Hermann Bauer
Rachemokka
Wiener Kaffeehauskrimi
Kaffeekännchenduell Durch Zufall finden die Versammlungen der Befürworter und Gegner eines touristischen Projekts, der Romantik-Erlebniswelt am Bisamberg rund um den Dichter Eichendorff, zur selben Zeit im Café Heller statt. Es kommt zu hitzigen Auseinandersetzungen. Nach Mitternacht entdeckt Oberkellner Leopold Marion Kirchner, das Oberhaupt der Gegner des Vorhabens, erschlagen beim Eichendorff-Denkmal. Nicht nur der Streit um das Projekt kommt als Ursache in Frage, sondern auch in Marions privatem Umfeld finden sich mögliche Motive für das Verbrechen. Leopold gerät bald in eine Zwickmühle. Denn eine schöne Unbekannte bittet ihn, nach einem Dokument zu suchen, das Marion angeblich im Heller bei sich hatte. Frau Heller und Erika Haller hoffen auf ihn als Mitstreiter gegen die für sie fatalen Pläne des Unternehmers Ludwig Bergmann. Und immer mehr Spuren führen in Marions frühere Heimat. Zur Lösung des Rätsels versucht Leopold, die Geschehnisse der Mordnacht vor Ort zu rekonstruieren.
Hermann Bauer wurde 1954 in Wien geboren. Dreißig wichtige Jahre seines Lebens verbrachte er im Bezirk Floridsdorf. Bereits während seiner Schulzeit begann er, sich für Billard, Tarock und das nahe gelegene Kaffeehaus, das Café Fichtl zu interessieren, dessen Stammgast Bauer lange blieb. Von 1983 bis Anfang 2019 unterrichtete er Deutsch und Englisch an der BHAK Wien 10. Er wirkte in 13 Aufführungen der Theatergruppe seiner Schule mit. Als Hermann Bauer 1993 seine Frau Andrea heiratete, verließ er ihr zuliebe seinen Heimatbezirk. Im Jahr 2008 erschien sein erster Kriminalroman »Fernwehträume«, dem 13 weitere Krimis um das fiktive Floridsdorfer Café Heller und seinen Oberkellner Leopold folgten. »Rachemokka« ist der 14. Kaffeehauskrimi des Autors.
Bisherige Veröffentlichungen im Gmeiner-Verlag:
Rachemokka (2021)
Grillparzerkomplott (2020)
Mordsmelange (2019)
Mord im Hotel (2018)
Stiftertod (2017)
Kostümball (2016)
Rilkerätsel (2015)
Schnitzlerlust (2014)
Lenauwahn (2013)
Nestroy-Jux (2012)
Philosophenpunsch (2011)
Verschwörungsmelange (2010)
Karambolage (2009)
Fernwehträume (2008)
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Yadid Levy / stock.adobe.com
ISBN 978-3-8392-6974-9
Dienstag, 23. Juni, nachmittags
»Hallo!«
Dieser laute Ruf eines neu eintretenden Gastes zerschnitt die frühnachmittägliche Ruhe im Floridsdorfer Café Heller wie ein Schwerthieb. Oberkellner Leopold W. Hofer, der gerade dabei war, seinem Freund, dem Gymnasiallehrer Thomas Korber, ein Krügerl Bier zu zapfen, wurde sofort in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Betrat man ein Wiener Kaffeehaus und war kein Stammgast, so gehörte diese Art, auf sich aufmerksam zu machen, nicht zum guten Ton.
»Der Herr belieben zu telefonieren?«, fragte Leopold deshalb.
Der Gast schaute Leopold mit verwunderten, hinter einer getönten Brille versteckten Augen an. Er mochte um die 50 Jahre alt sein, war von stattlicher Größe und hatte sein leicht angegrautes, schütteres Haar streng nach hinten gekämmt. »Nee, ich grüße bloß die Leute hier«, rechtfertigte er sich.
Leopold hatte eine leise Ahnung. »Bei uns sagt man Grüß Gott oder Guten Tag, wenn man in ein Lokal kommt«, wies er den Neuankömmling zurecht.
Der setzte sich breitbeinig an einen Tisch unmittelbar vor der Theke, genau in Leopolds Blickfeld. »Mensch, ist das nicht egal, was ich sage, wenn ich reinkomme?«, ereiferte er sich. »Warum seid ihr Österreicher immer so wahnsinnig kompliziert?«
Ihr Österreicher! Leopold fühlte sich in seinem Verdacht bestätigt. Bei dem Gast handelte es sich offenbar um einen Menschen aus Deutschland. Oft verirrte sich diese Spezies ja nicht ins Café Heller. Umso vorsichtiger musste man sein!
Leopold fand es vorerst nicht der Mühe wert, sich zu seinem Tisch zu bemühen. Ohne näher auf seine Äußerung einzugehen, fragte er ihn aus der Distanz: »Was bekommen Sie?«
»Einen Kaffe«, meldete der Gast sofort, das Wort dabei provokant auf der ersten Silbe betonend.
»Und was für einen Kaffee?«, korrigierte Leopold die Aussprache überdeutlich.
»Mit Sahne und Zucker«, antwortete der Gast, als sei dies die selbstverständlichste Sache der Welt.
»So einfach ist das nicht, lieber Herr«, teilte Leopold ihm herablassend mit. »Erstens nehmen wir keine Sahne, sondern Milch. Zweitens gibt es die verschiedensten Sorten: kleiner Brauner, großer Brauner, Melange, Verlängerter, Häferlkaffee, Kapuziner – was darf’s denn sein?«
Nun saß der Mann ein wenig ratlos da. »Die sind alle mit Milch und Zucker? Könnten Sie mir vielleicht mal den Unterschied erklären?«
Leopold gab es einen leichten Stich. Er hätte doch nicht so bedenkenlos aufzählen sollen. Nun ging es darum, Souveränität zu bewahren. »Ein Brauner ist ein Espresso mit Milch«, begann er. »Klein und groß versteht sich wohl von selbst. Ein Verlängerter wird zusätzlich noch mit ein wenig Wasser gestreckt. Bei einer Melange handelt es sich um einen Kaffee mit viel heißer Milch und einem Hauberl aus Milchschaum. Ein Häferlkaffee wird mittels einer Filtertüte zubereitet …«
»Das kenn ich! Das ist ein Kännchen Kaffe«, unterbrach der Gast stolz. »Mit Milch und Zucker!«
»Nein, mein Herr! Das ist ein Häferlkaffee«, beharrte Leopold.
»Von mir aus! Ist ohnehin dasselbe!«
Leopold überhörte diese letzte Bemerkung. »Beim Kapuziner handelt es sich schließlich um einen Espresso mit einem Schuss Obers«, schloss er seine Ausführungen ab.
Der Gast verzog ungläubig das Gesicht. »Mit was für ’nem Schuss?«
»Einem Schuss Sahne«, half ihm da Thomas Korber auf die Sprünge und heimste dafür einen giftigen Blick von seinem Freund Leopold ein. »Ein paar Tropfen ergeben die schöne braune Färbung einer Mönchskutte, daher der Name. Sie kennen ihn wahrscheinlich unter der Bezeichnung Cappuccino.«
»Also doch Sahne«, murmelte der Gast. »Nee, so was kann ich nicht brauchen«, wehrte er ab. »Bin schon längere Zeit aus der Kirche ausgetreten. Dann nehme ich eben das Kännchen.«
»Kännchen gibt’s bei uns nicht«, machte Leopold ihn aufmerksam.
»Also dann meinetwegen diesen Filterkaffe. Mit Milch und Zucker. Mensch, seien Sie doch nicht so stur!«
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