Mit Ausnahme des maßgebenden Zeitpunkts entsprechen Voraussetzungen und Inhalt dieses Rechts denjenigen des oben beschriebenen Vorbenutzungsrechts.2
Erschöpfung Erschöpfungmeint Verbrauch des Patentrechts hinsichtlich eines bestimmten patentgemäßen Erzeugnisses. Sie entsteht, wenn der Patentinhaber oder ein mit dessen Zustimmung handelnder Dritter eine durch Patent geschützte Vorrichtungoder ein unmittelbares Erzeugniseines patentierten Verfahrens im Inland, innerhalb der EU oder des EWREWR in den Verkehr bringt.1 Eine rechtmäßige Herstellung ohne InverkehrbringenInverkehrbringen reichtdafür hingegen nichtaus.2 Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist das Ausschließlichkeitsrecht aus einem Erzeugnis-Patent hinsichtlich solcher Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind. Rechtmäßige Erwerber wie auch diesen nachfolgende Dritterwerber – einschließlich Wettbewerber des Patentinhabers – sind befugt, diese Exemplare bestimmungsgemäß zu gebrauchen, an Dritte zu veräußern oder zu einem dieser Zwecke Dritten anzubieten.3 Daher kann bei bestehender Erschöpfung der Patentinhaber für das genannte Erzeugnis-Exemplar das weitere Inverkehrbringen, das Anbieten und den Gebrauch dieses Gegenstands aus dem Patent nicht mehr verbieten. Jeder, der dazu tatsächlich in der Lage ist, darf das Erzeugnis ohne Zustimmung des Patentinhabers veräußern oder auf sonstige Weise weitergeben, anbieten und gebrauchen sowie zu diesen Zwecken erwerben und besitzen. Der Erschöpfungsgrundsatz im Patentrecht ergibt sich üblicherweise nur aus Rechtsprechung und Schrifttum.4 Lediglich für biologisches Material gibt es gem. § 9b PatG eine nationale gesetzliche Regelung. In dem noch nicht in Kraft getretenen Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (s.a. § 23 dieses Abschnitts) ist in dessen Art. 29 ebenfalls die Erschöpfung berücksichtigt.
Ein InverkehrbringenInverkehrbringen außerhalb des EWREWR (einschl. EU) bewirkt keine Erschöpfung.5 Dieser Grundsatz gilt auch in den Fällen, in denen Erzeugnisse in einem Land in den Verkehr gebracht worden sind, bevor dieses Land der EU beigetreten ist6 und auch nicht Mitglied des EWREWR war. Es ist gleichgültig, ob der Patentinhaber im Staat des ersten Inverkehrbringens ebenfalls über ein SchutzrechtSchutzrechtParallelpatent, insbesondere ein „Parallelpatent“ (also eins basierend auf derselben Erfindung wie das für das Inland erteilte Patent) verfügt, das ihn berechtigt, einem Inverkehrbringen der Erzeugnisse durch Andere entgegenzutreten.7
Die Zustimmungdes Patentinhabers für ein Inverkehrbringen ist z.B. dann gegeben, wenn er einen Dritten zum Vertrieb beauftragtoder ihm eine LizenzLizenz erteilt hat. Durch ein Inverkehrbringen patentgemäßer Erzeugnisse ohne Zustimmungdes Patentinhabers wird die Erschöpfung auch dann bewirkt, wenn ein Benutzungsrecht aufgrund einer Lizenzbereitschaftnach § 23 PatG (s. unten IV.), eines Weiterbenutzungsrechtsnach §§ 12, 123 Abs. 5 (s. oben II.), einer staatlichen Benutzungsanordnungnach § 13 PatG (s. unten V. 1.) oder einer Zwangslizenznach § 24 PatG (s. unten V. 2.) vorliegt.8
Diese Zustimmung bzw. Berechtigung muss zum Zeitpunkt des Inverkehrbringensvorliegen. Ist das der Fall, so bleibt die Erschöpfungswirkung bestehen, auch wenn nachträglich ihre Voraussetzungen wegfallen, z.B. das Patent übertragen wird oder eine Lizenz endet.9
Bei einem Verfahrenspatent gelten die Grundsätze zur Erschöpfung uneingeschränkt für die nach § 9 S. 2 Nr. 3 PatG geschützten unmittelbaren Erzeugnisse. Durch deren Inverkehrbringen werden allerdings nur diese, nicht aber das Verfahren selbst gemeinfreigemeinfrei.10
In § 23 PatG ist die sog. LizenzbereitschaftLizenz-bereitschaft geregelt. Erklärt der Patentanmelder oder der im Register (gem. § 30 Abs. 1 PatG) als Patentinhaber Eingetragene schriftlich gegenüber dem Patentamt die Bereitschaft, jedermann die Benutzung der Erfindung gegen angemessene Vergütung zu gestatten, so ermäßigen sich die nach Eingang der Erklärung fälligen JahresgebührJahresgebühr en auf die Hälfte.
Die Erklärung, die gem. § 23 Abs. 7 PatG jederzeit schriftlich zurückgenommen werden kann, ist eine materiellrechtliche Verfügung über das Patent, wodurch der Patentinhaber/Anmelder auf wesentliche Teile seines Rechtes verzichtet, nämlich auf das Verbotsrecht gegenüber Dritten, sofern diese bereit sind, eine angemessene Vergütung zu zahlen. Somit verzichtet er auf das Recht zur alleinigen Benutzung der Erfindung und zur Erteilung einer ausschließlichenLizenzausschließlicheAusschließlichkeitsrechtLizenzAusschließlichkeitsrecht Lizenz (siehe unten § 18 II.). Nach Eintragung der Erklärung im Register (s. § 23 Abs. 1 S. 2 PatG) wirkt diese wie ein Lizenzangebot an die Allgemeinheit, das jeder beliebig annehmen kann.1 Anderweitige einfache, also nicht-ausschließliche Lizenzen, stehen dem nicht entgegen. Ausschließliche Lizenzen hingegen sind mit dem CharakterCharakterLizenzbereitschaftserklärung der Lizenzbereitschaftserklärung nicht vereinbar.2
Der Patentinhaber braucht für nach dem Eingang der Erklärung fällige Jahresgebühren nur die Hälfte zu zahlen. Das gilt auch für die dem Patent zugrunde liegende deutsche AnmeldungAnmeldungLizenz (§ 23 Abs. 6 PatG) sowie für zugehörige ergänzende Schutzzertifikate(§ 16a Abs. 3 PatG). Es gilt weiterhin auch für Zusatzpatente, die bis zum 1. April 2014 angemeldet werden konnten (s. § 147 Abs. 1 PatG). Die Gebührenreduzierung gilt jedoch nicht für die für eine europäischeuropäischAnmeldunge Patentanmeldung an das EPA zu zahlenden Jahresgebühren.3
Jeder Dritte kann ab Eintragung der Erklärung in das Register die Erfindung benutzen, sofern er seine Absicht dem Patentinhaber/Anmelder anzeigt, AuskunftAuskunft über die Benutzung gibt und eine angemessene Vergütung zahlt. Diese Vergütung wird auf schriftlichen Antrag eines Beteiligten durch das DPMA festgesetzt (§ 23 Abs. 4).
V. Weitere Rechtsbeschränkungen
Die Rechte des Patentinhabers können weiterhin durch eine Benutzungsanordnung(gem. § 13 PatG) oder durch eine ZwangslizenzZwangslizenzLizenzZwangs- (§ 24 PatG) beschränkt werden.
1. BenutzungsanordnungBenutzung-sanordnung
Die Benutzungsanordnungunterscheidet zwei Fälle, nämlich:
Benutzung im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt; das hat die Bundesregierung (nicht ein einzelner Minister) anzuordnen (§ 13 Abs. 1, S. 1 PatG) und
Benutzung im Interesse der Sicherheit des Bundes; das hat die zuständige oberste Bundesbehörde (wie Bundesministerium der Verteidigung oder des Inneren) oder in deren Auftrag eine nachgeordnete Stelle anzuordnen (§ 13 Abs. 1 S. 2 PatG).
Der Patentinhaber hat gegenüber dem Bund(nicht gegenüber dem Benutzer) einen AnspruchAnspruchVergütung auf angemessene Vergütung(§ 13 Abs. 3 PatG), die einer Enteignungsentschädigung entspricht.1
2. ZwangslizenzZwangslizenzLizenzZwangs-
Falls ein Lizenzsucher sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolglos bemüht hat, vom PatentinhaberPatent-inhaber die Zustimmung zu erhalten, die Erfindung zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu benutzen und das öffentliche Interessedie Erteilung einer solchen Lizenz gebietet, hat das BundespatentgerichtBundespatentgericht die Möglichkeit eine Zwangslizenzzu erteilen (§ 24 Abs. 1 PatG). Ein öffentliches Interesse an der Erteilung einer Zwangslizenz für einen pharmazeutischen Wirkstoff kann auch dann bestehen, wenn nur eine relativ kleine Gruppe von Patienten betroffen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Gruppe einer besonders hohen Gefährdung ausgesetzt wäre, wenn das betreffende Medikament nicht mehr verfügbar wäre.1
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