Ein patentiertes Erzeugnis wird i.S.v. § 9 PatG gebraucht, wenn es bestimmungsgemäß verwendetwird, wie z.B. der Betrieb einer Vorrichtung, die Verwendung einer Sache oder die Verarbeitung eines chemischen Stoffes. Ist das patentierte Erzeugnis Teil einer größeren Einheit, so wird dieser Teil nicht gebraucht, wenn er die technische Funktion der Gesamtsache nicht entscheidend mitbestimmt, wie z.B. der patentierte Nagel in einem Schrank.1
5. EinführenEinführen und BesitzBesitz
Das Einführenpatentierter Erzeugnisse aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland stellt dann eine dem PatentinhaberPatent-inhaber vorbehaltene Benutzung dar, wenn die Einfuhr zu dem Zweck erfolgt, das Erzeugnis herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen. Auch ein Besitz zu einem dieser Zweckekann verboten werden. Der Begriff des Besitzes umfasst die tatsächliche Verfügungsgewalt im wirtschaftlichen Sinne und ist nicht auf den zivilrechtlichen Besitz beschränkt.1
II. Rechte aus VerfahrensansprüchenRechtaus Verfahrensanspruch
Durch einen VerfahrensanspruchAnspruchAnspruchVerfahren wird ein bestimmtes technisches Handeln, das in mehreren Verfahrensmaßnahmen bestehen kann, unter Schutz gestellt. Dabei wird im Wesentlichen unterschieden zwischen
HerstellungHerstellung-sverfahrensverfahren und
ArbeitsverfahrenArbeitsverfahren.
Bei einem Herstellungsverfahrenbesteht die LehreLehretechnisches Handeln zum technischen Handeln in der Beschreibung der beiden eigentlichen Verfahrensmaßnahmen, nämlich der Wahl der Ausgangsmaterialien und der Art der Einwirkung auf diese. Dabei wird also auf ein Ausgangssubstrat (z.B. Werkstück, Werkstoff) durch mechanische, physikalische, chemische oder biologische Vorgänge eingewirkt, so dass als Arbeitsergebnis ein Erzeugnis entsteht. Das Herstellungsverfahren kann sich beispielsweise auf äußere FormFormGebunggebung (wie Fräsen, Lochen, Stanzen) oder innere stoffliche Beschaffenheit des verwendeten Materials beziehen. Die herrschende Meinung versteht unter einem „Erzeugnis“ nur körperliche Gegenstände. Ungeklärt ist, ob auch sonstige Erzeugnisse, wie z.B. elektrische Energie, dazu gehören.1
Ein Herstellungsverfahren kann auch dann patentfähig sein, wenn das hergestellte Erzeugnis im Prioritätszeitpunkt des Verfahrenspatents an sich bekannt ist (also zuvor auf anderem Wege hergestellt wurde).
Arbeitsverfahrenhingegen sind nicht auf das Hervorbringen eines Erzeugnisses gerichtet und haben auch nicht die Veränderung eines bereits bestehenden Objekts zum Ziel. Stattdessen wirken sie auf Objekte ein ohne dass diese als solche nach Abschluss des Verfahrens Veränderungen aufweisen.2 Beispiele dafür sind Verfahren zum Fördern, Ordnen, Reinigen, Messen, Steuern elektronischer Geräte und dergleichen.
Ein VerfahrenVerfahren-spatent spatentPatentVerfahrens-, also ein Patent, das mindestens einen Verfahrensanspruch – der ein Herstellungs- oder ein Arbeitsverfahren schützen kann – enthält, hat nach § 9 S. 2 Nr. 2 PatG die Wirkung, dass es einem Dritten ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, das geschützte Verfahren anzuwenden. Dabei ist Anwendung des Verfahrens sein bestimmungsgemäßer Gebrauch.1
2. AnbietenAnbieteneines Verfahrens zur Anwendung eines Verfahrens zur Anwendung
Unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich wenn ein Dritter weiß oder es offensichtlich ist, dass die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, ist es ihm auch verboten, das geschützte Verfahren anzubieten.
Dieses Anbieten eines Verfahrens zur Anwendung, welches zur Geltendmachung von § 9 S. 2 Nr. 2, 2. Alt. PatG im Inland erfolgen muss, hat in der Praxis aufgrund der besonderen Voraussetzungen keine große Bedeutung. Denn der Dritte müsste einerseits die Details des Verfahrens und andererseits die Existenz sowie den SchutzumfangSchutzumfangPatent des Patents kennen.
3. Durch Verfahren unmittelbar hergestelltes Erzeugnisunmittelbar hergestelltes Erzeugnis
Durch § 9 S. 2 Nr. 3 PatG (Art. 64 Abs. 2 EPÜ) wird der Schutz eines Herstellungsverfahrens ergänzt und umfasst auch Erzeugnisse, die unmittelbardurch das Verfahren hergestellt wurden. Derartige Erzeugnisse sind so geschützt, als ob sie durch ein Erzeugnispatent unter Schutz gestellt wären (s. oben I.). Der Inhaber eines inländischen Verfahrenspatents wird zusätzlich auch vor der Einfuhr und dem Inlandsvertrieb von Erzeugnissen geschützt, die im Ausland hergestellt wurden. Die Erstreckung des Schutzes auf das unmittelbar hergestellte Erzeugnis ändert jedoch nichts daran, dass die geschützte Lehre in dem Verfahren besteht. Wird das geschützte Verfahren nicht benutzt, so wird selbst ein identisches Erzeugnis vom Schutz gem. § 9 S. 2 Nr. 3 PatG nicht erfasst, denn dieser bezieht sich nur auf das unter Anwendung des geschützten Verfahrens hergestellte Erzeugnis.1
Fraglich – und im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden – ist, wann ein Erzeugnis als unmittelbarhergestellt gilt. Dafür muss ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erzeugnis und dem Verfahren bestehen, wie bei folgendem Beispiel:2
Eine Kunststofffaser wird unmittelbar durch ein geschütztes Verfahren hergestellt. Damit ist diese so hergestellte Faser durch das Verfahrenspatent geschützt. Stoffe, die aus dieser Faser gewebt oder Strümpfe, die daraus hergestellt werden, sind ebenfalls vom Schutz umfasst.
Ein Erzeugnis wird hingegen bei folgendem Beispiel nicht mehrals nach einem Verfahren unmittelbarhergestellt anzusehen sein:3
Ein (durch ein geschütztes Verfahren hergestellter) Nagel wird zum Bau eines Schrankes verwendet. Der Nagel ist zwar physikalisch noch vorhanden, hat jedoch jede Selbständigkeit verloren. Daher fällt der Schrank nicht unter den Schutz des Verfahrenspatents.
III. Rechte aus VerwendungVerwendung-sanspruchsansprRechtaus Verwendungsanspruchüchen
Neben den in § 9 PatG genannten Erzeugnis- und Verfahrenspatenten gibt es in der Praxis auch zweckgebundenen Erzeugnisschutzin Form von VerwendungVerwendung-spatent spatenten (bzw. AnwendungspatentenPatentAnwendungs-Anwendungspatent). Das sind solche Patente, die mindestens einen AnspruchAnspruchVerwendung enthalten, durch den die Verwendung (oder Anwendung) eines Erzeugnisses für einen bestimmten Zweck geschützt ist. Ein solcher Anspruch könnte beispielsweise folgenden Wortlaut haben:
Verwendung eines chemischen Stoffes XY als Schädlingsbekämpfungsmittel.
Für die Schutzfähigkeit eines solchen Anspruchs ist es nicht notwendig, dass das Erzeugnis selbst schutzfähig (also neu oder erfinderisch) ist. Stattdessen muss die Verwendung neuund erfinderischsein.
Bei der Prüfung, inwiefern eine BenutzungsformFormBenutzungs-Benutzung-sform für die geschützte Verwendung bestimmt ist, kommt es darauf an, inwiefern das Erzeugnis objektiv auf die geschützte Verwendung ausgerichtet, d.h. sinnfällig (oder augenfällig) hergerichtet ist. Dabei kann eine spezifische Form des Erzeugnisses (z.B. Applikation als Tablette, Salbe etc.) herangezogen werden. Jedoch kann es auch genügen, dass die Bestimmung zur patentgemäßen Verwendung in den Angaben auf der Verpackung oder einer beigefügten Gebrauchsanweisung zum Ausdruck kommt.1
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