Der Herausgeber
Prof. Dr. Hermann-T. Steffen, exam. Krankenpfleger und Gesundheitswissenschaftler. Nach langjähriger Tätigkeit in unterschiedlichen Praxisfeldern der Epileptologie und Psychiatrie bekleidet er eine Professur für Gesundheitswissenschaften und Versorgungsforschung an der Fachhochschule der Diakonie und ist Leiter der Epilepsie-Fachberatung, Bildung & Beratung Bethel. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind »Familie und chronische Krankheit«, »Partizipation im Gesundheitswesen« und »Anwendung von E-(Mental)Health«.
Hermann-T. Steffen (Hrsg.)
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-037302-0
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pdf: ISBN 978-3-17-037303-7
epub: ISBN 978-3-17-037304-4
Einleitung – Krankheitsbewältigung und Pflege bei Epilepsie
Hermann-T. Steffen
Epilepsien 1 1 Mit dem Plural »Epilepsien« wird in der medizinischen Klassifikationsterminologie der Heterogenität epileptischer Anfälle, als Symptom der Erkrankung, Ausdruck verliehen.
zählen zu den häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen weltweit (WHO 2019). Auch wenn die Remissionsrate der Epilepsien mit 70 % geschätzt wird (Beghi et al. 2015) – und die Erkrankung somit eine günstige Prognose aufweist –, gehen sie nicht selten mit langjährigen Verläufen einher (Sillanpää 2016). Zudem ist ihnen eine spezifische Verlaufsdynamik zu eigen: Je nach Frequenz und Gestalt der Anfälle – als Symptom der Epilepsien – können sich stabile, instabile und akute Phasen ablösen, zeitweise kann die Symptomatik ganz zum Erliegen kommen, um dann wieder – langsam einschleichend oder abrupt – aufzuflammen (Bartolini & Sander 2019). Auch weisen sich Epilepsien durch ihre Komplexität aus, bedingt durch fallweise auftretende kognitive Störungen, psychiatrische Komorbidität und psychosozialen Folgen (Helmstaedter 2012; Schmitz 2012). So können sich die Auswirkungen der Erkrankung nicht allein in Schule, Ausbildung und Beruf zeigen, gleichermaßen machen sie ihren Einfluss in der Gestaltung sozialer Kontakte geltend (Specht & Thorbecke 2010). Denn der Erkrankung haftet mithin ein Stigma an, das seinen Schatten auf das Selbstbild und auf die soziale Teilhabe von Menschen mit Epilepsie wirft und damit auf die Lebensqualität nachhaltigen Einfluss nehmen kann (Fiest et al. 2014). Die Folgen einer Epilepsie treffen jedoch nicht die Kranken allein, immer sind es ihre Familien, die zahlreichen alltags- und krankheitsbezogenen Anforderungen begegnen müssen (Steffen 2015). Dementsprechend zeigt sich der Gesundheitsstatus von Angehörigen Epilepsieerkrankter vielfach niedrig, derweil ihre ökonomischen, zeitlichen, emotionalen und sozialen Belastungen vergleichsweise hoch ausfallen (van Andel et al. 2009).
Die Bewältigungsarbeit von Menschen mit Epilepsie nimmt ihren Auftakt bereits mit dem Auftreten erster Anfälle. Denn in der Resonanz einer – neuen – komplexen Lebenssituation stellen sich unmittelbar Fragen nach den biographischen Konsequenzen einer mit vielfacher Unsicherheit behafteten Erkrankung (Naess et al. 2009). So müssen epilepsiebedingte Einschränkungen erkannt, künftige Handlungsspielräume austariert und ein neuer Lebensplan entworfen werden. Auch muss das durch die Epilepsie irritierte Selbstkonzept nicht nur zu Beginn, sondern zuweilen fortlaufend angepasst und aktualisiert werden.
Nicht minder anspruchsvoll sind die Aufgaben des Krankheits(selbst-)managements: Um bei wiederkehrenden Anfällen einen gewissen Grad der Kontrolle gegenüber der Epilepsie zu erlangen, gilt es, Anfallsauslöser und -muster im Krankheitsverlauf zu erkennen und zu deuten. Gelingt dies nicht, mindert es die Überzeugung, die Erkrankung kontrollieren zu können und führt mithin zu Gefühlen des Ausgeliefertseins und der Hilflosigkeit (Velissaris et al. 2007). Aber auch ein angemessener Umgang mit dem iktalen Geschehen selbst, das zuweilen bizarr und fremd anmutend jählings jegliche soziale Interaktion unterbrechen kann, muss gefunden werden. Denn epileptische Anfälle ereignen sich nicht immer im Privaten, zuweilen treten sie vor Publikum auf und werden so zu einem öffentlichen Ereignis. Fallweise – wenn der Anfall mit Bewusstseinseintrübung einhergeht – nehmen die Betroffenen das Ereignis einzig im »Spiegel der Umwelt« (Janz 1962, S. 1386) wahr, die sich nicht selten ängstlich, verstört und besorgt zeigt. Somit sind Menschen mit Epilepsie gefordert, sich nicht nur mit der eigenen Situation, sondern auch mit der vermeintlichen Wirkung auf die Zeugen des Anfallsgeschehens auseinandersetzen. Um nicht an sozialer Integrität einzubüßen, ist ein geeignetes Informations- und Stigma-Management unabdingbar. Menschen mit Epilepsie müssen beurteilen und entschieden, wen, zu welcher Zeit, in welcher Form und zu welchem Grad sie über ihre Erkrankung informieren (Elliott et al. 2019).
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