Olga Tokarczuk - Übungen im Fremdsein

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In diesen Essays und Reden zeichnet Olga Tokarczuk eine Karte ihrer vielfältigen Interessen und Inspirationen und gewährt uns Einblick in ihr schriftstellerisches Laboratorium. Wie baut sie ihre Geschichten auf? Welcher realistischen und phantastischen Motive bedient sie sich? Wie konstruiert sie ihre Figuren, die so unterschiedliche Gefühle bei den Lesern wecken? Jede dieser essayistischen Exkursionen zeigt uns aber auch ihr Bemühen, die Welt in ihrer unendlichen Komplexität zu begreifen und vermeintlich alltäglichen Dingen einen neuen Sinn zu verleihen. Und so ist dieses Buch eine Einladung, hinter die Kulissen des Werks der Literaturnobelpreisträgerin zu schauen, und zugleich eine große, faszinierende Erzählung über die Welt, in der wir leben.

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Olga Tokarczuk

Übungen im Fremdsein

Essays und Reden

Aus dem Polnischen von Bernhard Hartmann, Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein

Kampa

Ognosie

Der Wanderer

Den Anfang machen möchte ich mit einem Holzstich unbekannter Urheberschaft, den der französische Astronom Camille Flammarion im Jahr 1888 veröffentlichte: Er zeigt einen Wanderer, der an die Grenzen der Welt gelangt ist, der seinen Kopf über die irdische Sphäre hinausstreckt und sich am Anblick eines geordneten und überaus harmonischen Kosmos freut. Seit meiner Kindheit bewundere ich dieses herrlich metaphorische Bild, das mir bei jeder Betrachtung neue Bedeutungen enthüllt. Es definiert das menschliche Wesen vollkommen anders als Leonardo da Vincis weithin bekannte Zeichnung des statischen und triumphalen vitruvianischen Menschen als Maßstab des Universums und seiner selbst.

Bei Flammarion handelt es sich nämlich um einen Menschen in Bewegung, einen Wanderer mit Pilgerstab, Reisemantel und Haube. Und auch wenn wir sein Gesicht nicht sehen, können wir uns doch dessen Ausdruck vorstellen – Faszination wird sich darauf malen, Bewunderung, Staunen über die Harmonie und unfassbare Größe der außerhalb unserer Sichtweite liegenden Welt. Aus unserer Perspektive sind wir lediglich in der Lage, einen Bruchteil der Welt wahrzunehmen, doch jener Wanderer sieht offensichtlich um vieles mehr. Auch haben wir hier deutlich umrissene Sphären, Himmelskörper, Umlaufbahnen, Wolken und Strahlen – die schwer darstellbaren Dimensionen des Universums, die sich gewiss weiter und weiter komplizieren, bis in die Unendlichkeit. Ausdruck des Unbegreiflichen sind auch die ineinandergreifenden Räder; solche Räderwerke begleiteten früher häufig die Engelswesen auf den Illustrationen zur Vision des Ezechiel. Auf der anderen Seite, hinter dem Rücken des Wanderers, befindet sich die Welt mit ihrer Natur, dargestellt durch einen mächtigen Baum und einige andere Pflanzen, und ihrer Kultur, symbolisiert durch die Türme von Städten. Diese Welt erscheint recht konventionell und banal, um nicht zu sagen – langweilig. Der Holzstich beschreibt, wie man sich denken kann, den Endpunkt einer langen Wanderung – dem Wanderer ist gelungen, was nicht vielen vor ihm gelang: Er hat den Rand der Welt erreicht. Und was jetzt?

Mir scheint der geheimnisvolle Holzschnitt unbekannter Provenienz eine ausgezeichnete Metapher für ebenjenen Moment zu sein, an den wir nun alle gelangt sind.

Die Welt ist klein

— im Laufe des vergangenen Jahrhunderts ist sie stark geschrumpft.

Wir haben zahlreiche Pfade ausgetreten, haben uns Wälder und Flüsse angeeignet, Ozeane überquert. Viele von uns haben den subjektiven Eindruck einer Endlichkeit der Welt erlangt. Dieses Gefühl hängt gewiss damit zusammen, dass sich dank der Globalisierung die Distanzen verringern und man jeden Ort auf Erden erreichen kann, vorausgesetzt, man hat die Mittel dazu. Und es hängt mit der leichteren Erkundbarkeit der Welt zusammen – schließlich kann man so gut wie alles im Internet nachschlagen, mit jeder beliebigen Person rasch in Kontakt treten.

Ganz sicher haben wir es hier mit einer neuen historischen Erfahrung des Menschen zu tun – und ich frage mich, wer wohl als Erster dieses Gefühl empfunden hat: dass die Welt im Grunde eher klein und gänzlich erfassbar sei. Vielleicht war es ein Geschäftsmann der neuen Generation, einer derjenigen, die gebakken lucht verkopen , wie die Niederländer sagen – »heiße Luft verkaufen«. Ein Herr Buy-Low-Sell-High, der immer auf Achse ist, der von Kontinent zu Kontinent jettet, einen Pass aus irgendeinem »guten Staat« in der Tasche. Morgens Zürich, abends New York. Und am Wochenende ein Abstecher auf eine warme Insel, wo der Herr ozeanische Träume träumt und seine Sinne mit Kokain schärft. Oder ist es im Gegenteil jemand gewesen, der nie die Grenzen seines Landkreises verlässt und nun seinem Kind Spielzeug aus fernen Landen kauft, gefertigt von Menschen, deren Existenz ihm bis vor Kurzem nicht einmal bekannt war? Das Spielzeug aber wirkt dennoch ganz vertraut und harmlos, es verbirgt seine Exotik hinter einer universalisierten und neutralen Form.

Eine Rolle bei dieser neuen Erfahrung der Kleinheit der Welt spielt gewiss das triste post iterum , die Nachreisetrauer, die uns befällt, wenn wir nach den intensiven Erfahrungen des weiten Reisens nach Hause zurückkehren. Wir meinen, bestimmte Grenzen erreicht oder etwas erlebt zu haben, das uns verwehrt geblieben wäre, wenn wir nicht in ein Zeitalter hineingeboren wären, in dem Reisen mehr bedeutet als Privileg oder Fluch – ein Abenteuer nämlich. Und wenn wir dann unseren Koffer wieder daheim in der Wohnung abgestellt haben, fragen wir uns: War das alles? Ist es das jetzt gewesen? Das ist es also, worum sich alles dreht?

Wir haben den Louvre besucht und die Mona Lisa mit eigenen Augen gesehen. Haben die Pyramiden der Maya bestiegen und versucht, das Drama der verrinnenden Zeit zu erspüren, die erbarmungslos vernichtet, was im Laufe von Jahrtausenden entstand. Haben in tunesischen oder ägyptischen Badeorten unsere Bäuche von der Sonne bescheinen lassen und einen Einheitsbrei von Ethnofood genossen, der ausnahmslos allen schmeckte. Die Steppen der Mongolei, die überfüllten Städte Indiens, der Blick auf den himmelhohen Himalaya …

Selbst wenn wir den einen oder anderen Ort noch nicht besichtigt haben sollten, so lebten wir doch bis zur Pandemie im Bewusstsein der realen Möglichkeit, dies jederzeit zu tun – Prospekte von Reisebüros verzeichneten die sogenannten Destinationen. Die ganze Welt lag fußläufig vor uns, überall hinzugelangen war möglich, wenn wir nur genügend Geld zusammensparten.

Wohl zum ersten Mal in seiner Geschichte macht der Mensch diese eindringliche Erfahrung der Endlichkeit der Welt. An den Abenden verfolgt er das Leben anderer auf den Bildschirmen und Displays seiner schlauen Geräte, sieht Menschen zu, denen er noch vor hundert Jahren niemals begegnet wäre auf seinem Lebensweg. Und während er sie so von Weitem betrachtet, entdeckt er, dass auch das Repertoire an Rollen und Möglichkeiten endlich ist und dass die Menschen einander stärker ähneln, als unsere Vorfahren es je gedacht hätten. Diese nämlich – wir erinnern uns – ließen ihrer Phantasie freien Lauf und malten sich genüsslich das Erscheinungsbild jener Völker aus, die auf jener anderen Seite der Erdkugel leben mochten, von der frühere Reisende so fasziniert waren.

Heute wissen wir – Fernsehen, Kino und Social Media sei Dank –, dass die Menschen in Übersee weder mehrere Köpfe noch ein einziges Bein mit einem großen Fuß oder aber ihr Gesicht vorn auf der Brust haben. Zwar unterscheiden sich die Menschen tatsächlich in ihrer Hautfarbe, ihrer Körpergröße und in manchen Sitten und Gebräuchen, diese Unterschiede jedoch sind – auch das wissen wir inzwischen – verschwindend gering im Vergleich mit den Ähnlichkeiten. Die anderen Menschen in ihren Städten und Ländern, Sprachen und Kulturen funktionieren ganz ähnlich wie wir. Sie lieben, verspüren Sehnsucht, begehren, sorgen sich um die Zukunft, ringen mit der Erziehung ihrer Kinder. Auf dieser fundamentalen Ähnlichkeit gründet sich die rasante Karriere einer neuen Erfindung – der Streamingportale. Der Reisende sieht, dass es im Grunde überall recht ähnlich ist. Es gibt Hotels, man isst von Geschirr, man wäscht sich mit Wasser, kauft den Daheimgebliebenen Souvenirs und Geschenke, die zwar das regionale Kunsthandwerk imitieren, aber dennoch (fast alle) eines gemeinsam haben: die Aufschrift made in China .

Auch ist bekannt, dass uns von jeder Erdenbürgerin, jedem Erdenbürger nur ungefähr sechs andere Personen trennen (nach dem Prinzip: Ich kenne jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der X kennt usw.) und von den Zeiten Christi gerade einmal siebzig Generationen.

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