Chris Reisinger - Die Golfgesellschaft

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Um den Golfsport ranken sich seit jeher schon viele Mythen, wie des Zeitvertreibs der besseren Gesellschaft.
Chris Reisingers Buch ist ein unterhaltsamer Ausflug in die Welt des Golfs. Spielerisch leicht wie an einem Golfnachmittag führt uns der Autor in die Welt dieses faszinierenden Sports ein.
Hier wird vom Leser nicht verlangt, dass er besser werden WILL oder KANN. Eher wird einer Freizeitgesellschaft am Beispiel des Golfsports auf den Zahn gefühlt. Dabei geht es neben einer illustren Betrachtung der Technik viel um die Psychologie der Gemeinschaft und wieso ausgerechnet beim Golf die kleine Amoral des Schummelns so ausgeprägt ist. Und dies, obwohl die Fahne der Etikette und der Regeln seit Anbeginn so hochgehalten wird.
Für jeden, der sich für Golf interessiert, ein Muss und gleichermaßen unterhaltend wie informativ.

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Inhalt

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-903861-85-5

ISBN e-book: 978-3-903861-86-2

Lektorat: Tobias Keil,

Andreas Schachtner

Umschlagfoto: Mantinov, Liligraphie

Yulia Ryabokon | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Daniel Reisinger

www.novumverlag.com

VORWORT

1.

Einleitung –

Die Soziologie des Drumherums

Golf ist ein Standardsport.

Unsere Hausbibliothek wird im Sachbuchsektor – lassen wir Belletristik mal außen vor – von Kochbüchern dominiert. Die gehören allerdings meiner Frau, doch ich profitiere natürlich ungemein von der dadurch gelebten Kulinarik. Die kulinarische Einstellung der Golfer während und vor allem nach den Golfrunden ist allerdings ein eigenes Thema, das sich später einen kurzen Blick verdient. Rang 2 belegen beruflich bedingt Bücher über Management und Psychologie, aber schon auf Rang 3 liegen Bücher über Golf.

Da finden sich welche mit umfassenden Ansprüchen, wie „Das Golf Handbuch – ein vollständiger Begleiter durch die ganze Welt des Golfs“, „Richtig gutes Golf – mehr wissen besser spielen“, „Richtig Golf – länger und genauer“ etc. Dann gibt es natürlich auch Gegentheoretiker „Golfprofis schwingen nicht, sie schlagen“, Psychologen „Intelligentes Golf – Gefühl ist erlernbar“, „Steigern Sie Ihren Golf IQ – Der intelligente Weg zum besseren Spiel“, darüber hinaus Regelbücher, Praxisbücher fürs Green und rund ums Green, Bücher der Altmeister und und und.

Ihnen allen ist eines gemeinsam. Sie vermitteln einen Anspruch. Sie vertrauen darauf, dass der einzelne Leser besser werden WILL und KANN. Doch wie wir es aus fast allen anderen Lebensbereichen kennen, können wir unseren Ansprüchen nur selten gerecht werden, abgesehen davon, dass manche völlig illusorisch sind. Natürlich gibt es den Millionenshow-, den Talentwettbewerb- und den allgemeinen Ehrgeizgewinner, aber der ist in Wahrheit sehr, sehr selten.

Aus soziologischer Sicht dominiert nämlich die latente Ansteckung durch das Durchschnittsniveau, ein zugewiesener Platz in der Könnensverteilung, der sich in sozialen Gruppen sehr rasch einstellt und sich nur langsam, wenn überhaupt, verändert. Das ist in der freizeitlichen Sportwelt nicht anders als in der Gesellschafts- und Berufswelt, außer dass man in ersterer etwas leichter zwischen den Sportarten hin- und herspringen kann.

Bitte gestatten Sie mir diesen kleinen Ausflug ins Soziologische, der uns hilft zu verstehen, wie viel und wieso wir uns in Freizeitaktivitäten engagieren. Und warum wir uns darin positionieren möchten.

Den Griechen und Römern war das Wechselspiel Körper–Geist durchaus bewusst (Mens sana in corpore sano – Gesunder Geist in gesundem Körper), allerdings blieb die Motivation über Jahrhunderte auf kämpferische und militärische Zwecke begrenzt. Ich wohne zufällig in einer Friedrich-Ludwig-Jahnstraße, die es in vielen deutschsprachigen Städten gibt. Der Namensgeber gilt hierzulande als Vater des Turnens, der im 19. Jahrhundert als Erster versuchte körperliche Ertüchtigung in die Erziehung zu integrieren. Aber selbst er hatte noch primär preussische Interessen im Kopf, die er mit stählerner Muskelkraft zu verteidigen suchte – mit den Franzosen als Feindbild im Blick. Sportvereine im heutigen Sinn wurden erst Ende des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts in relevanter Zahl gegründet. Allerdings fanden nur sehr wenige Zugang zu so einem luxuriösen Vergnügen. Der Durchbruch kam erst in der Nachkriegszeit, als uns die gesellschaftliche Moderne ereilte.

Oder um es frei nach dem Soziologen Andreas Reckwitz auszudrücken:

In der Mitte des letzten Jahrhunderts erreichte uns die gesellschaftliche Moderne. Ihr Grundzug ist eine expansive Systematisierung der Welt in Form von Standardisierung, Formalisierung und Generalisierung.

Es wurden global sichtbare Lebensstandards geschaffen, die wirklich viele Bereiche des Lebens abdecken. Wohnstandards, Mobilitäts- und Autostandards, Arbeitsstandards und auch Freizeit- und Sportstandards. Firmen setzten auf Standards für viele Produkte oder Konzepte, nur unter einem Megastandardisierungstrend konnten Restaurants wie McDonalds oder Starbucks globale Siegeszüge feiern und Akzeptanz (!) erreichen. Allen voran zog der „American Way of Life“ als Trend um den Globus. Erstmals wurden in großem Umfang auch Freizeiteinrichtungen wie Tennisplätze, Fußballplätze, Skiregionen etc. nach einheitlichen globalen (sich manchmal modernisierenden) Standards errichtet. Ein Lebensglück suggerierendes Werbesujet war dann etwa: Ehepaar, 2 Kinder, Haus mit Garage und Auto, Tennisschläger (Golfschläger für die oberen Schichten). Eine Portion standardisierte Freizeit gehörte zum Standard – ge- und erlebt mit standardisierten Marken, versteht sich.

Golfplätze selber folgten auch einer peniblen Standardisierung. Man spielt 18 Löcher, 9 wenn es ein billiger Kompromiss sein muss. Aber auch in Großressorts muss die Lochanzahl immer durch 9 teilbar sein, es gibt nur Par 3, Par 4 und Par 5. Maximal sind 4 Spieler pro Spielgruppe (Flight) unterwegs. Loch und Ball sind überall auf der Welt gleich groß, die Anzahl der Schläger ist begrenzt, deren Form und Gewicht normiert. Das erst jetzt eingeführte World Handicap System ist da ein vergleichsweise später Ausläufer.

Die heutigen Träger und Kinder dieser gesellschaftlichen Moderne sind vielfach Baby Boomer (inklusive meiner Wenigkeit) und die haben gerade noch die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fäden in der Hand (Kultur ist hier umfassend auch die Freizeitkultur inkludierend gemeint).

Jeder Kulturstandard ist bemüht einen bestimmten gesellschaftlichen Sektor zu erreichen. Staatsoper und Golfsport zielten eher auf gehobene Schichten ab und verschiedene Barrieren sollten für die einen anziehend, für die anderen ausgrenzend wirken. Diese Hürden waren finanzieller Natur, flankiert von gesellschaftlicher Stellung der zu werbenden Mitglieder – häufig gepaart mit zum Teil obskuren Kleidervorschriften.

Der Übergang in die Postmoderne hat schleichend, aber spätestens seit der Jahrtausendwende sehr spürbar eingesetzt. Die Kultur des ALLGEMEINEN (Standard) wurde eine Kultur des BESONDEREN. Die Generationen XYZ und wie sie alle genannt werden sind heillose Individualisten. Zentral ist ihnen das Streben nach Einzigartigkeit und Außergewöhnlichkeit außerhalb der bisherigen Normen. Street Art jeder Art erreicht mehr Internetklicks als opulent inszenierte Staatsopernaufführungen hinter denen ein dickes Kulturbudget steht. Aber es ist nicht allein der subjektive Wunsch, es ist geradezu ein Druck von Peer und Social Media Groups entstanden.

Finde dich selbst! Du bist was Besonderes!

Standardsportarten, wie eben auch Golf, verloren durch diesen Wandel der gesellschaftlichen Einstellungen an Attraktivität. Free Style in was auch immer ist angesagt. Red Bull verleiht die dazu notwendigen Flügel. Viele traditionelle Sportarten und Vereine geraten in eine Überalterungsfalle. Meine mittlerweile erwachsenen Söhne betreiben Bouldern (so eine Art Indoor Free Climbing). Das skizzierte Werbesujet des Durchschnittsangestellten mit Durchschnittsfamilie in der Vorstadt ist zu einer Negativfolie verkommen. Auch der Dresscode ist aus jugendlicher Sicht entsetzlich. Meine Söhne mussten 2 Jahre Golf spielen – das wars.

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