GÜNTER HUTH
Todwald
GÜNTER HUTH
Todwald
Der Spessart tötet leise
Ein Simon Kerner Thriller
Günter Huthwurde 1949 in Würzburg geboren und lebt seitdem in seiner Geburtsstadt. Er kann sich nicht vorstellen, in einer anderen Stadt zu leben. Er war von Beruf Rechtspfleger (Fachjurist), ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit 1975 schreibt er in erster Linie Kinder- und Jugendbücher, Sachbücher aus dem Hunde- und Jagdbereich. Außerdem hat er bisher Hunderte Kurzerzählungen veröffentlicht. In den letzten Jahren hat er sich vermehrt dem Genre Krimi zugewandt und in diesem Zusammenhang einige Kriminalerzählungen veröffentlicht. 2003 kam ihm die Idee für einen Würzburger Regionalkrimi. »Der Schoppenfetzer« war geboren. Diese Reihe hat sich mittlerweile als erfolgreiche Serie in Mainfranken und zwischenzeitlich auch im außerbayerischen »Ausland« etabliert. 2013 ist der erste Band der Simon-Kerner-Reihe mit dem Titel »Blutiger Spessart« erschienen. Der Autor ist Mitglied der Kriminalschriftstellervereinigung »Das Syndikat«. Seit 2013 widmet er sich beruflich dem Schreiben.
Die Handlung und die handelnden Personen dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig .
»Die Organtransplantationen schaffen verzwickte theologische Probleme für den Tag der Auferstehung.«
Gerard Hartley
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Epilog
Er schwebte in absoluter Dunkelheit. Das Bewusstsein der eigenen Existenz kehrte nur sehr langsam zurück. Für eine nicht messbare Zeit empfand er sich in einem angenehmen körperlosen Schwebezustand, der ihm das unbestimmte Gefühl von Wärme und Geborgenheit suggerierte. Zögerlich, fast widerwillig, fand er in die Gegenwart zurück. Sein erstes reales Empfinden war höchst unangenehm und dominierte schlagartig seine übrigen Wahrnehmungen: Seine Zunge war geschwollen und fühlte sich wie ein Fremdkörper an. Er kannte diese sandige Trockenheit und den damit verbundenen ekelhaften Geschmack zur Genüge. Schon viele Male war er nach einem Alkoholexzess so aufgewacht. Er schluckte hart. Es dauerte etwas, bis er so viel Speichel gesammelt hatte, dass das Schlucken einigermaßen schmerzfrei geschah.
Mühsam öffnete er die Augen. Er erschrak zutiefst. Seine Wahrnehmung veränderte sich nicht! Mehrmals hintereinander senkte und hob er die Augenlider, aber die völlige Dunkelheit blieb. War er erblindet? Hastig wollte er sich mit der Hand über die Augen fahren. Aber das war nicht möglich! Es dauerte einige Zeit, bis er begriff. Seine Hände waren fixiert, unverrückbar festgebunden. Jetzt spürte er auch seinen übrigen Körper. Er musste nackt sein, denn seine Haut hatte direkten Kontakt mit der glatten, kühlen, aber nicht harten Unterlage, auf der er festgeschnallt war. Deutlich fühlte er mehrere über seinen Körper gespannte breite Bänder, die so gut wie keine Bewegungen zuließen. Die Arme waren an seiner Seite fixiert. Lediglich den Kopf konnte er etwas hin und her bewegen. Die wohlig warme Geborgenheit verflüchtigte sich. Mit seinen frei beweglichen Fingerspitzen berührte er die nackte Haut seines Oberschenkels. Er war teilweise mit einem Tuch zugedeckt.
Langsam kroch Panik in ihm hoch. Was war mit ihm geschehen? Wo befand er sich? Er öffnete den Mund und gab einige krächzende Laute von sich. Das Ergebnis war ein trockener Husten, der seinen Brustkorb erschütterte. Er wollte tief Atem holen, doch das wurde durch den unnachgiebigen Brustgurt erschwert. Für einen Moment hatte er das schlimme Gefühl, ersticken zu müssen.
»Hallo …«, krächzte er kläglich. Dann lauter: »Hallo, ist da jemand?«
Das Geräusch einer sich öffnenden Tür fiel mit dem Aufflammen mehrerer greller Neonlampen zusammen, deren Licht wie Blitze auf seine Netzhaut traf und ihn zwang, geblendet die Augen zu schließen.
Er hörte harte Schritte, die sich ihm näherten. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er den Menschen zu erkennen, der sich jetzt über ihn beugte.
»Bitte … bitte …«, stammelte er. »Was ist …?«
Die blonde Frau, deren Gesicht hinter einer Schutzmaske verborgen war, blieb neben ihm stehen und musterte ihn aus kalten Augen. Jetzt sah er, dass sie einen weißen Kittel trug. War sie eine Ärztin?
»Bitte, wo bin ich? Was geschieht mit mir?« Die trockenen Stimmbänder versagten ihm fast den Dienst. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Die Angst trieb seinen Blutdruck in die Höhe. Neben ihm begann ein Kontrollgerät im Rhythmus seines rasenden Herzens zu piepsen.
Die Frau zeigte keinerlei Reaktion auf seine Fragen. Langsam griff sie in ihre Kitteltasche und holte eine aufgezogene Spritze hervor. Ohne ein Wort der Erklärung schob sie das Tuch vom Arm des Gefesselten und trieb die Nadel in einen Zugang, den er an seinem Handrücken erkennen konnte. Gleichmäßig, ohne Hast, drückte die Frau den Kolben herunter und die klare Flüssigkeit in der Spritze gelangte in seinen Blutkreislauf. Alle seine Abwehrversuche wurden von den Fesseln unterbunden. Die Frau blieb stehen und beobachtete über den Monitor des Kontrollgeräts wortlos, wie das Medikament wirkte.
Die Betäubung kam wie eine heftige Welle und schwemmte jegliche Gedanken weg. Das Letzte, was er spürte, war die Rückkehr eines unbestimmten Gefühls von Wärme und Geborgenheit.
1
Dr. Simon Kerner, Direktor des Amtsgerichts Gemünden am Main und in dieser Eigenschaft auch Vorsitzender des Schöffengerichts dieser Behörde, sah leicht verärgert auf seine Armbanduhr. Es war zehn Uhr zwölf. Die Protagonisten des Prozesses gegen Georg Habermann wegen Verdachts des Raubes, der Staatsanwalt, die Schöffen, der Angeklagte und die Zeugen, waren alle versammelt und saßen auf ihren Plätzen. Auch einige Zuschauer dieser öffentlichen Strafsitzung warteten auf den Prozessbeginn. Dieser war für zehn Uhr angesetzt gewesen.
Der Angeklagte, ein eher schmächtiger Mann von achtundzwanzig Jahren, der in seinem billigen grauen Anzug wie verkleidet aussah, saß etwas verloren auf der Anklagebank. Nervös fuhr er sich zum wiederholten Male mit der Hand über sein pomadisiertes Haar. Seine Augen in dem schmalen, blassen Gesicht streiften ständig den Eingang des Sitzungssaals. Sie suchten nach seinem Verteidiger, der als einziger Prozessbeteiligter bisher noch nicht aufgetaucht war.
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