Wir lernten von diesem Flug, dass einige Probleme hinsichtlich des Verstauens und Sicherns von Ausrüstung noch gelöst werden müssen, die in einem Raumfahrzeug verwendet wird. Ich hatte eine Anzahl von Instrumenten dabei, wie Kameras, einen Feldstecher und ein Fotometer, mit denen ich Beobachtungen aus dem Raumfahrzeug machen wollte. All das befand sich in einer kleinen Packtasche an meinem rechten Arm. Jeder dieser Ausrüstungsgegenstände war mit einer etwa 90 Zentimeter langen Leine mit der Tasche verbunden. Als ich begann, Teile dieser Ausrüstung zu verwenden, begannen sich die Leinen zu verheddern. Obwohl mir die Schnüre im Weg herumgingen ist es dennoch wichtig, sie in irgendeiner Weise zu sichern, wie ich erfahren musste, als ich versuchte, einen Film zu wechseln. Die Filmhülsen waren nicht mit der Packtasche durch eine Leine verbunden. Ich ließ eine davon in der Luft schweben, während ich mit der Kamera beschäftigt war, und als ich danach greifen wollte, stieß ich sie versehentlich an und sie verschwand hinter dem Instrumentenpaneel.
Die größte Überraschung des Fluges ereignete sich im Dämmerungsbereich. Als ich während des ersten Orbits den Nacht-Tag-Terminator überflog, beim ersten Aufblitzen des Sonnenlichtes am Raumfahrzeug, hatte ich gerade meinen Blick für 15 – 20 Sekunden nach innen gerichtet, um die Instrumente zu checken. Als ich aufblickte und durch das Fenster sah, war meine erste Reaktion, dass das Raumfahrzeug taumelte und dass ich nichts anderes als sich bewegende Sterne durch das Fenster sehen konnte. Ich stellte aber schnell fest, dass ich mich nach wie vor in einer stabilen Raumlage befand. Das Raumfahrzeug war von leuchtenden Partikeln umgeben. Diese Partikel waren von heller gelblich-grüner Farbe. Es schien, als würde sich das Raumfahrzeug durch eine Wolke von Glühwürmchen bewegen. Sie waren etwa so hell wie ein Stern erster Magnitude und variierten in der Größe von Stecknadelkopfgröße bis etwa 3/8 Inch. Sie waren etwa 8 bis 10 Fuß vom Raumfahrzeug entfernt und relativ gleichmäßig im Raum um das Raumfahrzeug verteilt. Gelegentlich bewegten sich ein oder zwei der Partikel langsam auf mich zu oder quer über das Fenster, trieben dort sehr, sehr langsam herum und bewegten sich schließlich wieder langsam weg. Ich beobachtete diese leuchtenden Objekte für annähernd vier Minuten jedes Mal, wenn ich aus der Nachtseite auf die Tagseite der Erde wechselte. Während des dritten Sonnenaufgangs drehte ich das Raumfahrzeug herum und sah nach vorne und versuchte herauszufinden, woher diese Partikel kamen. Wenn ich nach vorne sah, konnte ich nur etwa 10 Prozent so viele davon sehen wie wenn ich die Sonne im Rücken hatte. Sie schienen sich aber immer noch aus einiger Distanz zu mir hinzubewegen und schienen nicht vom Raumfahrzeug selbst zu stammen. Um was es sich bei diesen Partikeln handelt, wird derzeit diskutiert und erwartet noch weitere Klärung.
Anmerkung: Scott Carpenter konnte beim nachfolgenden Mercury-Flug das Wesen dieser Leuchtpartikel herausfinden. Es handelte sich um Eiskristalle, die am Raumfahrzeug anhafteten, sich beim Erreichen der Tagseite ablösten und dann innerhalb weniger Minuten verdampften. Sie entstanden als Zerfallsprodukt des Feuerns der Lageregelungstriebwerke, die mit Wasserstoffperoxid betrieben wurden. Dieses Zerfallsprodukt bestand aus Wasser und Sauerstoff. Das Wasser gefror auf der Nachtseite der Erde, setzte sich zunächst am Rand der Triebwerke an und löste sich beim Erreichen der Tagseite durch die Sonneneinstrahlung ab und verdampfte nach wenigen Minuten.
NASA
Das Retro-Raketenpaket mit den Haltebändern am Hitzeschild der Kapsel.
Nachdem ich das Raumfahrzeug während des letzten Orbits noch einmal gedreht hatte, um die Leuchtpartikel zu beobachten, manövrierte ich es nun in die korrekte Raumlage für die Zündung der Retroraketen und verstaute die Ausrüstung in der Packtasche. Während der letzten Morgendämmerung fiel mir eine leichte Abweichung im Raumlageindikator auf. Aber noch bevor es Zeit war, die Retroraketen zu feuern, hatte der Horizontscanner die Kreisel wieder in die korrekte orbitale Raumlage zurückgebracht. Ich nahm daraufhin einen Kontrollcheck mittels wiederholter Vergleiche der Instrumentenanzeigen, der Darstellung im Periskop und der durch das Fenster beobachteten Raumlage vor. Obwohl es während des Fluges zu gelegentlichen Abweichungen in den Instrumentenanzeigen kam, hatte ich nie ein Problem bei der Bestimmung meiner Raumlage, die ich über das Fenster oder durch das Periskop ermittelte. Schließlich erhielt ich einen Countdown von der Bodenkontrolle und die Retroraketen feuerten planmäßig knapp vor der kalifornischen Küste. Ich konnte das Feuern jeder Rakete hören und spürte, wie der Schub das Raumfahrzeug verlangsamte. Nachdem ich aus der Schwerelosigkeitsphase kam, erzeugten die Retroraketen ein Gefühl, als würde ich zurück nach Hawaii beschleunigen. Dieses Gefühl war natürlich eine Illusion. Nach der Retro-Zündung fiel wegen der Unsicherheit, ob der Lande-Airbag ausgefahren war oder nicht die Entscheidung, dass ich das Retro-Paket während des Wiedereintritts an Ort und Stelle belassen sollte. Diese Entscheidung erforderte es, dass ich eine Reihe von Vorgängen manuell durchführen musste, die normalerweise vorprogrammiert sind und automatisch ablaufen. Ich brachte dabei das Raumfahrzeug unter manueller Kontrolle in die richtige Raumlage für den Wiedereintritt. Das Periskop fuhr ich durch Betätigung des manuellen Rückziehhebels ein. Als die Bremsverzögerung zunahm, konnte ich ein zischendes Geräusch wahrnehmen, das klang, als würden kleine Partikel über das Raumfahrzeug reiben. Wegen der Ionisierung um das Raumfahrzeug ging nun die Funkverbindung verloren. Dies war auch bei früheren Missionen geschehen und ereignete sich zum erwarteten Zeitpunkt. Als die Aufheizung begann, gab es ein Geräusch und einen Schlag am Raumfahrzeug. Ich sah eines der Bänder, die das Retropaket fixieren, vor meinem Fenster hin- und herschwingen. Die Aufheizung der umgebenden Luftmoleküle verstärkte sich, bis ich eine glühende orange Farbe durch das Fenster sehen konnte. Brennende Stücke brachen weg und flogen am Fenster des Raumfahrzeugs vorbei. Zu diesem Zeitpunkt erregte diese Beobachtung einige Besorgnis in mir, da ich nicht wusste, um was es sich dabei handelte. Ich hatte angenommen, dass das Retropaket abgeworfen worden war, als ich die Haltebänder vor meinem Fenster sah. Ich dachte daher, dass diese flammenden Brocken Teile des Hitzeschildes sein könnten. Wir wissen jetzt aber, dass die Stücke vom Retropack kamen. Es gab keinen Zweifel daran, wann die Wärmeentwicklung während des Wiedereintritts zunahm, aber es dauerte eine Weile bis die Hitze vom Raumfahrzeug aufgenommen wurde und die Luft in der Kabine aufzuheizen begann. Es fühlte sich nicht besonders heiß an, bis wir auf etwa 75.000 bis 80.000 Fuß gesunken waren. Von da an wurde es ungemütlich warm, und zum Zeitpunkt, an dem der Hauptschirm ausgeworfen wurde, schwitzte ich erheblich. Die Bremsverzögerung beim Wiedereintritt war mit 7,7 g wie erwartet und ähnelte der Erfahrung, die wir bei den Trainingsläufen in der Zentrifuge gemacht hatten. Es hatte im Vorfeld Fragen gegeben, ob unsere Fähigkeit hohe Beschleunigungslasten zu ertragen durch die 4,5 Stunden Schwerelosigkeit beeinträchtigt werden könnte. Ich konnte allerdings keine Unterschiede zwischen der Bremsverzögerung bei diesem Flug und denen bei den Trainingseinheiten in der Zentrifuge auf dem Boden erkennen.
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