Kapital kann als Vermögen sehr unterschiedliche Formen der Existenz annehmen, weshalb wir auch nicht einfach nur von dem Kapital sprechen, es kann umgewandelt werden, vergleichbar den unterschiedlichen Formen der Energie, die ja auch ineinander umgewandelt werden können. So wie man elektrische Energie in kinetische Energie umwandeln kann, so kann man auch Finanzkapital in Sachkapital, Bildungskapital, Humankapital oder Ordnungskapital umwandeln, wenn passende miteinander agierbare Strukturen und Energien aufeinandertreffen. Interagierbare Strukturen wie die Hormone in organischen Systemen gibt es vielleicht nicht nur in der Biologie.7 In den hier anzusprechenden wirtschaftlichen Zusammenhängen wird der entsprechende steuerbare Entwicklungsprozess vor allem durch Arbeit und Geld mitbestimmt. Ob in den hier zu bearbeitenden wirtschaftlichen Zusammenhängen interagierende Strukturen aufzufinden sind, die mit denen in der Biologie vergleichbar sind, das sei hier nur als Frage in den Raum gestellt. Der Fokus sei zunächst auf die Interaktion zwischen dem einzelnen Faktor in unseren Volkswirtschaften, hier Geld, und dem Wachstum in einer abgrenzbaren wirtschaftlichen Struktur gerichtet. Vorab gilt es klar zu unterscheiden zwischen natürlichen Faktoren und arbiträren Faktoren. Geld ist wie gesagt kein natürlicher Faktor, weil er im Gegensatz zu anderen Faktoren keine Rolle bei Wachstumsphänomenen in der vom Menschen nicht gesteuerten Natur spielt, also bei Phänomenen, auf die Menschen keinen Einfluss ausüben. Genau deshalb soll er als erster Faktor auf seine Bedeutung für wirtschaftliche Wachstumsphänomene hin untersucht werden!
1Einleitung zum Artikel „Das Geld hat viele Namen“ (Oberhuber, 2018).
2Alle bekannten Hochkulturen arbeiten oder arbeiteten mit Geld in der einen oder anderen Weise. Auf dem Kapitol, am Tempel der Juno, mit Beinamen Moneta, befand sich die erste Münzprägestätte Roms. Dies war wohl auch der Ursprung des Geldhandels mit Geld im Tempel und dessen Ausbreitung im Orient zu Zeiten der ersten Christen und führte dazu, dass Jesus laut der Bibel diese Wucherer aus dem Tempel vertreiben wollte. Dabei spricht Jesus auch vom Mammon, und zwar in der aramäischen Bedeutung des unredlich erworbenen Gewinns als der Jagd nach dem Vermögen anderer ohne Rücksicht auf Verluste, wenn er davon spricht, dass man nicht Gott und dem Mammon gleichzeitig dienen kann. Geld wird damit nicht als solches verdammt, ist aber schon immer ein Problem für Strenggläubige in allen Religionen, muss man doch die durch Geld ausgelöste Gier verdammen, obwohl man andererseits gerne Geld annimmt und auch damit arbeitet, soweit damit der Warencharakter von Geld und Vermögen im reinen Tauschgeschäft angesprochen wird. Geld als Äquivalent für eine Arbeitsleistung wird dabei nur nachrangig berücksichtigt. Die Wachstumsförderung durch Geld wird daher in der Regel nur eindimensional betrachtet. Geld und wirtschaftliches Wachstum sind aber immer in ihrem mehrdimensionalen Kontext zu sehen, will man sich ein einigermaßen abgerundetes Bild machen.
3Auf der Buchmesse in Frankfurt präsentiert (Möltgen, H.M.,Dauerhaftes Wachstum, 2017)!
4Richard Samans (Samans, 2018) geht von der Frage aus: „Can we expect stronger growth to reduce the social frustration about rising inequality and economic insecurity?” Wenn man dem sozioökonomischen Fortschritt ein höheres Gewicht zuerkennt, dann muss sich dies auch in dem Index widerspiegeln, mit dem wir Wachstum beschreiben.
5Richtig ist, dass Wachstum nicht das einzige und auch nicht das wichtigste Ziel einer Volkswirtschaft sein sollte, erst recht nicht, wenn dies allein auf das BIP bezogen wird. Wachstum darf aber auch nicht generell verteufelt werden, denn ohne Wachstum würde der Zerfall schnell alles zerstören, ohne dass die notwendigen neuen Strukturen aufgebaut werden und damit der ökonomische Kreislauf erhalten bleibt.
6Kleber, Will 1978. Einführung in die Kristallographie von Will Kleber et al. (2010 in der 19. Auflage erschienen; mein Exemplar, ca.1978 in Ostberlin gekauft, ist leider nicht mehr aufzufinden.
7Grüne Pflanzen wachsen, wie allgemein bekannt, zum Licht hin. Daran sind lichtempfindliche Stoffe beteiligt, die entweder direkt oder vermittelst anderer Stoffe das Wachstum befördern, die Wachstumshormone. Dekapitieren wir einen Spross im oberen Bereich mit noch intakten wachstumsaktiven Zellen und bestreichen nur die rechte Hälfte mit Auxin, so wächst die Pflanze anschließend nach rechts, so als ob von dort das Licht hereinscheint.
Einleitung
„Permanent geht es ums Geld: Bei so trivialen Vorgängen wie dem Bezahlen an der Supermarktkasse, beim Blick aufs Konto oder dem Planen.“
(Kremer, 2018)8
Geld, so wie wir es heute kennen, hat nach M. Miller9 3 grundsätzlich unterschiedliche Funktionen:
1 die Wertaufbewahrungsfunktion
2 die Wertmessungsfunktion und
3 die Zahlungsmittelfunktion.
In der Diskussion stehen diese Funktionen bereits bei Ökonomen der österreichischen Schule10 im Fokus. Miller weist nun zudem darauf hin, dass die Wertaufbewahrungsfunktion die wohl wichtigste Funktion ist, und sich in akuter Gefahr befindet. Es ist richtig, wenn er auch feststellt, dass es dabei keine Rolle spielt, ob Geld als Bargeld oder in Bits gespeichert und aufbewahrt wird. Dabei ist Kapital, das durch Akkumulation von Geld entsteht, nichts anderes als angesammeltes Bargeld und digital gespeichertes Geld, also eingesammeltes und dann gespeichertes Geld. Deshalb können Kreditkarten und Guthabenkarten, die auf gespeichertes Geld zurückgreifen, auch wie Geld eingesetzt werden. Die Aufbewahrung von Geld bei den Banken11 leidet natürlich, wenn Zinsen und Kostenrechnungen das Geld entwerten und damit das Geld selbst schneller an Wert verliert als der Rost das Eisen zerstört. Die Aufbewahrungsfunktion ist nun insofern auch eine Art Tausch, weil dabei nicht der aktuelle Wertetausch eine Rolle spielt, sondern der zeitversetzte Wertetausch. Die Wertbemessungsfunktion stellt hingegen einen Tauschwert im nichtrealen Raum dar, der allerdings im Tausch zwischen realer und irrealer Welt zu einem realen Tauschwert werden kann. Die irreale Welt ist bei genauerer Betrachtung auch nicht ganz so irreal wie auf den ersten Blick. Als irreal möchten wir hier all die Phänomene aufführen, die den physikalischen Zeitenraum zwar beeinflussen, aber in ihm vordergründig nicht real skalierbar sind.12
Das Kapital als real einsetzbares Tauschmittel scheint nun nicht nur für die Akteure an den Marktplätzen, vor allem den Finanzmarktplätzen, sondern auch für Ökonomen und Sozialphilosophen wie Marx13 und Piketty14 eine besondere Anziehungskraft auszuüben. Ohne Geld gäbe es aber das dabei angesprochene Finanzkapital überhaupt nicht, weshalb Geld doch zunächst anzusprechen ist. Kann man Kapital erklären und sogar die Gesetze des Kapitalismus herausarbeiten, ohne Entstehung und Funktion von Geld zu kennen und zu verstehen? Wohl kaum! Deshalb hier der Versuch, dies möglichst kompakt aufzuarbeiten!
Wenn der Ökonom Thomas Mayer in seinem Buch „Die neue Ordnung des Geldes“15 in der Einleitung davon ausgeht, dass in Podiumsdiskussionen, an denen er teilnahm, unter sogenannten Experten … „heillose Verwirrung über die einfachsten Begriffe herrschte“16, so ist es wahrlich vonnöten, diese Begriffe hier näher zu betrachten, zumal sich dieses Buch nicht so sehr an die Experten als vielmehr an den Normalbürger richtet. Dieser will doch endlich wissen, wie Geld und Kapital dazu herangezogen werden können, Wachstumsvorgänge in der Wirtschaft anzukurbeln, um so den Wohlstand zu mehren.
Was ist Geld? Das wäre damit die erste Frage, die es zu beantworten gilt. Die beiden Quellen, aus denen sich die Beantwortung ableiten lässt, sind nach Mayer in folgenden Auffassungen manifestiert: Für die einen ist Geld eine besondere Ware, die durch gesellschaftliche Konvention zu einem Mittel für den Tausch wirtschaftlicher Güter geworden ist. Für die anderen ist Geld nur ein Maß für die Schuld, in der wir Mitmenschen gegenüberstehen, die uns ein wirtschaftliches Gut überlassen haben.17 Vielleicht ist der Ausgleich einer Schuld in sakraljuristischer18 Sicht sogar der Ursprung des Geldes überhaupt19. Geld als Ware oder Geld als Schuld, damit sind zwei konträre Auffassungen auf dem Tisch zu dem, was Geld für die Menschen in der Regel zu sein scheint. Dem möchte ich eine dritte, eine vermittelnde Definition entgegenstellen: Geld hat sich zu einem Äquivalent für erbrachte Leistungen in der Form von Gütern oder Dienstleistungen entwickelt. Damit wird die Wertschätzung für diese Arbeitsleistungen zum Ausdruck gebracht, so dass dieses Geld selbst Schulden tilgen kann. Dabei entsteht immer ein Gläubiger-Schuldner-Verhältnis, selbst dann, wenn Ware und Geld gleichzeitig ausgetauscht werden. Gibt der Verkäufer eine Ware, zum Beispiel eine Schachtel mit Pralinen an den Käufer, so erwartet er dafür Geld vom Käufer. Der Verkäufer ist dabei der Gläubiger und der Käufer der Schuldner. Der Ausgleich wird mit Geld erzielt, in jedem Fall eine Art Schuldschein, der anschließend als Geld weitergegeben wird, um zum Beispiel damit Kakaopulver oder auch eine Zeitung einzukaufen. Als transferierbarer Schuldschein kann dieser Geldschein prinzipiell ewig im Umlauf bleiben, es sei denn, er enthalte eine aufgedruckte Markierung zur Entwertung. Das kann ein festgelegtes Datum sein oder auch nur der Registriercode, dem ein entsprechendes Datum unterlegt wurde, zu dem der Schein als Schuldschein ungültig wird, vielleicht, weil der Kredit dann fällig wird, oder auch die noch bestehende Schuld neu zu justieren ist. Mit der heute sehr verbreiteten Geldschöpfung durch einen Kredit ist auch das Datum für die Entwertung festgelegt, wobei in der Regel nicht genau der Schein zurückgegeben wird, der bei Kreditvergabe ausgezahlt wurde. Generalisierend kann also nur das nicht an einen Kredit gebundene Geld ohne ein offizielles Verfallsdatum sozusagen ewig im Umlauf bleiben.20
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