Das Bild der Medizin von einem Schlaganfall als ein plötzliches schicksalhaftes Ereignis, deren Ursache und Auslöser unbekannt ist und das in den meisten Fällen zum Tode führt, hat sich gewandelt hin zum Bild eines Schlaganfalls, bei dem der Fokus der Mediziner auf der Frage der Lokalisation und unmittelbar ursächlichen Auslösung des Schlaganfallereignisses im Gehirn liegt. Man hat als Arzt die typischen kernspintomografischen und computertomografischen Bilder vor Augen, wenn man an einen Schlaganfall denkt und stellt sich die Frage, wodurch die Durchblutungsstörung ausgelöst wurde. Ein solcher Wandel ist abhängig von medizinischen Erkenntnissen, auch von der Entwicklung und Etablierung von Behandlungsverfahren, aber auch von den herrschenden Bedingungen im Gesundheitssystem und politischen Entscheidungen. Denn es gilt heute als anerkannt, dass die wirksamste Schlaganfallbehandlung auf einer spezialisierten Schlaganfallstation mit speziellem Aufwand und hohem Fachwissen erfolgen sollte. Die Etablierung solcher Schlaganfallstationen (Stroke Units) ist wesentlich von gesundheitspolitischen Entscheidungen abhängig. Denn sie sind kostenintensiv und müssen von der Allgemeinheit finanziert werden. Schlaganfallstationen gehören inzwischen zum Vorstellungsbild einer Schlaganfallkrankheit und deren Versorgung, und zwar nicht nur bei Medizinern, sondern auch bei der Bevölkerung. Da Schlaganfallstationen in Deutschland zwar weitgehend, aber nicht komplett flächendeckend und selbst in anderen industrialisierten Ländern teilweise nur einzeln etabliert sind, unterscheidet sich das Bild des Schlaganfalls und das der Behandlung von Region zu Region und von Land zu Land.
Aktuell kündigt sich gerade wieder eine neue Entwicklung in der Schlaganfallversorgung an, die darin besteht, dass ein Teil der Schlaganfälle mit Katheter, über die Arterie eingeführt, behandelt wird. Hier sind wieder andere Fähigkeiten und Kosten als die auf einer herkömmlichen Stroke Unit erforderlich. Es wird wieder auf eine andere Wahrnehmung des Krankheitsbildes Schlaganfall hinauslaufen.
Das Beispiel des Schlaganfalls kann auch aufzeigen, wie Krankheitskategorisierung stattfindet. Während sich früher das Krankheitsbild Schlaganfall definitionsgemäß an dem akuten, schlagartigen Ereignis mit fehlender Erholung und Funktionsbeeinträchtigung von Körperfunktionen festmachte, wird heute eine Fülle von Untergruppen des ursprünglichen Krankheitsbegriffs Schlaganfall definiert, die auch vom Bild her stark abweichen können von dem, was man ursprünglich unter Schlaganfall verstand. So gilt heute ein Ereignis mit geringen flüchtigen Störungen zum Beispiel der Oberflächenempfindung am Arm oder Bein, ohne nennenswerte Funktionseinschränkung und nur für einige Stunden anhaltend, dann als Schlaganfallereignis, wenn hierfür eine entsprechende Veränderung im Kernspintomogramm des Gehirns festgestellt wird, die als Folge einer Durchblutungsstörung identifiziert wird.
Auf das Problem der Krankheitskategorisierung wird noch näher eingegangen.
Die Entwicklung und Bedeutung eines Krankheitsbegriffes ist jeweils abhängig vom Wissen über die Krankheit und der Wirkzusammenhänge des Körpers. Sie wird auch beeinflusst von den Behandlungsmethoden und deren Wirksamkeit.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.