Hamburg, April 2021
Wir freuen uns, Ihnen die Antibiotika-Fibel jetzt in der 8. Auflage zu präsentieren. Neue Empfehlungen und aktuelle Leitlinien von Fachgesellschaften wurden berücksichtigt.
Mit unserer Antibiotika-Fibel sollen Sie im klinischen Alltag darin unterstützt werden, die in unseren Kliniken eingeführten Präparate – übersichtlich für die wichtigsten Infektionen dargestellt – zielgerichtet in der richtigen Dosierung und notwendigen Therapiedauer einzusetzen. Wir möchten dem klinisch tätigen Arzt, aber auch den ABS-Teams in den Kliniken Entscheidungshilfe sein.
Es wird vor dem Hintergrund der Resistenzentwicklung weltweit immer wichtiger, Antibiotika nur dann einzusetzen, wenn eine behandlungsbedürftige Infektion vorliegt. Das Spektrum sollte so schmal wie möglich sein, damit uns die Breitbandantibiotika für die kalkulierte Therapie schwerer Infektionen ohne Erregernachweis weiter zur Verfügung stehen. Ein Antibiogramm ist keine Aufforderung zur Antibiotikatherapie.
Die WHO hat 2017 Antibiotika in drei Kategorien eingeteilt:
1.Zugang (Access)
2.Beobachtung (Watch)
3.Reserve (Reserve)
Antibiotika der 1. Kategorie wie z.B. Penicilline, Cefalosporine der 1. und 2. Generation, Doxycyclin und Clindamycin sollen jederzeit verfügbar sein. In die Kategorie „Beobachtung“ fallen z.B. Chinolone, 3. Generationscephalosporine und Carbapeneme, deren Einsatz deutlich reduziert werden soll, um eine weitere Resistenzentwicklung zu vermeiden. Wirkstoffe der Reservegruppe wie Colistin und Cephalosporine der 4. Generation sollen nur eingesetzt werden, wenn Antibiotika der Kategorie 1 + 2 wirkungslos sind.
Im April 2019 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Rote-Hand-Brief zu Fluorchinolon-Antibiotika veröffentlicht und auf schwerwiegende möglicherweise irreversible Nebenwirkungen durch systemisch bzw. inhalativ angewendete Fluorchinolone aufmerksam gemacht. Die Indikation für die Verordnung dieser Antibiotika für die Therapie soll sehr streng gestellt werden. Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit Antibiotikagabe stehen können, sollen gemeldet werden. In der aktuellen 8. Auflage unserer Antibiotika-Fibel wird der Einsatz von Fluorchinolonen als Therapieempfehlung bei bestimmten Infektionen weiter eingeschränkt. Der auf wenige Indikationen beschränkte Einsatz von Chinolonen hat in einigen Kliniken erfreulicherweise bereits zu einer Verbesserung der Empfindlichkeit von Chinolonen gegenüber bestimmten Bakterien geführt.
Die vorliegenden Empfehlungen haben wir mit größter Sorgfalt erstellt. Dennoch bitten wir Sie darum, im Einzelfall bei der Therapie Ihres Patienten unsere Angaben auf Richtigkeit zu überprüfen und individuelle Aspekte des Patienten zu berücksichtigen.
Gern nehmen wir Ihre Hinweise und Anregungen auf und freuen uns über eine Rückmeldung.
Hamburg, April 2021
Dr. med. S. Huggett, Dr. med. S. Döring, PD Dr. med. H.-P. Hauber, Dr. rer. nat. I. Kreft, Dr. med. A. Stoehr, Dr. med. S. Wenner-Ziegler, Prof. Dr. med. H. von Wulffen
Hinweise zur Antibiotikatherapie
Therapieversagen
Antibiotic Stewardship (ABS) – ein Instrument zur Reduktion der Resistenzentwicklung
1Infektion der Atemwege
1.1Infektexazerbation bei COPD
1.2Ambulant erworbene Pneumonie
1.3Nosokomiale Pneumonie
2Harnwegsinfekte
2.1Asymptomatische Bakteriurie
2.2Unkomplizierte Harnwegsinfekte
2.3Komplizierte Harnwegsinfekte
2.4Infektionen in Schwangerschaft und Stillzeit
3Abdominelle Infektionen
4Chirurgische Infektionen
4.1Postoperative Wundinfektion
4.2Weichgewebeinfektionen
4.3Knocheninfektionen
5Gynäkologische Infektionen
6Bakterielle Meningitis
6.1Initialtherapie
6.2Umgebungsprophylaxe bei Meningitis
7Endokarditis
7.1ESC Guideline 2015
7.2Kalkulierte Therapie
7.3Gezielte Therapie
7.4Endokarditisprophylaxe
8Sepsis
9Neutropenisches Fieber
9.1Definitionen
9.2Antimikrobielle Therapie
10Infektionen im HNO- und MKG-Bereich
10.1Infektionen des Halses und der Mundregion
10.2Infektionen der Ohren
10.3Infektionen der Nase und deren Komplikationen
11Mykosen
11.1Pilzinfektionen – HIV-positive Patienten
11.2Pilzinfektionen – neutropenische Patienten
12Perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP)
13HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP)
14Gezielte Antibiotikatherapie und Infektionen mit multiresistenten Erregern
14.1Gezielte Antibiotikatherapie
14.2Infektionen mit multiresistenten Erregern
15Verfügbare Antiinfektiva in den Kliniken der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH (03/21)
15.1Antibiotika (24-h-Dosis = für Erwachsene)
15.2Antimykotika
15.3Virustatika (außer antiretrovirale Substanzen)
16Empfehlungen zur (Höchst-) Dosierung bei Niereninsuffizienz und Hämodialyse
16.1Therapiehinweise zu Vancomycin
17Antiinfektiva in der Schwangerschaft (Positivliste)
18Tagestherapiekosten Antibiotika/Antimykotika
Sachwortverzeichnis
Hinweise zur Antibiotikatherapie
Antibiotika sind keine Antipyretika! Nur bei infektiöser Ursache verordnen. Fieber ohne weitere Entzündungsparameter (Leukozytose oder -penie, Linksverschiebung, CRP-, PCT-Erhöhung etc.) ist keine Indikation zur Therapie!
Gezielte Therapie anstreben, vor Beginn der antimikrobiellen Therapie Erregernachweis durchführen, z.B. Wundabstriche, Blutkulturen bei V.a. Endokarditis, Sepsis oder Pneumonie. Mikroskopie erlaubt oft schnellen Rückschluss auf Erreger.
Vor Beginn der Antibiotikatherapie Allergien erfragen.
Aktuelle Resistenzsituation in der Region bzw. Klinik bei der Therapieentscheidung berücksichtigen.
Kalkulierte (initiale) Antibiotikatherapie bis zum Eintreffen des Ergebnisses des Erregernachweises und der Resistenzbestimmung.
Welcher Erreger kommt infrage?
Wurde der Erreger innerhalb oder außerhalb des Krankenhauses erworben?
Anamnese: Auslandsaufenthalt, stationäre Behandlung, Dauer des Klinikaufenthalts, Verlegung aus einem Pflegeheim?
Nachweis von Wunden?
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