Der Brückenschlag in die Luft ist ein unsicheres Unterfangen. Vor allem wenn es um die Suche nach dem zu mir Passenden geht, ob in Form eines Partners, eines Freundes, eines Geschäftes oder eines Themas. Nie gibt es im Voraus die hundertprozentige Gewissheit darüber; dass sich die Wahl auszahlt. Wenn man nichts riskiert, kann man auch nichts gewinnen. Die Konsequenz zeigt sich allerdings erst, nachdem die Wahl getroffen wurde, nämlich im nachfolgenden 4. Quadranten, der mit kardinaler Erde im Steinbock beginnt. Im 3. Quadranten kann die Wahl zur Qual werden, wenn jemand eine allzu fixe Vorstellung von dem zu erwartenden Resultat seiner Wahl hat und beharrlich daran festhält. Dann beschränkt er das Mögliche und sich selbst, sprich, das was möglich wäre, reduziert sich auf den Bilderrahmen seiner vielleicht zu engstirnigen Vorstellungen. Um bei dem Vergleich zu bleiben: Die Waage wäre das Bild und Skorpion entweder die Überprüfung der Kompatibilität des Bildes mit der Wirklichkeit, oder die Überstülpung der Vorstellung auf dieselbe.
Wenn das Wasser sich nicht bewegt, wird es brack und das Leben in ihm stirbt. So kann es sich mit dem 8. Haus verhalten; die Überstülpung einer Vorstellung führt zu Stillstand in der Beziehung. Sie stirbt. Das fixe Wasser (Skorpion) kommt aus der kardinalen Luft (Waage) hervor. Das Wasser wird fix, wenn der Gedanke oder das Bild es zum Stillstand bringen. Wenn man das Bild nicht als Verführung versteht, sondern als einzig mögliche Variante der Wirklichkeit, dann tötet man das Lebendige in der Begegnung ab. Dann ist Beziehung die Verwaltung eines Dahinsiechens anstatt einer lebendigen Auseinandersetzung mit gegenseitiger Befruchtung. Das 8. Haus ist der Ort, an dem überprüft wird, ob und wie weit man sich auf das Leben, also die Liebe einzulassen bereit ist. Dabei geht es um die ehrliche Frage an sich selbst und nicht die Bedingung, welche man dem anderen stellt. Die gegenseitige Erfüllung einer Bedingung ist noch lange kein Garant dafür, dass man sich auf einen Menschen eingelassen hat.
Der 4. Quadrant beginnt mit kardinaler Erde, das fehlende Element ist das Feuer. Es geht um die Definition von Wirklichkeit und die Konsequenzen der Entscheidungen, die man im 3. Quadranten, basierend auf der Prägung des 2. Quadranten und der Anlage des 1. Quadranten gefällt hat. Entscheidungen werden verbindlich und «amtlich»! Der Einzelne steht nicht mehr nur unter seinen Gleichgesinnten, die Entscheidungen müssen sich vor der Welt behaupten. Es wird verglichen mit all dem, was es schon vorher gab. Der Einzelne wird klein angesichts der Größe der Welt. Manch einer gibt auf beim Übergang vom «Amateur» zum «Profi». Die Aufgaben wachsen und um den Anforderungen entsprechen zu können, muss man lernen, sich und seine Gefühle zurückzunehmen.
Der 4. Quadrant entspricht der Welt der Erwachsenen. Es geht fast ausschließlich um Konsequenzen, deren Bedingungen und Regulierungen, und nicht um das subjektive Empfinden.
Hier steht man in Beziehungen zu allen, auch denen, die man sich nicht ausgesucht hat. Man muss sich zurücknehmen. Wo ist die Grenze zwischen dem Persönlichen und dem Überpersönlichen?
Manch einer entscheidet sich dazu, Teil einer übergeordneten Struktur zu werden. Somit ist ihm garantiert, dabei sicher zu sein ohne allzu viel zu riskieren. Dazu empfiehlt sich das Beamtentum in einem anonymen Bürogebäude. Man hat einen Status (10. Haus), ist beruflich vernetzt (11. Haus) und bleibt anonym (12. Haus).
Andere tun so, als ob sie erwachsen seien, in dem sie versuchen, all die Attribute zu erfüllen, die zum Erwachsensein angeblich dazugehören. Dann tritt man als 14-jähriger in eine politische Partei ein und trägt seine Köfferchen Marke Samsonite spazieren, obwohl man noch keine Ahnung vom Leben, geschweige denn von sich selbst hat. So wird Erwachsensein zu einer Farce.
Man kann sich nicht dagegen versichern, dass einem der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Erwachsen zu sein ist eine Kunst. Schafft man es, den Anforderungen und gegebenenfalls den Erwartungen der Welt zu entsprechen, ohne authentisch die menschliche Frische und Lebendigkeit des Kindes zu verlieren?
Ein Modell der Entwicklungsphasen
Ein Modell der verschiedenen Altersphasen hilft dabei, die zu entwickelnden Themen in den einzelnen Quadranten zu veranschaulichen. Achtung, dies ist ein Modell! Denn das kleine wilde Kind des 1. Quadranten (0 – 7 Jahre, 1. Quadrant) lebt gleichzeitig in seinem Rudel (2. Quadrant), in einer Umwelt (3. Quadrant) und einer bestimmten Zeit (4. Quadrant). Wir «bewohnen» die vier Quadranten gleichzeitig, aber das Thema eines jeden passt zu den erwähnten Altersphasen.
Die Welt derErwachsenen(21 – 28 Jahre) |
Der Beutezugin die Umwelt(14 – 21 Jahre) |
Das ungezähmteKleinkind(0 – 7 Jahre) |
Eingebettet indie Familie(7 – 14 Jahre) |
1. Quadrant:
Der 1. Quadrant deckt demnach die ersten sieben Lebensjahre ab. Das Ich ist die Welt des heranwachsenden Kindes. Es erlebt sich und seinen Körper im unmittelbaren Umfeld und hat noch keinerlei Bewusstsein von der Ichgrenze, selbst in seinem nahen Umfeld. Man könnte sagen, diese Zeit ist von einem entwicklungsbedingten Egozentrismus gesteuert. Das fehlende Element Wasser bedeutet hier, dass es nur um den Einzelnen und seinen Körper geht.
2. Quadrant:
Erst mit dem Eintreten in die Schule wird das soziale Umfeld für das Selbstempfinden relevant. Und im Unterschied zu den Klassenkameraden und Freunden gibt es «meine Familie». Das Bewusstsein der Familie entsteht also durch die hinzukommende Außenwelt. Auch wenn die Familie von Anbeginn da war, jetzt erst erlebt das Kind sich als Teil einer Gemeinschaft, in der es eine bestimmte Rolle innehat. Somit beginnt auch hier erstmals die Entwicklung eines Ichbewusstseins in der Gruppe, was in der ersten Phase der kleinkindhaften «Omnipotenz» des Ichs noch gar nicht nötig war.
3. Quadrant:
Mit Beginn der Pubertät beginnt der Jugendliche, sich zumindest teilweise stärker mit seiner «Wahlverwandschaft», also den Kumpels zu assoziieren, obgleich die Familie nach wie vor ebenso wichtig für ihn ist, auch wenn er das zwischenzeitlich zu verleugnen geneigt ist. Die Peergroup wird vordergründig wichtiger als die Familie, das ist ein ganz normaler erster Abnabelungsprozess vor Beginn der einsetzenden Geschlechtsreife. Im Umfeld wird nach passenden Freunden und ersten Geschlechtspartnern gesucht.
Man lernt Verantwortung für seine eigenen Entscheidungen zu übernehmen, auf dem Weg zum Erwachsenwerden im 4. Quadranten.
Der Anteil an der Welt derErwachsenen, der Versuchsich dort einzugliedernoder die Revolte dagegen.(21 – 28 Jahre) |
Der Beutezug in dieUmwelt. Das erste Erlebenaußerfamiliärer undsexueller Bindungen.(14 – 21 Jahre) |
Das Ich, sein Körper undseine Funktionen.(0 – 7 Jahre) |
Die Umwelt, in die manhineingeboren wird und inder man lernt sich als Teileiner Gemeinschaft zubegreifen. (7 – 14 Jahre) |
Der 1. Quadrant – Das ungezähmte Kind
Der Körper und seine Instinkte
Kinder sind frisch, direkt und unmittelbar. Ihr Verhalten ist nicht verstellt durch ein Bewusstsein ihrer selbst wie bei Erwachsenen. Sicherlich versuchen sie ihre Eltern zu umschmeicheln, wenn sie ein Stück Schokolade ergattern wollen. Die Selbstbespiegelung und Selbstreflektion ist aber bei weitem noch nicht so ausgebildet, als dass man von einem strategischen Verhalten sprechen könnte.
Kinder sind wild und ichbezogen. Mitgefühl und Disziplin lernen sie in den folgenden Quadranten 2, 3 und 4. Wir Eltern wünschen uns, dass unsere Kinder einen starken Willen und gesunde Instinkte haben. All das ist Rüstzeug für das spätere Leben. Im 1. Quadranten geht es um die Entwicklung eines guten Gefühls für den eigenen Körper, dafür braucht es die liebevolle Zuwendung von den Bezugspersonen des 2. Quadranten. Hier geht es um das, was Kraft der Natur einfach da ist, was angelegt ist. Also das, was später die Grundlage dessen ist, was wir im Leben erschaffen können. Es ist der Körper, seine Grundspannung (1. Haus), das, was er zum (Über-)leben braucht (2. Haus) sowie die Werkzeuge, die ihm dafür zur Verfügung stehen (3. Haus).
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