Manche Leute fragen mich heute: »Wie lebst du im Moment?« oder »Du machst immer so einen ruhigen Eindruck. Gibt es nichts, das dir Sorgen bereitet oder dich ärgert?« Ich möchte die zweite Frage zuerst beantworten, die ist etwas leichter. Ja, meistens bin ich ein ruhiger Mensch, und Nein, es gibt nicht viele Dinge, die mir Sorgen bereiten oder die mich stören. Warum? Na ja, die Antwort ist einfach: Weil ich weiß, dass sich letztendlich eine Lösung für alles finden wird. Das heißt nicht, dass es so kommt, wie ich es mir vorgestellt habe oder wie ich es möchte, sondern es wird auf eine Weise gelöst, mit der ich leben und überleben werde. Das Universum gibt dir nichts, mit dem du nicht umgehen kannst. Letztendlich ist es das Wichtigste, dass du überhaupt überlebst. Denn alles, was du überlebst, macht dich langfristig stärker. Oder lass es mich anders ausdrücken, es gibt immer eine Lösung. Manchmal musst du verdammt kreativ dafür sein und manchmal musst du deinen Stolz hinunterschlucken.
Doch, wie einer meiner Lieblingssprüche sagt: »Wo es einen Willen gibt, da gibt es auch einen Weg.« Das kann ich persönlich bestätigen. Wenn du den Willen hast, etwas zu tun oder zu erreichen oder das Beste aus einer Situation zu machen, und wenn du mit deinem ganzen Herzen wirklich vertraust, dann wirst du immer einen Weg finden. Ich sage nicht, dass es leicht ist. Da werden vermutlich auch Unebenheiten und Kurven auf dem Weg liegen (außer, wenn du zu den fünf Prozent der Bevölkerung gehörst, für die alles perfekt zu laufen scheint, doch die haben ihre eigenen Probleme). Es wird vielleicht eine lange Reise, länger als du denkst. Manchmal werden die Dinge, die du dir wünschst, nicht zu dem Zeitpunkt eintreten, zu dem du es gern möchtest. Du musst vielleicht ein paar Monate oder sogar Jahre warten. Der Weg mag sich auf der Reise verändern und dich auf ganz andere neue Wege führen, die dich letztendlich an den Ort bringen, an dem du sein möchtest. Eines der wichtigsten Dinge, die ich auf meiner Reise gelernt habe, ist, immer flexibel zu sein, offen für Neues und anderes. Flexibilität erlaubt dir, neue Möglichkeiten zu erkennen, neue Wege, neue Richtungen, die vielleicht sogar noch etwas Besseres bringen, als wir uns vorstellen können.
Wie hilft all das also, sich keine Sorgen zu machen und ruhig zu bleiben? Sich einfach der Tatsache bewusst zu sein, dass alles aus einem Grund heraus passiert, ist 50 Prozent der Miete. Wenn du das nächste Mal in einer schwierigen Situation bist, dann wiederhole mehrmals folgenden Satz: »Alles passiert aus einem Grund.« Wiederhole ihn immer wieder und wieder und wieder, bis er in deinem Kopf klebt, wie eines der Lieder, die, egal wie sehr du versuchst, sie zu vergessen, immer wieder auftauchen. Ich weiß schon, wie deine nächsten Fragen lauten. »Wie kannst du einfach akzeptieren, dass alles aus einem Grund heraus passiert? Vor allem, wie kannst du das akzeptieren, wenn du den Grund nicht kennst? Machst du es dir da nicht zu einfach?« Also, eine Frage nach der anderen. Frage eins: »Wie kannst du akzeptieren, dass alles aus einem Grund heraus passiert?« Na ja, einfach weil es das tut! Es gibt keine andere Möglichkeit, es zu erklären. Wenn etwas geschieht, dann gibt es ebenfalls einen Grund dafür. Der Satz kann auch negativ gedacht werden. Wenn etwas nicht passiert, dann gibt es einen Grund dafür, dass es nicht passiert. Gründe dafür, dass etwas passiert oder nicht passiert, müssen nicht weltbewegend sein, sie können so klein sein wie eine Ameise.
Frage zwei: »Wie kannst du akzeptieren, dass alles einen Grund hat, wenn du ihn nicht kennst?« Ich werde diese Frage mit einer anderen Frage beantworten. Müssen wir immer alles wissen? Also, es ist so, die Tatsache, dass wir den Grund nicht kennen, ist zweitrangig gegenüber der Akzeptanz, dass es ihn gibt. Wenn du akzeptieren kannst, dass alles aus einem Grund heraus passiert, dann wird der Grund selbst weniger wichtig oder sogar völlig irrelevant. Manchmal erkennen wir den Grund vielleicht früher oder später. Manchmal entdecken wir ihn vielleicht nie. Doch wenn du es annimmst und wirklich glauben kannst, dass alles einen Sinn hat, dann sollte die Notwendigkeit, den Grund zu entdecken, kein Thema mehr sein.
Dritte Frage: »Machst du es dir damit nicht zu einfach?« Das ist es nun wirklich nicht. Zu akzeptieren, dass alles im Leben, das Gute, das Schlechte und das Hässliche aus einem bestimmten Grund passiert, und damit einverstanden zu sein, ist viel schwerer, als du glaubst, insbesondere wenn man in schwierige Situationen gerät. In Momenten der Trauer, der Verzweiflung und der Wut ist es viel einfacher, sich von diesen Emotionen überwältigen zu lassen und in ein Loch negativer Gedanken zu fallen. Doch die Kontrolle zu übernehmen, die Situation zu akzeptieren, wie sie ist und die negativen Gefühle loszulassen, ist eine sehr viel schwierigere Aufgabe, und zwar eine, die Übung, Training und Geduld erfordert.
Am Schluss beschreibe ich ein paar Techniken, die ich zu benutzen gelernt habe, um ruhig zu bleiben, und den Dingen nicht zu erlauben, mir Sorgen zu bereiten oder mich darüber zu ärgern. Wie ich schon sagte, es braucht Zeit, Übung und Geduld, bis man akzeptiert und voll und ganz davon überzeugt ist, dass jedes Geschehnis seinen Grund hat. Wenn du jeden Tag mit kleinen Dingen trainierst, sie anzunehmen und zu vertrauen, dann erscheinen irgendwann die großen Dinge nicht mehr so riesig.
Erste Erinnerungen
»Jeder Moment hat das Potenzial, etwas Besonderes zu sein. Du hast die Wahl.«
Meine ersten Erinnerungen … mhm. Da muss ich wirklich schwer überlegen. Mein Leben begann in Toronto, Ontario, Kanada. Mein Vater ist ein hundertprozentiger Schweizer, aus einem kleinen Städtchen namens Wolfenschiessen in Nidwalden, Schweiz. Er ist als junger Mann mit Anfang 20 auf die Reise gegangen und ist in Kanada gelandet. Meine Mutter hat eine mosaikartige Herkunft aus Südafrika, England, Syrien und Frankreich, und vielleicht sogar noch mehr, je nachdem, wie weit man zurückgeht. Aber mehr wissen wir nicht. Sie ist in Kapstadt geboren und aufgewachsen und mit 18 Jahren mit ihrer Familie nach Kanada gegangen.
Meine ersten Erinnerungen führen mich in ein Haus in der Gegend von Dufferin und Eglington, in die Branstone Road nach Toronto, wo wir nicht weit von der Yorkdale Shopping-Meile entfernt lebten. Es war ein altes Haus, das mein Dad viele Jahre lang renoviert hat. Er renovierte alles, vom Keller bis hinauf zum Dach. Mein Dad war ein talentierter Handwerker (und ist es immer noch), er konnte fast alles, fand Lösungen für sehr viele Konstruktionsprobleme. Ich verbrachte Stunden damit, ihm zu helfen, etwas zu bauen, reichte ihm Werkzeuge oder hielt irgendwelche Materialien bereit, damit er sie einbauen konnte. Manchmal war ich glücklich, wenn ich nur dabeisaß und ihm zusah. Ab und zu stellte ich ihm Fragen darüber, wofür die Dinge waren und wie man sie benutzte. Oft stellte ich mir all die Sachen vor, die ich machen würde, wenn ich älter wäre und das Werkzeug selbst benutzen könnte.
Ich erinnere mich, dass einmal etwas Holz übrig geblieben war, und ich fragte Dad, ob wir irgendetwas daraus machen könnten. Dann bauten wir daraus zusammen eine kleine Bank für meine Puppen. Diese Bank habe ich jahrelang aufgehoben, bis in meine Teenagerjahre hinein, schon als ich längst keine Puppen mehr hatte. Für mich war sie eine Erinnerung an gute Zeiten mit meinem Dad. Manchmal habe ich sie nur angestarrt und mich wieder daran erinnert, wie Dad und ich unsere Zeit genossen haben.
Ich lebte mit Mom und Dad in diesem Haus und mochte es sehr. Es hatte eine erste Etage, ein Obergeschoss und einen Keller. Wir hatten einen großen Hinterhof mit einem Apfelbaum, einem Pflaumenbaum, einem Gemüsegarten und einer Spielecke mit Sandkasten, einer Schaukel und einer Rutsche. Was hätte sich ein kleines Mädchen sonst noch wünschen können? Ich war viele Stunden draußen, spielte mit meinen Freunden, kletterte auf Bäume oder erntete Gemüse aus dem Garten. Sogar im Winter haben wir uns alle unsere Schneeanzüge und Stiefel angezogen und spielten draußen. Wir bauten Schneeberge, Iglus oder bewarfen uns mit Schneebällen. Ich erinnere mich, dass ich zwei Spielgefährten aus dem Nachbarhaus hatte. Zumeist spielten wir in unserem Hinterhof.
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