Bei Eris’ Worten erinnerte ich mich: Wenn man starb, konnte man entweder in den Himmel kommen oder als Baby noch mal von vorn anfangen. Es war eine Ausnahme von der Regel, dass ich in dieser bizarren Welt einen zweiten Versuch hatte starten können.
Er hatte nicht lange gedauert, aber am Ende hatte ich ihn doch genossen. Ich würde diese nervige Bande nie wiedersehen. Und das machte mich ein bisschen …
Also, wirklich nur ein bisschen … aber es machte mich traurig.
Vielleicht konnte Eris es meinem Gesicht ablesen, denn sie sah mich erneut mit traurigem Blick an. Dann hielt sie ihre rechte Hand über meinen Kopf …
Komm schon, Kazuma, komm zurück! Was machst du denn, dich an so einem Ort töten zu lassen? Du kannst noch nicht sterben!
Plötzlich hörte ich Aquas Stimme. Sie dröhnte durch die Kammer, gefolgt von einem Dopplereffekt.
Verwirrt stieß ich selbst einen Schrei aus. »Halt! Wa… Was ist das?!«
Wie es schien, war ich nicht der Einzige, der verwirrt war.
»Wa…? Diese Stimme … Ist das meine Vorgängerin, Aqua?! Ich dachte doch, dass diese Priesterin ihr ähnlich sieht, aber … Sag mir nicht, dass sie das wirklich war!« Eris’ Stimme hallte in dem leeren Saal wider. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und Fassungslosigkeit stand in ihrem Gesicht.
Erneut erklang Aquas Stimme: Hey, Kazuma, kannst du mich hören? Ich habe den Zauber »Reinkarnation« angewandt. Du kannst jetzt also zurückkommen! Wahrscheinlich stehst du gerade vor einer Göttin, oder? Sie soll ein Portal für uns öffnen.
Whoa! Verarsch mich nicht, Göttin! Kannst du das wirklich tun?, dachte ich, aber dann fiel mir ein, dass sie ja auch die Abenteurer zurückgebracht hatte, die der Dullahan getötet hatte.
»Klar, warte, Aqua! Ich komme!« Ich wusste nicht, ob sie mich hören konnte, trotzdem brüllte ich in die Leere und hüpfte vor Freude auf und ab.
»M… M… M… Moment mal! So geht das nicht! Es tut mir sehr leid, aber du bist bereits einmal ins Leben zurückgekehrt, und den Himmelsvorschriften zufolge geht das nicht noch mal. Ich fürchte, durch deine persönliche Verbindung zu meiner Vorgängerin bist du der Einzige, der mit ihr auf der anderen Seite kommunizieren kann. Könntest du ihr das bitte für mich erklären?« Eris wirkte leicht panisch.
Och, echt jetzt? Da hab ich mich wohl zu früh gefreut.
Ich blickte in die Leere und rief: »Hey, Aqua, kannst du mich hören? Sie sagt, ich bin schon einmal zurückgekehrt und kann das nicht noch mal! Göttliche Regeln oder so was!«
Einen Augenblick lang herrschte Sti…
Hä? Welche Göttin hat dir denn den Schwachsinn eingeredet? Sag mir, wer du bist! Ich bin eine Elitegöttin, die für Japan zuständig ist! Denkst du, ich lass mir von einer Provinzgöttin wie dir was sagen?!
Mensch, Aqua, hör doch auf!
Die »Provinzgöttin« vor mir wirkte verkniffen.
»Ähm, sie sagt, ihr Name ist Eris …«, antwortete ich Aqua vorsichtig.
Hysterisch schrie Aqua zurück: Eris?! Du meinst die Eris, der zu Kopf gestiegen ist, dass sie in dieser Welt angebetet wird, und die so überbewertet ist, dass man sogar die Währung nach ihr benannt hat? Die Eris? Hey, Kazuma, wenn sie noch mal versucht, dir Scherereien zu machen, greif ihr einfach ins Oberteil und zieh die Polster …
»Schon gut! Ich gebe mich geschlagen! Nennen wir es einen Sonderfall. Ich öffne jetzt ein Portal.« Mit einem Fingerschnipsen unterbrach Eris, die tiefrot angelaufen war, Aquas Tirade.
Auf ihr Signal öffnete sich eine einfache weiße Tür vor mir. Ich meinte, zu hören, dass Eris etwas darüber grummelte, dass Aqua immer noch so unerträglich sei wie eh und je.
»Diese Tür führt in deine gegenwärtige Welt … Du weißt, dass das höchst ungewöhnlich ist, ja? Normalerweise wird niemand ein zweites Mal ins Leben zurückgeholt, nicht mal ein König. Dein Name ist Kazuma, richtig?«
»Ähm … äh, ja«, antwortete ich mit schriller Stimme.
Im Vergleich zu unserer tollpatschigen Göttin wirkte diese hier wie ein wahres himmlisches Wesen. Außerdem war sie niedlich, was mich nur noch nervöser machte.
Während unseres Gesprächs hatte sie mich die ganze Zeit über traurig angesehen, doch nun biss sie sich unsicher auf die Lippe. Dann zwinkerte sie mir keck zu und flüsterte fröhlich: »Das bleibt unser Geheimnis, ja?«
Ich schenkte ihr ein kleines Lächeln und stieß die Tür auf …
Aus großer Entfernung hörte ich eine Stimme. »…zuma! Kazuma! Bitte wach auf, Kazuma!«
Es war Megumin, die mich in den Armen hielt und weinte.
Hm? Meine rechte Hand war warm. Als ich hinsah, stellte ich fest, dass Darkness rechts von mir kniete und meine Hand in ihren hielt. Ihre Augen waren geschlossen, als würde sie beten.
Etwas ragte über mir auf, und ich richtete meinen Blick nach oben. Ich blickte in die Augen von Aqua, die auf mich herabsah.
»Endlich wach? Dieses Mädel war schon immer so stur.«
Während ich ihr zuhörte, fiel mir auf, dass mein Hinterkopf warm war.
Oh … Mein Kopf ruhte wohl auf Aquas Knien.
Megumin und Darkness bemerkten, dass ich die Augen geöffnet hatte, und beide umarmten mich wortlos. Es war toll, dass sie so froh waren, mich wiederzuhaben, aber das war doch ein bisschen unangenehm …
Aqua erkannte, dass ich vor Peinlichkeit erstarrt war, und grinste mich an.
Mann, ich hätte sie einfach hier zurücklassen und in Japan in einer reichen Familie wiedergeboren werden sollen.
»Hey, Kazuma, lieg da nicht einfach mit hochrotem Kopf rum. Sag was! Hast du uns gar nichts mitzuteilen?«, fragte Aqua. Sie grinste immer noch.
Ich kann nicht zufällig diese nutzlose Göttin gegen die süße eintauschen, mit der ich gerade noch zusammen war?
Ich sah zu Aqua auf und sagte drei Worte: »Ich will tauschen.«
»Wie du willst, du verdammter Neet! Wenn du sie so dringend wiedersehen willst, kann ich dich auf der Stelle zurückschicken!«
»H… Halt! Du kannst doch niemanden vermöbeln, der gerade von den Toten zurückgekommen ist! Was bist du, die Göttin der Gewalt?!«
Eine Ader pulsierte an Aquas Stirn, während sie mich mit einer Hand festhielt und mit der anderen zuschlagen wollte.
Darkness hielt sie zurück, und ich setzte mich auf, um meinen Körper auf Spuren von meinem Kampf mit dem Wintergeneral zu untersuchen.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Megumin. »Keine Beschwerden?«
Ich tastete mich noch mal gründlich ab. »Scheint alles okay zu sein. Hey, wie bin ich eigentlich gestorben?«
»Der Wintergeneral hat dir den Kopf abgeschlagen«, erwiderte Aqua. »Es war ein sauberer Schnitt. Das hat es einfach gemacht, deinen Kopf wieder anzusetzen. Ich konnte auch einen Teil deines Bluts zurückholen, aber es ist immer noch zu wenig, also mach erst mal langsam, sonst wirst du anämisch, okay? Halt dich im Kampf zurück. Wenn du noch mehr Blut verlierst … kann ich nichts versprechen.«
»Meinen Kopf abge…?!« Meine Stimme versagte, und ich befühlte meinen Hals. Doch egal wie oft ich darüberfuhr, ich konnte keine Narbe ertasten.
Ein Teil des Schnees war von meinem Blut rot gefärbt, und der Rest war auf Darkness gespritzt.
Aqua hatte mich zwar zurückgebracht, aber Sterben war trotzdem kein sehr verlockender Gedanke. Der Winter hier bedeutete wenig zu essen und eine raue Umgebung. Nur Monster, die auch unter diesen Bedingungen einen Kampf auf Leben und Tod gewinnen konnten, sollten bei diesem Wetter draußen sein. Mit anderen Worten: Es gab keine schön einfachen Quests für uns Anfänger.
Wisst ihr was? Lasst uns für heute in die Stadt zurückgehen.
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