll Wekwerth zum Rücktritt von der Intendanz des BE aufgefordert haben. Der aber widersetzt sich, schon weil er dann nicht einmal Arbeitslosengeld kriegen würde. Wekwerth inszeniert übrigens gerade den Schwejk. Bin neugierig darauf.

Vor einigen Tagen habe ich gehört, dass Ehrenfried Galander, der einen Teil der ökonomischen Manuskripte im Rahmen der MEGA betreute, jetzt Gebrauchtwagenhändler ist. Es verschlägt mir die Sprache. Klaus Schulte, der mich heute besuchte, rechnet damit, dass die vorenthaltene machbare Verarbeitung von Geschichte und Zusammenbruch des Sozialismus durch seine bisherigen Träger »fürchterliche Spätfolgen haben wird, moralische Schäden größten Ausmaßes«.

27. April 1991

Im Septemberheft 1989 von »Sinn & Form« eine Rede Werner Mittenzweis auf Jürgen Kuczynski lesend, finde ich lauter Eigenschaften als notwendig gelobt, die mir abgehen: sich beim Schreiben von Büchern nie in Klausur begeben, Kritik richtig dosieren, sich nie ins Abseits drängen lassen.

2. Mai 1991

Vor der Vereinigung hat eine öffentliche Diskussion Biedenkopfs mit DDR-Intellektuellen stattgefunden, eingeleitet von Christa Wolf. »Sinn und Form« hat eine schriftliche Fassung abgedruckt, die sich rückblickend fast wie eine Anhörung liest, durch die Konsens für eine politische Kandidatur beschafft wird. Ich lese sie zur Vorbereitung eines Referats bei der PDS.

Biedenkopf erklärt, »eine elementare Bedingung […] der Existenz menschlicher Gesellschaft, nämlich ihre Zukunftsfähigkeit, [ist] selbst zur Utopie geworden«, nachdem er im Satz zuvor die »Notwendigkeit utopischer Zielvorgabe« betont hat. Geben wir also, mag er sich sagen, den Leuten als »utopisches Ziel« ihr Überleben vor. Da ist die Utopie in sich selbst zurückgefesselt, vom Guten Leben aufs Leben schlechthin. Der Konsumismus wie eine Katastrophe, die man den Vielen doppelt vorhält: ihr Verlangen nach Gütern wird ihnen als Treibsatz der Katastrophe erklärt, und ihr Verlangen nach Mitbestimmung als das, was die Rettung blockiert. »Eine Hauptursache fand ich in der Schwierigkeit, unter demokratischen Bedingungen in bestehende Besitzstände einzugreifen.«

Solche Diskurse sprechen zumal durch ihr Schweigen. Dieser verlangt stillschweigend undemokratische Bedingungen, um auf eine nachhaltigere Wirtschaftsweise umsteigen zu können. Dabei war es doch gerade eine Blockierung realer Demokratie, die in der Geschichte der BRD wie in anderen entwickelten kapitalistischen Gesellschaften überschüssige Energien in den quantitativen Verteilungskampf umlenkte.

Die enorme Dynamik entsteht aus der Überlagerung zweier Dynamiken: der des kapitalistischen, über den Weltmarkt vermittelten Mechanismus und der politischen der Konsensbeschaffung durch Klassenkompromisse, wobei bis 1989 der Kompromissdruck auf die Kapitalseite durch die Systemkonkurrenz verstärkt wurde.

Das schwarze Loch in Biedenkopfs Diskurs ist der Kapitalismus, der gegenwärtig, auf hochtechnologischem Produktivkräfteniveau, die Organisationsform des transnationalen Kapitalismus angenommen hat. »Weltmarkt« hat unter diesen Bedingungen eine neue Stellung bekommen. Er ist nicht mehr nur gleichsam der Zwischenraum nationaler Volkswirtschaften, sondern diese sind zu bedrängten Nischen in ihm herabgesunken. In diesem Prozess hat u.a. auch die DDR ihre ökonomische Basis in Gestalt ihrer Akkumulationsfähigkeit verloren, lange vor dem Verlust ihrer staatlichen Existenz.

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