Auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs beruht eine Erfindung, wenn der Arbeitnehmer Kenntnisse, die ihm im Unternehmen zugänglich geworden sind, für die erfinderische Problemlösung verwertet. Unter Erfahrungen ist das gesamte im Unternehmen vorhandene Wissen auf technischem Gebiet zu verstehen, wie Produktionsabläufe, Rezepturen, „praktische Kniffe“ usw., gleichgültig ob dieser Wissensstand schriftlich oder auf sonstigen Informationsträgern fixiert wurde oder ob es sich um Kenntnisse der Mitarbeiter handelt.2
§ 32 ErfindungErfindung-smeldungsmeldung, Inanspruchnahme und ErfinderErfinder-vergütungvergütung
I. Erfindungsmeldung
Ein Arbeitnehmer, der eine DiensterfindungErfindungDienst-DiensterfindungMeldung gemacht hat, hat diese dem Arbeitgeber gesondert unter Berücksichtigung bestimmter Formerfordernisse zu melden. Dabei ist es wesentlich, dass der Arbeitgeber eine Diensterfindung von einem üblichen Arbeitsergebnis unterscheiden kann. Eine derartige Erfindungsmeldunghat unverzüglich(also gem. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“) und in TextformErfindungsmeldungTextform (gem. § 126b BGB) zu erfolgen und es ist kenntlich zu machen, dass es sich um die Meldung einer Erfindung handelt (§ 5 Abs. 1 ArbEG).
Die seit 1. Oktober 2009 geltende Textform erlaubt nun die Verkörperung der Erklärung nicht nur auf Papier, sondern insbesondere auch auf Diskette, CD-ROM, als Email oder Computerfax. Dem Lesbarkeitserfordernis ist bereits Genüge getan, wenn der Empfänger den Text auf seinem Bildschirm lesen kann. Die Person des Erklärenden muss genannt werden. Außerdem muss der Text den Abschluss der Erklärungin geeigneter Weise erkennbar machen. Dies kann durch eine Unterschrift geschehen; ausreichend ist aber auch ein Abschluss durch eine Datierung, durch eine Grußformel oder in sonstiger Weise.1
Inhaltlich sind gem. § 5 Abs. 2 ArbEG in der Erfindungsmeldungdie technische Aufgabe, ihre Lösungund das Zustandekommender Diensterfindung zu beschreiben. Nach dieser Norm sollen außerdem weitere Unterlagen und Angaben enthalten sein. Dazu gehören insbesondere vorhandene Aufzeichnungen, die für das Verständnis der Erfindung erforderlich sind, und Informationen zur Bestimmung des persönlichen Anteilsfaktors(s.u. III.) des Arbeitnehmers an der Erfindung.
Sind mehrere Arbeitnehmer an dem Zustandekommen der Erfindung beteiligt, so können sie die Meldung gemeinsam abgeben und sollen dabei angeben, wer welchen MiterfinderanteilMiterfinderanteil hat. Der Arbeitgeber hat den Zeitpunkt des Eingangs der Erfindungsmeldung unverzüglich in Textform zu bestätigen (§ 5 Abs. 1). Entspricht diese nicht den Anforderungen von § 5 Abs. 2 ArbEG, gilt sie dennoch als ordnungsgemäß, wenn der Arbeitgeber nicht innerhalb von zwei Monaten erklärt, dass und in welcher Hinsicht die Meldung einer Ergänzung bedarf (§ 5 Abs. 3 ArbEG).
II. Inanspruchnahme und deren Wirkung
1. Inanspruchnahme
Um Rechte an einer Diensterfindung zu erlangen, muss der Arbeitgeber diese in Anspruch nehmen. Das kann durch eine ausdrückliche formlose Erklärung erfolgen oder aufgrund der gesetzlichen Fiktion nach § 6 Abs. 2 ArbEG, wonach die Inanspruchnahme als erklärt gilt, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erklärung in Textform freigibt. Damit wird die Inanspruchnahme zur Regel und die Freigabe zur ausdrücklich zu erklärenden Ausnahme, für die Formzwang besteht.1
2. Wirkung der Inanspruchnahme
Mit Inanspruchnahmegehen gem. § 7 Abs. 1 ArbEG alle vermögenswerten1 Rechte an der Diensterfindung auf den Arbeitgeber über. Diese Rechtswirkungen treten unmittelbar ein, ohne dass es einer Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf. Der Arbeitgeber ist nun also alleiniger Berechtigter und kann – ohne jedoch dazu verpflichtet zu sein2 – die Rechte an der Erfindung in allen Benutzungsarten, z.B. des § 9 PatG, selbst nutzen und auch hieran Lizenzen vergeben. Sind an der Erfindung mehrere Arbeitnehmer beteiligt, so ist für einen vollständigen Rechtsübergang die ausdrückliche oder die per gesetzlicher Fiktion bewirkte Inanspruchnahme gegenüber jedem Miterfinder notwendig. Sind Arbeitnehmer verschiedener Arbeitgeber beteiligt, so hat der jeweilige Arbeitgeber die Inanspruchnahme gegenüber seinem Arbeitnehmererfinder ausdrücklich oder per gesetzlicher Fiktion zu erklären.
Nach § 13 Abs. 1 ArbEG ist der Arbeitgeber allein berechtigt für eine Diensterfindung eine SchutzrechtSchutzrechtAnmeldung sanmeldungAnmeldungSchutzrechts- (zum Patent oder Gebrauchsmuster) für das Inland3 einzureichen. Er ist dazu sogar auch verpflichtet, sofern nicht eine Ausnahme gem. § 13 Abs. 2 ArbEG (freigewordene Diensterfindung, Zustimmung des Arbeitnehmers, Betriebsgeheimnis) vorliegt. Der Arbeitgeber ist außerdem berechtigt, AuslandsschutzrechtSchutzrechtAuslands- efür die Diensterfindung einzureichen. Für ausländische Staaten, in denen der Arbeitgeber Schutzrechte nicht erwerben will, hat er dem Arbeitnehmer die Diensterfindung freizugeben. Dabei kann sich der Arbeitgeber gleichzeitig ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Diensterfindung in den betreffenden Staaten gegen angemessene VergütungAnspruchVergütung vorbehalten (§ 14 ArbEG).
Wenn der Arbeitgeber vor Erfüllung des Anspruchs auf angemessene Vergütung (s.u.) die SchutzrechtSchutzrechtAnmeldungsanmeldung nicht weiter verfolgenoder das Schutzrecht nicht aufrechterhalten will, sei es im Inlandoder im Ausland,4 hat er dies dem Arbeitnehmer mitzuteilen und ihm auf dessen Verlangen und KostenKosten das Recht zu übertragen sowie die erforderlichen Unterlagen auszuhändigen. Dazu ist der Arbeitgeber jedoch nur dann verpflichtet, wenn der Anspruch auf angemessene Erfindervergütung (s.u.) noch nicht erfüllt ist (s. § 16 Abs. 1 ArbEG).
3. Freigewordene Diensterfindungfreigewordene DiensterfindungDiensterfindungfreigewordene
Die Diensterfindung wirdgem. § 8 S. 1 ArbEG frei, wenn der Arbeitgeber sie durch Erklärung in Textform frei gibt. Eine derart frei gewordeneErfindung ist von einer freiefreieErfindung n Erfindung(als Gegensatz zu einer Diensterfindung) zu unterscheiden, da nach § 8 S. 2 ArbEG nur für letztere die MitteilungspflichtMitteilungs-pflicht und die AnbietungspflichtAnbietungspflicht (nach § 18 bzw. § 19 ArbEG) gelten.
Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen AnspruchAnspruchArbeitnehmer auf angemessene Vergütung, sobald der Arbeitgeber die Erfindung in Anspruch genommen hat (§ 9 Abs. 1 ArbEG). Dieser Anspruch entsteht zunächst nur dem Grunde nach. Er bedarf also noch einer Konkretisierung nach den Kriterien von § 9 Abs. 2 ArbEG,1 nämlich:
wirtschaftliche Verwertbarkeit;
Aufgaben und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb;
Anteil des Betriebs am Zustandekommen der DiensterfindungDiensterfindungVergütung.
Zur Bestimmung einer angemessenen Vergütung wurden die bereits erwähnten RichtlinienErfindervergütungRichtlinien nach § 11 ArbEG erlassen. Diese sind jedoch keine verbindlichen Vorschriften, sondern geben nur Anhaltspunkte für die Vergütung.2
Maßgeblich für die wirtschaftliche Verwertbarkeitwirtschaftliche Verwertbarkeit sind:3
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