Der Motor des vorliegenden Bandes und der damit weiterhin zu verfolgenden Diskussion ist das „Centrum für Globales Lernen“. Nach vielen Jahren der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen der Jesuitenmission und der Akademie CPH wurde dieses Centrum gegründet, um das gemeinsame Bemühen der beiden Träger um einen Beitrag für eine globale Solidarität durch Bildungs- und Begegnungsprozesse zu verstetigen. Seit 2011 leitet und gestaltet Samuel Drempetic das Centrum mit vielen (freien) Mitarbeitern/innen der Akademie CPH und der Jesuitenmission, hier namentlich mit Pater Jörg Alt SJ und Missionsprokurator Pater Klaus Väthröder SJ. An dieser Stelle sei daher nicht nur den beiden Herausgebern, sondern auch der Jesuitenmission ein herzlicher Dank ausgesprochen, dass sie durch diese Kooperation den Auftrag der Akademie mit erfüllen, in Nürnberg den Fragen der Zeit nachzugehen.
Die erkenntnisleitenden Fragestellungen dieses Bandes werden uns alle noch lange begleiten. Nie war es so deutlich, dass ein sozial-ökologisch-nachhaltiges Umsteuern und Umdenken nötig ist. Die großen Krisen des Finanzsystems, des Wirtschaftens, der Umwelt und des Klimas haben ein „Weiter so“ unmöglich gemacht. Viele Ansätze, Dinge „neu zu denken“, haben in den interdisziplinären Dialog Einzug gehalten, aber auch in die Einzelwissenschaften, wie erst kürzlich der Wirtschaftsnobelpreisträger George A. Akerlof in seinem Buch „Identity Economics“ bewiesen hat.
Wichtig ist uns dabei, dass wir bei der Suche nach den Fragen, Herausforderungen und Lösungsansätzen unseren Ausgangspunkt im Blick behalten. Es geht um den Menschen mit seinen Freuden und Hoffnungen, mit seiner Trauer und Angst, ganz besonders um die Armen und Bedrängten aller Art – wie es vor 50 Jahren das 2. Vatikanische Konzil beschrieb.
Im Grunde eben um ein gelingendes, ein gutes Leben für alle. Möge dieses Buch bei dieser Suche ein kleiner Meilenstein werden.
Siegfried Grillmeyer
Direktor der Akademie CPH
Zu Beginn ein Wort des Dankes: Will man Beiträge einer Fachtagung veröffentlichen, solange die dort von zwölf Referierenden präsentierten und diskutierten Inhalte noch Neuigkeitswert haben, so ist man auf die disziplinierte Kooperation vieler Akteure angewiesen.
Zunächst all jener, die Beiträge verfassen und termingerecht abliefern müssen. Dies ist umso schwieriger, je beschäftigter die Autoren sind, und dies ist bei allen, die nachfolgend das Wort ergreifen, der Fall. Dass sie ihre Beiträge dennoch ‚punktgenau’ ablieferten, ist etwas, womit wir nicht (wirklich) gerechnet haben, was uns aber umso mehr gefreut hat. Dass die Autoren sich darüber hinaus derart gut an die inhaltlichen Vorgaben der Herausgeber gehalten haben, dass es kaum zu Überschneidungen und Doppelungen kam, ist umso begrüßenswerter und erleichterte sowie beschleunigte die herausgeberische Arbeit zusätzlich.
Nicht vergessen sei ein Dank an die Personen, welche die Arbeitsbelastung der Herausgeber indirekt zu spüren bekommen haben, sei es durch Abwesenheit oder Anspannung.
Sodann danken wir den Herausgebern der Reihe „Fragen zur Zeit“ für die Aufnahme dieses Bandes sowie dem Echter-Verlag und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die unkomplizierte Betreuung des Buchprojekts. Die umfangreiche Unterstützung, die wir erhielten, erleichterte uns die Arbeit sehr.
Abschließend ein Dank an Akademie und Tagungshaus „Caritas-Pirckheimer-Haus“ sowie den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die professionelle Vorbereitung und Durchführung der Fachtagung, dem Noviziat der Jesuiten, die uns während der ‚Herausgabeklausur’ Gastfreundschaft gewährten, sowie unseren Vorgesetzten, die uns zu den erforderlichen Zeiten die nötige Flexibilität an unseren diversen Arbeitsstellen gewährten.
Das vorgelegte Buch präsentiert Ergebnisse der Fachtagung „Jetzt aber richtig! Lehren aus den aktuellen Weltkrisen“, die am 4. und 5. November 2011 in Nürnberg stattgefunden hat. Diese wiederum war ein follow-up zu einer Vorjahresveranstaltung, nämlich der Fachtagung „Steuer gegen Armut – Finanztransaktionssteuer“, die ihrerseits eine Reaktion auf diverse Krisen der Jahre 2007/2008 gewesen ist.
Die Veranstalter der Fachtagung und Herausgeber dieses Buches wollen der Einsicht Rechnung tragen, dass die Finanzkrise nicht isoliert von anderen krisenhaften Entwicklungen gesehen werden darf, sondern als ein Aspekt heutzutage gleichzeitig zunehmender kritischer weltweiter Szenarien in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Klima und Umwelt. Immer mehr Menschen erkennen: Nicht nur eine Branche, sondern unser gesamtes Produktions- und Konsummodell gerät aus den Fugen und zugleich an die Grenzen seiner ökologischen und sozialen Vertretbarkeit. Die sich zugleich aufdrängende Frage nach Alternativen ist hingegen deutlich unklarer erkennbar beziehungsweise provoziert dort, wo Vorschläge gemacht werden, heftige Auseinandersetzungen: Geht es doch um das, was wir als Gemeinschaft und jeder für sich unter „Wohlstand“ oder dem „guten“ und „gelungenen Leben“ verstehen und versteht.
Diesen Einsichten folgt auch die Struktur dieses Tagungsbands. Im (ersten) Analyseteil wird zunächst aus sozial- und naturwissenschaftlicher Perspektive eine Bestandsaufnahme der aktuellen Krisen unternommen:
Jörg Alt zeichnet die Entstehung, Strukturen und Auswirkungen des deregulierten globalen Finanzsystems nach, die Entwicklungen also, die es zu dem werden ließen, was Politik und Gesellschaft auch im Jahr drei nach dem großen Crash zu schaffen macht. In der Genese dieses globalen Netzwerks liegen auch jene Probleme begründet, die nationale Lösungen nicht mehr länger praktikabel sein lassen. Skizzenhaft wird aufgezeigt, in welche Richtung Politik und Gesellschaft gehen müssen, um durch regional oder global koordiniertes Handeln ‚die Märkte’ wieder ‚einfangen’ und erneut dem Dienst am Gemeinwohl verpflichten zu können.
Gerhard Berz zieht in seinem Beitrag Bilanz aus seiner langjährigen Leitung des Bereichs GeoRisikoForschung bei der Münchener Rückversicherung (heute: Munich Re). Er zeigt auf, wie und warum vom Menschen verursachte, atmosphärisch bedingte Naturkatastrophen in den letzten Jahren zunehmen. Projiziert man die Tendenz der letzten Jahre in die Zukunft, so ist absehbar, dass die Entwicklung selbst die Kapazitäten des weltgrößten Rückversicherers strapazieren dürfte, weshalb große Versicherungsunternehmen weltweit zu denjenigen Institutionen gehören, die an vorderster Front für das Ergreifen entschiedener Maßnahmen gegen den Klimawandel eintreten.
Versicherung gegen Risiken ist allerdings ein Luxus, den sich vor allem die Reichen dieser Welt leisten können. Diesen Zusammenhang arbeitet Johannes Müller im Rahmen eines Forschungsprojekts aus, welches die Korrelation von Klimawandel und Armutsentwicklung untersuchte. Es belegt, dass jene, die am wenigsten vom Reichtum der Welt profitieren, am meisten unter den geschaffenen Risiken leiden, dass es aber zugleich im nachvollziehbaren Interesse der armen Länder liegt, durch Wirtschaftswachstum überhaupt erst ein Wohlstandsniveau für ihre Bevölkerungen zu erreichen, das für die Reichen selbstverständlich ist. Es wird dargelegt, wie solche Dilemmata ethisch sortiert und gewichtet werden können, ebenso werden gemeinsam und zeitgleich anzugehende Lösungsstrategien vorgestellt.
Der zweite Hauptteil legt jene Initiativen, Diskussionskontexte und Theorien dar, welche sich mit einem alternativen Verstehen und Messen von „Wohlstand“ und „gutem Leben“ jenseits des klassischen Wachstumsmodells („mehr Produktion, mehr Einkommen, mehr Konsum“) beschäftigen.
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