Besonderheiten des Patienten: Nieren-, Leberfunktion, Schwangerschaft?
Meist ist bei den heute verfügbaren Präparaten eine Antibiotika-Monotherapie ausreichend.
Nach Erhalt der Resistenzbestimmung Umsetzen der Antibiotika auf wirksame Substanzen bzw. Präparate mit einem schmaleren Spektrum.
Das Vorliegen eines Antibiogramms stellt keine Indikation zur Antibiotikatherapie dar.
Gleichzeitige Anwendung mehrerer nephro- bzw. ototoxischer Substanzen vermeiden.
Bei der Gabe von Aminoglykosiden und Glykopeptiden ab Tag 3 regelmäßige Serumspiegelkontrollen (Toxizität, ausreichende Wirkspiegel). In der Regel ist eine Aminoglykosidgabe über 3–5 Tage ausreichend (und dann auch sicher). Ausnahme: Endokarditis!
Therapiedauer: Antibiotika so lange wie nötig und so kurz wie möglich! In der Regel können Antibiotika 3 Tage nach Entfieberung abgesetzt werden (Ausnahme z.B. Tonsillitis, Endokarditis).
Frühzeitige Umstellung von i.v.- auf p.o.-Applikation (s. SEQ, Sequenztherapie).
Falls der Patient 2–3 Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie nicht entfiebert und ein Erregernachweis nicht gelingt: Alle Ursachen eines Therapieversagens (s.u.) erwägen. Gegebenenfalls wirkungslose Antibiotikatherapie absetzen und, falls der Zustand des Patienten dies erlaubt, nach mehrtägiger Antibiotikapause erneute Diagnostik durchführen!
Reserveantibiotika sind mit einem § gekennzeichnet. Diese sollten als Sonderanforderung (Freigabe durch Chef- oder Oberarzt) bestellt werden.
Zu Beginn der Antibiotikatherapie Indikation und voraussichtliche Therapiedauer festlegen und dokumentieren.
Häufige Gründe für den Misserfolg einer Behandlung von Infektionskrankheiten:
Falsches Antibiotikum (primäre oder erworbene Resistenz des Erregers).
Falsche Dosierung mit unzureichender Konzentration am Ort der Infektion (Pharmakokinetik der eingesetzten Arzneimittel, abszedierende Infektionen, Fremdkörperinfektionen).
Antibiotikum trotz nachgewiesener In-vitro-Empfindlichkeit in-vivo unwirksam.
Resistenzentwicklung unter laufender Therapie (z.B. gegen 3. Generations-Cephalosporine bei Enterobacter cloacae ).
Schweres Immundefizit.
Schwer oder nicht anzüchtbarer Erreger (z.B. M. tuberculosis , Chlamydien).
Virus- oder Pilzinfektion.
Keine mikrobiologische Ursache eines infektionsähnlichen Bildes (z.B. SIRS, drug-fever, sonstige Ursachen eines Fiebers).
Unzureichende supportive oder organprotektive Therapie (Beatmung, Flüssigkeitssubstitution, Ausgleich von Elektrolytstörungen, Kreislaufstabilisierung).
Bei fortbestehendem Fieber 2–3 Tage nach Therapiebeginn muss die eingeleitete Antibiotikatherapie überprüft werden. Ggf. sollte ein infektiologisches Konsil veranlasst werden bzw. das ABS-Team eingeschaltet werden.
Antibiotic Stewardship (ABS) – ein Instrument zur Reduktion der Resistenzentwicklung
Antibiotika sind für die Behandlung von Infektionskrankheiten (über-)lebenswichtig. Mit der Einführung von Antibiotika entwickelte sich weltweit die inzwischen bedrohlich zunehmende Resistenz von Bakterien gegenüber Antibiotika. Neben dem Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin fördert die Antibiotikagabe in der Veterinärmedizin die Resistenzentwicklung. Auch in der Umwelt sind bereits relevante Mengen von Resistenzgenen festgestellt worden.
Die WHO sieht die Resistenzentwicklung als globale Bedrohung und hat insbesondere durch den Mangel an neuen wirksamen antiinfektiven Wirkstoffe die postantibiotische Äraausgerufen. Sie hat den Erhalt der Wirksamkeit antimikrobieller Wirkstoffe zur größten Herausforderung der Medizin im 21. Jahrhundert erklärt.
Die Resistenzentwicklung ist ein multifaktorielles, globales Problem, das nur durch gemeinsame Aktivitäten der Human- und Tiermedizin sowie der Umwelt im Sinne einer One-Health-Strategie gelöst werden kann.
Alexander Fleming entdeckte 1928 das Penicillin, eine der bedeutendsten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts. Bereits in seiner Nobelpreisrede machte er darauf aufmerksam, welche Gefahr im zu niedrigen Einsatz eines Antibiotikums liegt: Die Entstehung einer Resistenz und damit die Unwirksamkeit des Medikaments mit möglicher Todesfolge.
Nach Vorhersagen des englischen Ökonomen Jim O‘Neil (2014 und 2016) müssen wir im Jahr 2050 weltweit mit 10 Millionen Todesfällen durch multiresistente Erreger rechnen, mehr als durch Krebserkrankungen (8,2 Millionen). Dabei sind die Risiken auf der Welt unterschiedlich verteilt. Besonders von der großen Zahl von Todesfällen betroffen werden Länder mit instabilen Gesundheitssystemen sein, vor allem in Asien mit ca. 4,7 Millionen Todesfällen und 4,1 Millionen in Afrika. Eine enorme ökonomische Auswirkung ist hierdurch zu erwarten.
Aktuell sterben weltweit ca. 700.000 Menschen an Infektionen, die durch resistente Bakterien ausgelöst werden, in Europa sind es schätzungsweise jährlich 25.000 Todesfälle.
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