Mit diesen Änderungen und der Einführung des StaRUG wurde die „Richtlinie des Europäischen Parlaments (EP) und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren…“ aus dem Jahr 2019 in das deutsche Recht umgesetzt.
Eine Synopse der Änderungen zur Insolvenzordnung kann auf www.buzer.deaufgerufen werden.
Art. 103m Einführungsgesetz InsO regelt den zeitlichen Anwendungsbereich. Demnach sind auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1. Januar 2021 beantragt worden sind, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.
Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2› Lösung Fragen 11 – 20› 20. Zu welchen Änderungen hatte das ESUG 2012 geführt?
20. Zu welchen Änderungen hatte das ESUG 2012 geführt?
Die ebenfalls weitgehende Reform in 2012 (ESUG) hatte zu einer Stärkung der Gläubigermitbestimmung geführt. Ab einer gewissen Größenordnung bedarf es seitdem eines vorläufigen Gläubigerausschusses, § 22a InsO und dieser hat ein Vorschlagsrecht bei Bestellung von Insolvenzverwaltern, § 56a InsO. Das Insolvenzplanverfahren wurde ausgebaut. Fristen wurden verkürzt, um das Verfahren zu beschleunigen (§§ 231 I 2, 232 III 2 InsO). Die Gesellschafter wurden einbezogen. In ihre Rechte kann seitdem gegen ihren Willen eingegriffen werden (§§ 217 S. 2, 222 I Nr. 4, 225a und 246a InsO). Die Obstruktionsmöglichkeiten und Rechtsmittel gegen den Plan wurden eingeschränkt. Ebenso ist das Verfahren in Eigenverwaltung überarbeitet worden. So wurde das Schutzschirmverfahren eingeführt.[1] Das Schutzschirmverfahren soll eine frühzeitige Antragsstellung befördern. Künftig kann seit 2012 ein vorläufiger Sachwalter anstelle eines (starken) vorläufigen Verwalters bestellt werden.
[1]
Bei dem Schutzschirm geht es um eine Kombination aus Eigenverwaltung und Planverfahren, die zunächst in § 270b InsO geregelt war und seit dem 1.1.2021 in § 270d InsO normiert ist.
( Dieser Grundsachverhalt liegt den meisten der Übungsfälle zugrunde. )
Die Pellet GmbH entwickelt und produziert Elektroautos. Geschäftsführer ist Herr Dr. Glas.
Bereits im September 2021 ist die GmbH zahlungsunfähig.
Am 7. Oktober 2021 stellt der Geschäftsführer Dr. Glas Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzgericht München bestellt den renommierten Sanierer Herrn Ostler zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
Das Insolvenzverfahren wird am 4. November 2021 eröffnet und Herr Ostler wird als Insolvenzverwalter bestellt.
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Elf kurze Einführungsfälle
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte
Sachverhalte
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 1. Einführungsfall
Das Insolvenzverfahren über die Pellet GmbH, einer Herstellerin von Elektroautos, wird am 4.11.2021 eröffnet. Um welche Klasse von Forderungen handelt es sich jeweils?
a) |
Der Insolvenzverwalter schließt am 5.11.2021 mit der Oily AG einen Vertrag über Lieferung von Heizöl gegen einen Kaufpreis von 5 000 EUR. |
b) |
Die Oily AG hat noch einen Zahlungsanspruch wegen einer Heizöllieferung aus dem Jahr 2014. |
c) |
Die Südbank AG hatte am 20.8.2021 ein Darlehen an die Pellet-GmbH vergeben. Das Darlehen ist in Höhe von 500 000 EUR valutiert und am 8.12.2021 zur Rückzahlung fällig. |
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 2. Einführungsfall
Die Lumos AG liefert der Pellet-GmbH Anfang 2021 Aluminium für die Herstellung von Anhängerkupplungen. Es wird vereinbart, dass die Ware bis zur Bezahlung Eigentum der Lumos AG bleiben soll und sich das vorbehaltene Eigentum am Endprodukt fortsetzen soll. Über das Vermögen der Pellet-GmbH wird am 4.11.2021 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Lumos AG verlangt Herausgabe der Anhängerkupplungen. Zu Recht?
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 3. Einführungsfall
Die Pellet-GmbH hat zur Sicherheit eines Kredits alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen an ihre Hausbank abgetreten. Einige Zeit später liefert die Get-it AG der Pellet-GmbH GPS-Navigationsgeräte unter verlängertem Eigentumsvorbehalt. Die Get-it AG hatte vor der Lieferung deutlich gemacht, dass sie ohne die Sicherheit eines verlängerten Eigentumsvorbehalts nicht liefern würde. Die Pellet-GmbH veräußert die Navigationsgeräte umgehend weiter. Schließlich wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Pellet-GmbH eröffnet. Welche Rechte hat die Get-it AG?
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 4. Einführungsfall
Am 17.8.2021 hat die Pellet-GmbH einen LKW an Herrn Sükat verkauft. Er sollte am 1.12.2021 geliefert werden. In der Zwischenzeit, am 4.11.2021, wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Pellet-GmbH eröffnet. Herr Sükat hat den Kaufpreis bereits vollständig bezahlt. Welche Rechte hat Herr Sükat?
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 5. Einführungsfall
Eine Woche nach Verfahrensbeginn veräußert der Insolvenzschuldner ohne Mitwirkung des Verwalters sein Grundstück an Herrn Krause, der von der Insolvenz keinen Wind bekommen hatte. Das Grundbuch enthält keinen Insolvenzvermerk. Herr Krause wird als Eigentümer eingetragen. Ist die Veräußerung wirksam?
Variante:Wie wäre die Rechtslage, wenn der Insolvenzschuldner sein Grundstück bei im Übrigen gleicher Sachlage nach Stellung des Insolvenzantrags, aber noch vor Eröffnung des Verfahrens veräußert hätte?
a) |
Wenn kein Verfügungsverbot erlassen worden war? |
b) |
Wenn das Gericht einen Zustimmungsvorbehalt angeordnet hatte? |
c) |
Wenn das Gericht ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet hatte? |
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 6. Einführungsfall
Nach Eröffnung des Verfahrens verkauft die Pellet-GmbH ohne Kenntnis des Verwalters Lagerbestände an die Kronum AG zum Verkehrswert von 70 000 EUR. Die Geschäftsführung der Pellet-GmbH leitet das Geld sofort an den Insolvenzverwalter weiter. Der Insolvenzverwalter ist mit dem Geschäft nicht einverstanden.
a) |
Kann der Verwalter das Geschäft mit der Kronum AG anfechten? |
b) |
Muss die Kronum AG die erhaltenen Gegenstände zurückgeben? |
c) |
Kann die Kronum AG den Kaufpreis zurückverlangen? |
d) |
Wie verhält es sich, wenn die Kronum AG die Gegenstände wiederum an ihren Geschäftspartner, die FIHO-AG, weiterverkauft hat. Die FIHO-AG war gutgläubig und der Verwalter hatte die betroffenen Gegenstände noch nicht in seinen Besitz genommen, § 148 InsO. |
Elf kurze Einführungsfälle› Sachverhalte› 7. Einführungsfall
Der Pheul KG verkauft der Pellet-GmbH im Oktober eine Drehmaschine für 80 000 EUR. Der Kaufpreis wird für zwei Monate gestundet. Die Übereignung der Drehmaschine steht unter dem Vorbehalt der Kaufpreiszahlung. Am 4.11.2021 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Pellet-GmbH eröffnet. Kann die Pheul KG Herausgabe oder Bezahlung der Maschine verlangen?
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