In diesem Stadium kann eine Wurzelbehandlung die Rettung des Zahnes sein. Folgt darauf eine ausreichende Versorgung des Zahnes, kann man dadurch wieder stabile Verhältnisse schaffen. Ist der Zahn jedoch bereits bis auf Knochenhöhe zerstört worden, muss er höchstwahrscheinlich entfernt werden. Deswegen zögern Sie nicht, bei Auffälligkeiten oder Beschwerden frühzeitig eine professionelle Meinung einzuholen.
Im Allgemeinen gilt bei Zahnerkrankungen wie bei jeder anderen Erkrankung auch: Je früher man dagegen vorgeht, desto besser.
Anfangs ist es oft mit einer Füllung getan, später wird der Eingriff sowohl zeitlich als auch finanziell aufwendiger. Ein weiteres Dilemma am Zuwarten sind leider oft zusätzlich auftretende Schmerzen. Ist die Entzündung weit fortgeschritten, kann der Schmerz unter Umständen auch trotz einer lokalen Anästhesie nicht vollständig ausgeschaltet werden. Immer wieder staune ich, wie lange Menschen Probleme ignorieren. Eine meiner Standardfragen bei der Anamnese ist, wie lange der Zahn denn schon wehgetan hat, wenn sich eine Patientin/ein Patient mit Schmerzen vorstellt. »Nun ja, seit zwei, drei Monaten schon« ist eine häufigere Antwort, als Sie vielleicht annehmen würden.
Vergessen Sie auch eines nicht:
Entzündungen der Zähne bedeuten auch Entzündungen im restlichen Körper. Die Wissenschaft hat es schon lange vermutet, aber mittlerweile ist es auch vielmals erforscht und dokumentiert worden: Eine chronische Entzündung im Mund hat eine Wirkung auf den gesamten Körper.Deshalb werden viele Patientinnen/ Patienten vor geplanten großen Operationen zunächst zur Zahnärztin/zum Zahnarzt geschickt.
Laut derzeitigem Stand der Wissenschaft kann die Parodontitis, also die Entzündung des Zahnhalteapparates, das Risiko für diverse andere Erkrankungen steigern. Beispiele dafür sind Herzinfarkte, Diabetes, Atembeschwerden und auch Schlaganfälle. Sogar ein Zusammenhang mit Frühgeburten wird diskutiert und wurde schon in mehreren Studien aufgezeigt. (Bertl, 2011; Jockel-Schneider, Heß, & Schlagenhauf, 2016; Sigusch, & Sigusch, 2006)
Die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung von Karies, Fehlstellungen und Entzündungen des Zahnhalteapparates sind regelmäßige Untersuchungen.
Sollten Sie oder Ihre Kinder von Karies betroffen sein, sind Sie mit diesem Problem nicht alleine, denn die Häufigkeit von Karies ist nach wie vor immens. Laut einer Studie sind weltweit ungefähr zwei bis drei Milliarden Menschen betroffen, diese Statistik macht Karies zu einer der häufigsten Erkrankungen generell und zur häufigsten chronischen Erkrankung weltweit. (Richards, 2013)
Zusammenfassung der durch Karies bedingten möglichen Probleme
Lokale Entzündungen der Schleimhaut
Entzündungen des Zahnes
Schmerzen
Bildung von Abszessen (= mit Eiter gefüllte Hohlräume)
Infektionen des Knochens und des Körpers
Substanzverlust und Frakturgefahr des Zahnes
Zahnverlust und daraus resultierende Mehrbelastung der Restbezahnung
Risiko zur An- und Entfachung diverser Erkrankungen
Entstehung von Karies
Wie entsteht Karies eigentlich? Wieso haben manche Menschen ständig Probleme mit ihren Zähnen und andere nie? Kann man mit schlechten Zähnen geboren werden und ist vielleicht die Genetik schuld?
Karies entsteht nach heutiger Auffassung durch mehrere Einflussfaktoren. Man spricht deshalb von einem multifaktoriellen Geschehen. In den folgenden Kapiteln werden diese Faktoren näher beleuchtet.
Gehen wir zuerst jedoch noch genauer auf die unterschiedlichen Stadien des Fortschreitens von Karies ein.
Grundsätzlich kann man die Karies, je nach Ausbreitung und Größe, in vier Stufen einteilen. Wie lange es dauert, bis eine Karies entsteht oder wie schnell der Übergang in das nächste Stadium erfolgt, ist leider nicht vorhersagbar, denn das hängt von vielen Faktoren ab.
Bei Kindern schreitet die Karies im Allgemeinen jedoch deutlich schneller voran. Der Grund ist der Aufbau und die Zusammensetzung der Milchzähne. Der Schmelz ist anders strukturiert, die Poren im Zahnbein sind deutlich größer und auch die Wurzelkanäle sind breiter und kürzer. (Shellis, 1984)

Abb. 1: Das Fortschreiten der Karies
Die Bakterien lagern sich an den Zahn an und es kommt zu einer Demineralisierung der Zahnoberfläche. Das bedeutet grob gesagt, dass Mineralien aus dem Schmelz herausgelöst werden und es dadurch zu einem Substanzverlust kommt. Aufgrund der Komplexität werde ich auf diesen Vorgang im nächsten Kapitel näher eingehen.
Wie Sie bereits wissen, ist diese anfängliche Karies erkennbar an den kreideartigen weißlichen Verfärbungen (White Spots) an der Zahnschmelzoberfläche. Hier kann eine Fluoridbehandlung eine Remineralisierung bewirken und so dem krankhaften Prozess noch entgegenwirken und ihn verzögern beziehungsweise sogar aufhalten. Diese White Spots können sich mit der Zeit braun (Brown Spots) verfärben. Die anfängliche Karies kann dann als Verfärbung am Zahn bestehen bleiben und mit der richtigen Hygiene niemals weiter voranschreiten.
Eine Verbesserung der Mundhygiene kombiniert mit einer Umstellung der Ernährungsgewohnheiten sind die wichtigsten Schritte in diesem Stadium. Gerade die betroffenen Flächen des Zahnes benötigen Ihre volle Aufmerksamkeit.
Stufe 2: Schmelz- oder Dentinkaries
Wenn wir nicht die Oberhand über diese (von diversen Bakterien hervorgerufene) Demineralisierung bekommen, dringen die Bakterien immer weiter in den Zahn ein und ein »Loch« entsteht. Die Schmelzkaries kann man in weitere Untergruppen einteilen. Wir Zahnärzte und Zahnärztinnen sprechen von E1 und E2(Enamel = Schmelz). Diese beiden Stadien können mittlerweile auch non-invasiv, das heißt ohne Bohren, behandelt werden. Ozonbehandlungen oder Infiltration sind vielversprechende Methoden, um ein Fortschreiten zu verhindern.
Gelingt dies nicht, kann sich die Karies über die Schmelzschicht fortsetzen und gelangt dann in weiterer Folge in das sogenannte Dentin (auch bekannt als Zahnmark, Zahnbein). Dieses Stadium wird als D1bezeichnet.
Auf dem folgenden Bild sehen Sie das Behandlungsschema einer Firma, die mit bohrerlosem Infiltrieren von Läsionen wirbt. Eine weitere Alternative wäre die sogenannte »Ozon-Behandlung«. Bei einer guten Mundhygiene ist es auf jeden Fall einen Versuch wert, es zunächst ohne Bohrer zu probieren, aber das ist immer individuell zu entscheiden.
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