Susi Safer:
Wenn dir das Leben Zitronen gibt…
Alle Rechte vorbehalten
© 2020 edition a, Wien
www.edition-a.at
Cover: Dasuno
Satz: Lucas Reisigl
ISBN 978-3-99001-399-1
E-Book-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
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Danksagung
Vor ein paar Stunden fühlte ich mich noch unbezwingbar. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich eigentlich sogar ein kleines bisschen unsterblich. Klingt das irgendwie überheblich? Schon, oder? Aber da war eben dieses eine bestimmte Gefühl. Diese eine Art von unsterblich. Es gibt ja zwei davon. Die erste: Wenn du den Tod einfach nicht am Schirm hast, weil du mit tausend anderen Sachen beschäftigt bist. Damit, viel zu arbeiten, um endlich berühmt zu werden, online zu shoppen oder dem Hund zum tausendsten Mal zu erklären, dass er nicht auf den Reifen des Nachbarn pinkeln soll, weil der sich eh schon, ich weiß nicht wie oft, darüber beschwert hat.
Ach ja, und damit, zu googeln, wie du diesen nervigen Rotweinfleck aus dem beigen Sofa bekommst. Der erste Tipp, den das Internet ausspuckt: Man soll ihn mit Salz behandeln. Habe ich probiert, doch man sieht ihn noch immer. Egal. Es war ein toller, sensationeller, lustiger Abend. Verbuchen wir es unter Kollateralschaden. Dinge, die passieren, wenn man das Leben feiert, es einen vor Lachen komplett durchbeutelt und der Wein über das dickbauchige Glas schwappt.
Ach, weißt du was, Schwamm drüber und passt schon. Ich will mich nicht zu lange mit diesem einen Zugang zur vermeintlichen Unsterblichkeit herumschlagen. Wo man glaubt, es geht ewig und noch länger weiter und deshalb müllt man seine Tage mit Dingen zu, die einem so unfassbar wichtig erscheinen. Tja, und dann kommt Tag X und das große Wundern… Denn, Überraschung Nummer eins: Es stimmt nicht. Es geht nicht unendlich lange weiter.
Die zweite Art der Unsterblichkeit fühlt sich anders an. Superer. Superlativer. Superheldenhafter. Von diesem Gefühl rede ich gerade. Man glaubt, es kann kommen, was will – man steht da drüber. Easy, ohne mit der Wimper zu zucken, nicht mal eine winzig kleine Schweißperle treibt es einem auf die Stirn. Wenn es sein muss, rettet man im Vorbeigehen und völlig mühelos auch noch gleich die Welt. Die gehört einem ohnehin, logisch.
Solche Momente gibt es nicht oft. Deshalb: Wenn dir so ein Augenblick unterkommt, darfst du ihn nicht kleinreden, sondern musst ihn auskosten. Im seltensten Fall fühlt man sich nämlich grundlos so unglaublich heldenhaft. Meistens hat so ein Gefühl eine Vorgeschichte. Manchmal hat die mit Drogen oder Egoproblemen zu tun. Oder wie bei mir damit, etwas Großes geschafft und erreicht zu haben. Und dann denkt man sich: Leckt mich jetzt alle bitte gehörig am Arsch, mir passiert gar nichts mehr!
Überraschung Nummer zwei: Es stimmt nicht. Einem kann sehr wohl noch was passieren. Denn, wenn du Pech hast, bremst dich das Leben genau in diesem wunderbaren Unsterblichkeitsmoment ordentlich aus. Als würde es dir sagen wollen: Übertreib mal nicht, sondern komm da lieber runter von deinem hohen Ross.
Oder in meinem Fall runter vom Downhill-Mountain-bike, mit dem ich die Freeride-Strecke im Bikepark Zauberberg Semmering heruntergebrettert bin. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich diese Mischung aus Nervenkitzel, ein bisschen Angst und echter Herausforderung liebe. Herrlich ist das! Das ist wie beim Freeriden im Schnee, der modernen Version des Tiefschneefahrens, bloß mit etwas mehr Lebensgefühl.
Normalerweise bin ich da immer mit meinen Freunden unterwegs. Zu diesen Sportarten bin ich auch über meinen Freundeskreis gekommen, der zum Großteil aus Männern besteht. Aus abenteuerlustigen Männern, die im Inneren immer Kind geblieben sind. Keine Ahnung, warum ich zu Buben in Sachen Freundschaft vor allem früher einen besseren Draht hatte als zu Frauen. Also nicht, dass ich etwas gegen Frauen hätte. Habe ich nicht. Im Gegenteil. Frauen sind super. Hat sich damals einfach so ergeben.
Ich habe – vor allem mittlerweile – auch viele Freundinnen. Nora zum Beispiel. Meine beste. Na gut, »mittlerweile« ist bei ihr das falsche Wort, sie war irgendwie schon immer da, seit meiner Kindheit beziehungsweise Vorpubertät und ist aus meinem Leben definitiv nicht mehr wegzudenken. Sie kommt in dem Buch bestimmt noch öfter vor, weil sie einfach eine so große Rolle in meinem Leben spielt. Uns verbinden so viele Erlebnisse, so viele Sachen. Sport allerdings nicht. Sie setzt bei diesen ganzen Hang- und Bergabwärtsfahrten lieber aus. Im Gegensatz zu mir. Es war nie meins, nur zuzuschauen, wie andere irgendetwas machen. Dafür bin ich viel zu neugierig. Ich muss alles selbst ausprobieren, mittendrin.
An diesem einen Nachmittag war ich allerdings auch ohne meine anderen Freunde unterwegs, weil sie entweder keine Zeit oder keine allzu große Lust hatten. Also bin ich allein losgezogen, weil ich unbedingt Sport machen und etwas unternehmen wollte. Ich habe einen unglaublichen Drang, mich zu bewegen und kann nur schwer stillsitzen. Eh super, laut World Health Organization sollten wir uns ohnehin jede Woche mindestens 150 Minuten lang moderat oder 75 Minuten intensiv bewegen. Das machen in Deutschland und Österreich viel zu wenige Leute. Zumindest für die Statistik kann es nicht schaden, dass ich den Durchschnitt immerhin ein bisschen in die Höhe treibe.
Sogar beim Schreiben dieser Zeilen muss ich immer wieder aufstehen und zumindest ein paar Schritte gehen. Vom Schreibtisch zum Kühlschrank. Wein nachschenken. Sind hin und zurück circa zwanzig Schritte. Fällt unter moderat, fix. Oder ich laufe kurz raus in den Garten, meinem Hund Saganaki hinterher. Ein Mischling im besten Alter, benannt nach gebackenem Feta, einer griechischen Spezialität, weil ich ihn verwahrlost gefunden habe, auf Karpathos, einer griechischen Insel, die meine Freunde und ich jedes Jahr besuchen. Saganakis neueste Angewohnheit: Er haut ab, sobald die Terrassentür offensteht.
Und das hatten wir ja schon: Kaum in Freiheit, bepisst er vor lauter Freude oder sonst einem Hochgefühl die Reifen des Nachbarn. Und ich kann mir dann wieder die ewig alte Beschwerdeleier anhören: Wieso macht er das? Können Sie ihn bitte gescheit erziehen? Und so weiter und so fort.
Aber wie bin ich jetzt eigentlich wieder auf den Hund gekommen? Ach ja, wegen der Bewegung. Und meiner Solo-Abfahrt am Semmering, wo plötzlich dieser verdammte Stein im Weg herumlag. Also, es lagen ja viele umher, wie das halt so ist auf einer Downhill-Strecke. Aber der eine Stein, der hatte sich eine besonders blöde Stelle zum Herumliegen ausgesucht, auf dem landete ich nämlich, nachdem ich zuerst auf andere Art ins Schleudern gekommen war, mit meinem Knöchel. Autsch.
Anfangs dachte ich, ich hätte mir beim Aufprall meinen Fuß nur irgendwie beleidigt. Gut, er stand vielleicht ein biiiiisschen komisch weg. Vermutlich ausgerenkt. Das kann vorkommen. Bei Sportarten wie diesen sollte man jetzt nicht unbedingt wehleidig oder großartig zimperlich sein.
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