Unabhängig von der Dimension der Lebensmittelherstellung hat sich der Produktionsprozess mit den stofflichen Vorgängen physikalischer, chemischer und biologischer Art während der Verarbeitung zu befassen. Ziel ist die optimale Nutzung der eingesetzten Rohstoffe und deren Verarbeitung zu Lebensmitteln mit einem hohen Genuss- und Nährwert. Dabei gilt es, unter Einhaltung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards mit den vorhandenen ökologischen und ökonomischen Ressourcen schonend umzugehen. In der deutschen Lebensmittelwirtschaft herrscht noch ein ausgeprägter Wettbewerb. Eine Situation wie sie die oligopolartig strukturierte Mineralölindustrie aufweist, ist aufgrund der heterogenen Struktur und der vielfältigen Beschaffungsbasis derzeit nicht zu erwarten. Aufgrund des Wettbewerbs liegen die Nahrungsmittelpreise vergleichsweise niedrig und ermöglichen es dem Verbraucher, sich mit lediglich zehn bis elf Prozent seines verfügbaren Einkommens zu ernähren (Stand 2011). Menschen in Frankreich, Italien oder Spanien müssen prozentual deutlich mehr ausgeben, der Wert für die USA liegt mit 6–7 Prozent dafür messbar niedriger (FoodDrinkEurope 2012).
2.4 Die Unternehmensstruktur als Handlungsrahmen
Die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft haben unabhängig von ihrer Größe oder Ausrichtung das wirtschaftliche Ziel, ein bestimmtes Produkt zu erzeugen und erfolgreich am Markt zu platzieren. In der betrieblichen Praxis strömt eine riesige Menge an Waren und Dienstleistungen in die Produktionsstätte, die zur Erstellung der betrieblichen Leistung benötigt wird. Jedes Unternehmen muss sich bestmöglich organisieren und die nötigen Fakultäten vorhalten, sodass ein Output mit optimalem Wirkungsgrad möglich ist. In Abbildung 2.5 wird der grundsätzlich erforderliche Input den zur Verarbeitung und Vermarktung nötigen Fach- und Managementabteilungen gegenübergestellt.
Ein Unternehmen kann als Organismus beschrieben werden, der zahlreiche Organe benötigt, um die angestrebten Ergebnisse zu erzielen. Ein biologischer Organismushat das Ziel, sich zu vermehren, ein Unternehmen hingegen will profitabel wachsen. Wie die Organe in einem betrieblichen Organismus angeordnet werden können, wird in Kapitel 6 beschrieben. Die wichtigsten Managementaufgaben bestehen in der reibungsfreien Verzahnung der Abteilungen, in ihrer Zusammenarbeit ohne überflüssige interne Mauern und in der Vorgabe von Zielen, die in der Organisation kommuniziert und akzeptiert werden müssen. Das Management eines Unternehmens ist mit dem menschlichen Gehirn gleichzusetzen, das alle Messwerte der Körperorgane ständig überprüft und bei Abweichungen sofort Gegenmaßnahmen einleitet. Beim Menschen ist das angestrebte und einzuhaltende Ziel die Homöostase, beim Unternehmen die Übereinstimmung mit dem Plan. Entsprechend der Leistung des Gehirns, das bei drohenden Überlastungen des Körpers eingreift und ganze Organe blockiert, hat die Unternehmensleitung in Gefahrensituationen im Sinne des Ganzen zu reagieren.
Abb. 2.5 Ein Produktionsunternehmen als Organismus, der viele Produkte oder Dienstleistungen von außen aufnimmt und nach entsprechender Veredelung abgibt
2.5 Die Wertschöpfungskette als zentrale Managementaufgabe
Letztendlich lebt jedes Unternehmen vom Verkauf seiner Produkte. Das können verzehrfähige Lebensmittel, aber auch Roh-, Hilfs- oder Zusatzstoffe sein, gleichfalls Beratungsdienstleistungen oder jede Art von Laborarbeiten. Allen gemeinsam ist, dass sie vor einer Vermarktung entwickelt und produziert werden müssen. Diese Phasen sind auch bei Dienstleistungen erkennbar – statt der Entstehung in einer Fabrikhalle durchlaufen sie einen eher geistigen Reifeprozess bis hin zum fertigen Produkt. Abbildung 2.6 verbindet die drei grundlegenden Phasen der Wertschöpfungskette, also Produktentwicklung, -erstellung und -vermarktung, auf der Zeitachse mit Managementaufgaben, die entlang der Kette abgearbeitet werden müssen und einen erheblichen Teil der Firmenkapazität abgreifen. Die Wertschöpfungskette ist in die Gesamtstruktur des Unternehmens oder Handwerksbetriebes eingebettet, dessen Organisation die notwendigen Fachbereiche selbst vorhält oder von außen zukauft. Compliance Managementund Ethikschaffen einen Überbau und definieren erlaubtes bzw. verbotenes Handeln im Unternehmen generell und entlang des Prozesses. Die Grafik verdeutlicht, dass die einzelnen Fachbereiche unterschiedlich lang benötigt werden und ihre Verantwortlichen immer das Ganze im Auge behalten müssen.
Abb. 2.6 Die drei Phasen der Wertschöpfungskette und die auf der Zeitachse benötigten Managementleistungen
Das Controllingbegleitet den gesamten Prozess vom Beginn der Entwicklung (z. B. durch F+E-Controlling, Einkaufscontrolling, Personalcontrolling) über die Produkterstellung (Produktionscontrolling, Einkaufscontrolling, Personalcontrolling) bis zum Vertriebscontrolling mit eingeschlossenem Produktcontrolling. Die zentrale Aufgabe des Controllings ist der ständige Soll-Ist-Vergleich, der bei Abweichungen vom Plan zu Gegenreaktionen führen muss.
Die Methoden des Innovationsmanagementswerden bereits vor dem eigentlichen Entwicklungsprozess zur Ideenfindung, zur Bewertung von anderen existierenden Projekten in der Pipeline, zur Verwendung von Marketingerkenntnissen für die Entscheidungsfindung und für Vieles mehr eingesetzt (siehe Kapitel 10). Bereits in einem möglichst frühen Stadium der Entwicklung sind der Einkauf, der Vertrieb(beide siehe Kapitel 7), die Produktion, der Qualitätsverantwortliche, die Personalabteilungsowie das Marketingeinzubinden. Alle Abteilungen sind auf diese Weise Teil eines Getriebes, bei dem die Zahnräder passgenau ineinandergreifen, um sich entlang der Kette vorwärtszubewegen. Die hohe Kunst des Managements besteht darin, die Betroffenen zur rechten Zeit zusammenzuführen, um den Wirkungsgrad zu optimieren. Vielfach wird dazu eine eigene Produkt- oder Projektmanagementstrukturgeschaffen oder aktives Ressourcenmanagement betrieben, um die spezifische Verantwortung zu bündeln.
Die drei Phasen des Wertschöpfungsprozesses ihrerseits lassen sich je nach Situation weiter untergliedern. So gehören zur Produktentwicklung beispielsweise eine strukturierte Ideenfindung, Forschungsarbeiten im Labor, Basisentwicklungen im Technikum sowie erste Gehversuche in einer Pilotanlage. Der Produktionsprozess beinhaltet mindestens die eigentliche Produktion und die Verpackung. Die Vermarktung stützt sich u. a. auf ein spezifisches Produktmarketing, juristische Elemente der Vertragsgestaltung und den Vertriebsprozess selbst.
Jedes Unternehmen besitzt eine spezifische Form der Organisation und des Umgangs der Menschen untereinander. Diese Eigenheiten eines Unternehmens schlagen sich u. a. aber auch in der Härte der Zielverfolgung, in der Fehlertoleranz, der Bedeutung von Innovationen, im Grad der individuellen Freiheit, im Ausmaß der Verantwortungsdelegation, im Entlohnungssystem und Führungsstil, im Selbstverständnis, im Glauben an Kennzahlen sowie in der Wertschätzung aller Stakeholder – nicht nur der Shareholder – nieder. Die Summe all dieser Eigenschaften bestimmt letztlich die sogenannte Firmenkultur. Weil dieser oft nicht expressis verbis ausformulierte Begriff alle Unternehmensbereiche, vor allem die mit direktem Einfluss auf Menschen, umfasst, ist er nur schwierig zu verändern. In vielen Unternehmen ist man sich nicht einmal richtig bewusst, eine Firmenkultur zu besitzen. Sie hat sich in der Haltung der Beschäftigten festgesetzt. Änderungen werden mit Unmut registriert, häufig offen oder verdeckt bekämpft. Fusionen, auch wenn sie wirtschaftlich und unter Marktaspekten richtig sind, scheitern nicht selten an inkompatiblen Firmenkulturen.
Читать дальше